Office:Mac Secial Media Edition - Testbericht (1)

mann-aus-wurst

mann-aus-wurst

Aktives Mitglied
Thread Starter
Dabei seit
13.12.2004
Beiträge
2.195
Reaktionspunkte
256
Ich gestehe, meine Anforderungen an eine Office Suite sind enorm. Paradoxerweise erwarte ich nichts weiter als elegante Schlichtheit und unter uns: auch ein gewisses, schwer-greifbares Karma, jener Software, die ich auf meinem iBook einsetze. Ich bin kein religiöser Fanatiker, bin kein Utopist, im Gegenteil. Wie viele Office Suiten, Wortprozessoren, Editoren, Outliner, Textformate, intuitive Oberflächen, vermeintliche Innovationen sah man im Laufe seines Lebens schon kommen und gehen?

Ich, Autor und Journalist, beschäftige mich nicht nur beruflich mit Erscheinen neuer Software, es ist mein privates Ziel jene Software zu finden, die nicht nur den Schreibfluss unterstützt und ein komfortables Maß an Effizienz bietet, sondern auch innerhalb ihrer Oberfläche den Wert eines Refugium kommuniziert, den Ort offenbart, der es verdient, dass man Stunde um Stunde in Projekte und kreative Inspiration fließen lässt.
Die Suche wurde irgendwann zu einer gewissen Sucht und ich begann die Anfänge der Textprozessoren verstehen zu wollen, jenen Zeitpunkt zu definieren, in der aus schlanker und stabiler Software, deren Kernkompetenz des Texten war, die großen unbändigen Funktionsmonster wurden. Meine Reise führte mich von einem Commodore 64 zum Amiga, von der ersten Benutzeroberflächen auf direktem Wege zu einem System 6.0.8, installiert auf einem Macintosh Classic. Ich wollte die Wurzeln live Erleben und scheute mich nicht, Computer produktiv zu verwenden, die fast so alt waren, wie ich selbst mit meinen 24 Jahren. Man mag meine Intention für vermessen halten, mag mich einen Immergestrigen nennen und doch versichere ich, dass auch 2009 noch mit alter Software arbeiten lässt, sogar produktiv, was bedeutet, dass am Ende des Monats ein monetäres Resultat erwirtschaftet wurde.
Selbstverständlich benötigt man hier und da neue Hilfsmittel, aber den Großteil der Arbeit übernimmt ein altes Powerbook 180 (s/w mit installiertem System 7.1 und Microsoft Word 5.1a) mit 8 MB Arbeitsspeicher. Der moderne Hilfsgefährte (ein iBook 12", 1,2 GHz mit 1,25GB Ram und 10.4.11) unterstützt in den Themenbereichen Fotoverwaltung, Kommunikation und bei Recherchen und dient vorwiegend als multimedialer Hub, denn als aktive Arbeitsstation. Höchstens beim Einsatz von Redaktionssystemen, die von unterwegs genutzt werden, lässt sich ein produktives Aufgabengebiet nicht absprechen.

Der Workflow eines Journalisten (beginnen wir zunächst mit dem täglich Brot und wenden uns erst im zweiten Teil des Testberichtes an das Hobby „Autor“) sieht sicherlich von Redaktion zu Redaktion unterschiedlich aus, die Ausprägungen der eigenen Arbeitsweise sind besonders in diesem Berufsfeld leger und weit weniger an Formalitäten und bürokratische Abfolgen gebunden, als in anderen Arbeitsbereichen.
Mein Workflow basiert im Rahmen der Recherchephase zum größtes Teil auf analogen Medien. Interviews werden mit dem Diktiergerät geführt, wichtige Informationen auf einem Umschlagblock notiert, lediglich Fotos liegen inzwischen in digitaler Form vor, die anschließend katalogisiert werden. Nach der Recherche-Phase (nehmen wir zum Beispiel einen, in der ungekürzten Rohfassung etwa 20.000 Zeichen starken, Wissenschaftsartikel) archiviere ich die analogen Medien (Micro-Kassetten und anhängende Notizen zunächst in iTunes und später in der Hängeregistratur), die Bilder in iPhoto und Texte in CopyWrite. Wenn es dann um die Artikelerstellung geht, kommt das Powerbook zum Einsatz, das in seiner funktionellen Schlichtheit, respektive Schwachbrüstigkeit, eine auf das wesentliche reduzierte Arbeitsumgebung bietet. Meine persönliche Auffassung war schon immer, dass minimalistische Arbeitsumgebungen die Konzentration und den Einfallsreichtum fördern und so lasse ich all die gedanklichen Wendungen, all die Fantasie und Inspiration in meine Arbeit einfließen, ohne von der Multitaskingfähigkeit entweder a) abgelenkt zu werden oder b) in einen Zwiespalt der Selbstkontrolle zu verfallen.
Als ich hörte, dass MacUser Tester für das neue Office:Mac 2008 Special Media Edition erfahrene Tester suchte und ich mich zu dieser Zeit auf ein neues Projekt vorbereitete, da entschied ich mich kurzerhand für die Bewerbung und dem inneren Versprechen, dass ich bei einer Auswahl jedweden Workflow meines bisherigen Lebens aufgeben und mich gänzlich im Funtkionsumfang der Office-Suite fallen lassen würde. Mein persönliches Ziel war, einmal im Leben jener Anwenderschiene zu folgen, auf die das Officepaket ausgelegt war, ein vorbillicher Poweruser zu sein, sozusagen.

Bereits nach der Installation des Office Paketes durchbrach Microsoft all die, im Vorfeld aufgebauten und negativen angehauchten, Stereotypen eines abstürzenden Mammuts. Zwar forderte mich der Installer auf, einen Patch einzuspielen, eine halbe Stunde später präsentierte sich die gesamte Suite flüssig und stilsicher.
Ich startete Word, für meine persönlichen Anwendungsgebiete die Kernkompetenz der Suite. Positiv fiel mir vor allem die weitaus schlichtere Oberfläche auf, die mich begrüßte und mir allerlei Formatvorlagen anbot, die ich dankend ablehnt. Im direkten Vergleich zum Konkurrent Apple Pages missfällt mir der Stil aller Vorlagen, aber das mag ein subjektives Empfinden (Ich habe gerne Vorlagen, die unaufdringlich die Kreativität fördern, die ausgefallen und doch ernsthaft daherkommen. Eine Office Suite braucht meiner Meinung nach nicht mit unzähligen halbherzigen Vorlagen aufwarten, sie kann durchaus wenige, hochwertige Templates verwenden.) sein. Will man seinen Text mit wenigen Mausklicks ansprechend formatieren, ist dies ohne weiteres Kopfzerbrechen über Formatvorlagen möglich.
Besonders interessant fand ich den Notizblock, der etwas übergewichtig mit zahllosen Designs zur Oberflächenkosmetik daher kommt, aber auch im Unterbau viel zu bieten hat. Der Notizblock verwaltet Textschnippsel hierarchisch, lässt sich in Kategorien und Aufbau anpassen und nimmt sogar Audio-Files auf. Mit dem Notizblock schafft Microsoft Word einen, für mich persönlich als interessant zu bewertenden, Spagat aus analoger Haptik und digitalem Komfort. Bereits beim nächsten Interview wichen Mikrokassetten dem Funktionsumfang meines Notizblocks. Fragen die ich zuvor in Stichpunkten notierte, ließen sich so fast wie auf einem Moderationsbildschirm abarbeiten, das Ergebnis war ein fundiertes und gut nachvollziehbares Interview.

Die Informationen aus dem Interview konnten sogleich weiter verarbeitet werden, in dem lediglich ich die Oberflächen-Ansichten von Word wechselte. Im Editor-Modus ließ sich der Artikel mit einer weitestgehend unspektakulären, effizienten Oberfläche bearbeiten. Textzierden wie Ligaturen oder andere Schnörkel findet man hier vergebens, diese haben gestalterischen Charakter und finden sich erst in der Layout-Ansicht wieder. Diesen Punkt finde ich schade, denn ich arbeite viel mit Text, lese viel am Bildschirm und schätze Textzierden wie zum Beispiel Ligaturen. Weiterhin empfinde ich den Vollbild-Modus als missverständlich, hier wird kein Ulysses, Pages oder WriteRoom ähnlicher, eigenständiger Screen benutzt, es werden lediglich Betriebssystem-Elemente wie das Dock ausgeblendet, hier sollte die nächste Edition der Office-Suite dringend nachbessern.
Negativ fielen mir während meiner zweiwöchigen Testphase (der Umfang betrug etwa ca. 2 A4 Seiten für den Artikel, ca. 25 Seiten bebilderte Dokumentation mit Verlinkungen innerhalb der Office-Programme [z.B. Excel-Elemente]) auch vereinzelte Abstürze auf, die nicht reproduzierbar waren, sich aber aufgrund des automatischen Backups von Word auch nicht weiter negativ äußerten.
Mir fiel zudem auf, dass man schnell die Übersicht bei Nutzung der Protokoll- und Kommentarfunktion verliert. Auch diese Einschätzung mag subjektiver Natur sein, nur finde ich die Lösung in Apples Pages weitaus angenehmer und intuitiver.

Arbeitet man, so wie ich innerhalb der zwei Wochen, im Rahmen eines Projektes, bietet sich die komplette Dokumentverwaltung mit Hilfe des Projektcenters an. Hier lassen sich alle Dateien sammeln, die einem Projekt zugeordnet werden können. Mit Hilfe des Projektcenters habe ich zudem eine Art Versionskontrollsystem für meiner Dokument erstellt, indem ich die Dateinamen entsprechend benannte. Ich nutze normalerweise CopyWrite und das aus gutem Grund, hängt die Tätigkeit des Textens doch vorwiegend von Ent- und Verwürfen ab, die eine Ordnerorganisation auf Betriebssystemoberfläche schnell unübersichtlich aussehen lassen und mehr verwirren, als unterstützen. Auf der anderen Seite möchte ich mich aber auch nur ungern mit dem Monster SUBVERSION auseinandersetzen. Mir ist schleierhaft, warum sich die meisten Änderungen einer Office Suite selbst im neuen Jahrtausend lediglich aus Oberflächenkosmetik besteht.

Zum Tätigkeitsfeld meines Alltags gehört als Journalist natürlich auch die Auswertung von Umfragen. Hier musste ich meinen Vorsatz leider brechen und mich weiterhin auf SPSS konzentrieren, Microsoft Excel setzte ich hingegen ein, um meinen Stundenzettel zu führen.
Die Erwähnung eines Stundenzettel klingt im Grunde wie eine sehr banale Aufgabe für die Tabellenkalkulation aus dem Hause Microsoft, allerdings ist an den Anforderungen bereits so manche Spreadsheet-Software gescheitert. Meine Stunden trage ich in eine Tabelle ein, die durchgängig mit Zirkelverweisen formatiert ist und am Freitagabend automatisch dem Management zugeht. Neben der Summe aller Stunden und einer Beschreibung der Tagestätigkeit, dem Vermerkt auf Kontakte und Informanten, ist vor allem die Wertübernahme aus anderen Tabellenblättern und die korrekte Anzeige von Datum und Uhrzeit wichtig. All diese Aufgaben erfüllten sowohl Excel, als auch Numbers perfekt.

(Den Testbericht 2 zu Entourage und Expression Media 2 folgt in den nächsten Tagen.)
 
Zurück
Oben Unten