Mt. Everest - Tummelplatz der Egoisten

heldausberlin schrieb:
(..)Herausforderungen und Ziele sollten angemessen angegangen werden.(..)
eben nicht. wer nicht wagt, gewinnt nicht.
rob
 
gester schrieb:
eben nicht. wer nicht wagt, gewinnt nicht.
rob
Dem widerspreche ich nicht. ;)
Nur geht es um Leute, denen es lieber wäre, mit der Seilbahn hochzufahren würden und sich dann aufregen, dass kurz vor dem Gipfel das Wetter umschwingt.
 
mikne21 schrieb:
Hallo,

eine Behinderung scheint Behinderte nicht abzuschrecken so wie den Australier Mark Inglis vor einiger Zeit.

Quelle:
http://www.n24.de/boulevard/nus/?n2006052215572700002

Viele Grüße
ich will nicht brutal klingen, aber vor einiger zeit kursierten in meinem heimatland witze über ältere menschen, dass sie von der regierung erleichterungen bekommen sollen:
- ab nun dürfen sie die hochspannungsdrähte anfassen
- die strasse über rot durchzuqueren sowie
- in den nicht geschützten zonen baden

ich kann mir vorstellen, dass einigen, die da was zu sagen haben, die risiken, die die anderen auf sich nehmen, völlig wurscht sind.
rob
 
Ähem, ich glaube hier wird viel Wissen, Halbwissen und Garnichtwissen durcheinandergeschmissen. Vielleicht schaut ihr mal hier rein: http://www.expeditioneverest.at. Das war eine Everestexpedition mit Profibergsteigern, die letztes Jahr stattfand. Wie so ein Unternehmen abläuft, ist da ganz gut beschrieben (inkl. Tagebuch). Und es zeigt auch, wie nahe Glück und Tragik beeinanderliegen.

Ganz bemerkenswert finde ich, dass das Ganze auch noch einen Benefiz-Gedanken hatte, der über 20.000 Euro für die Aktion "Menschen für Menschen" einbrachte.

Das relativiert vielleicht die Ansichten derer, die hier allzu vorschnell über andere urteilen, ohne so richtig über die Sache Bescheid zu wissen.

Aus den Bergen
Jack
 
Benefiz-Gedanken finde ich immer sehr lobenswert. Halb- oder Garnichtwissen durch eine einzige Website aufstocken zu wollen, allerdings eher kümmerlich... Stell doch mal eine Literaturliste zusammen, um Deine Kollegen hier auf Deinen Wissensstand zu bringen. :)
 
Als Threadsteller will ich auch einmal wieder etwas schreiben; doch wollte ich mein kurzes Wochenende geniessen und war nicht so oft Online...

Zum Thema Risiken eingehen. Ich meinte, dass viele (zahlungskraeftige) sich ueberschaetzen und ein zu grosses Risiko eingehen. Jemand der weiss, dass er in groser Hoehe fast sicher erblindet, der geht nicht gefaehrdet am Everest nicht nur sich, sonder auch andere. Was macht man, wenn der ploetzlich an einer neuralgischen Stellen zusammenbricht und den Weg blockiert? Da hat er sich wirklich, wortwoertlich, blind in ein Abenteuer gewagt.

Dass jemand mit Protesen es versucht, finde ich noch OK. Die technik ist heute sicher soweit, dass mit Protesen vieles ungehindert gemacht werden kann. Da finde ich das Risiko kalkulierbar.

Professionelle Bergsteiger gehen auch ein kalkuliertes Risiko ein. Die, ich nenne diese jetzt einfach so, Turnschuhtouristen denken, auf einen Berg kann man einfach gehen. Viele Flachlandtouristen koennen sich nicht einmal richtig im Gelaende bewegen, loesen zum Beispiel unnoetig Steinschlaege aus.

Hier sind wir schon wieder beim Thema neben den Pisten fahren angelangt. Geht um das genau gleiche. Man kauft sich ein Baryvox und vielleicht noch einen Skihelm und geht neben den Pisten skifahren und denkt man ist sicher. Schoener frischer Pulver, auf einer rutschigen Unterlage, der Hang mehr als 30 Grad... Das ist Wahnsinn und Dummheit miteinander kombiniert. Da geht man nicht mehr neben die Pisten. Ich habe es auch schon erlebt, dass wir 2-3 Tage in einer Skihuette waren und keine Skitouren machten, nur wegen der Lawinengefahr. Das ist auch akzeptieren von Grenzen.

Ich spreche immer noch von den Laien, die auf den Everest wollen. Warum der Everest? Reicht nicht evtl. auch ein 7000der? Auch da kommt man an seine Grenzen. Einmal in einem Bergsteigerkurs war die Abschlusstour auf einen 3800m hohen Berg im Wallis. Der Gipfel nebenan war 4000m. Irgendwie habe ich mich gefragt, warum nicht der 4000er? Irgendwie wollte ich lieber den 4000er (toent schoen) als diesen 3800er. Genau wie diese, welche nur auf den Everest wollen.

Doch oben auf dem Berg angekommen, war mir dies egal. Ich hatte einen anstrengenden aber schoenen Aufstieg uebern eine Gletscherwand und spaeter Gratklettern. Die Aussischt war genauso schoen und gut auf 3800m. Auch war ich maechtig Stolz auf das Erreichte! Da Zaehlen keine Hoehenmeter mehr!

In der Sekundarschule hatten wir einen Lehrer der Bergsteiger war. Er hat uns eine Diashow gezeigt von einer Expedition in Patagonien, auf einen Berg wo sie als eine der ersten hoch gingen (weil er sehr schwierig ist, v.a. wegen dem Wetter). Am Berg sind sie einem franzoesischen Paar begegnet. Eine Person hat einen Schuh verloren. Er hat nur gemeint, man hat so gut wie es geht geholfen, aber da sei jeder selbst fuer sich verantwortlich. Sie haben fuer sich geplant und nicht noch fuer andere. Sie sind weiter gegangen und wissen nicht was mit denen weiter passiert sei.

Solche kleinen Fehler macht ein Bergsteigerprofi nicht. Der wird auch keine Handschuhe vergessen oder aehnliches. Der hat soviel Erfahrungen an kleineren Bergen gesammelt, dass er vor jedem Aufbrechen wie ein Testprogramm durchlaeuft und nochmals seine Ausruestung durchgeht. Er weiss, wie er ab besten am Berg Kleidung wechselt etc. In dieser Hoehe darf man keinen Fehler machen - und dass Laien diese Fehler machen, ist die Gefahr gross.
 
gester schrieb:
... vor einiger zeit kursierten in meinem heimatland witze über ältere menschen, dass sie von der regierung erleichterungen bekommen sollen:
- ab nun dürfen sie die hochspannungsdrähte anfassen
- die strasse über rot durchzuqueren sowie
- in den nicht geschützten zonen baden
seltsamer humor.
 
SMaus schrieb:
Benefiz-Gedanken finde ich immer sehr lobenswert. Halb- oder Garnichtwissen durch eine einzige Website aufstocken zu wollen, allerdings eher kümmerlich... Stell doch mal eine Literaturliste zusammen, um Deine Kollegen hier auf Deinen Wissensstand zu bringen. :)

Mit Literaturliste kann ich leider nicht dienen, da mein (Halb-)Wissen auch nur aus Erfahrungsberichten eines mir persönlich bekannten Mt. Everest-Bezwingers stammen. Das war allerdings, vom Können her, ein Profi. Sicher ist es so, dass heute auch zahlungskräftige Möchtegerns dieses Unterfangen eingehen und per Pauschalreise den Mt. Everest buchen. Aus welchen Gründen auch immer. Nur ist das sicher nur ein verschwindend geringer Teil. Den Everest als "Tummelplatz der Egoisten" (Threadtitel) zu bezeichnen wird den vielen ernsthaften Extrembergsteigern, die zum Teil jahrelang ernsthaft und verantwortungsbewusst immer wieder vergeblich versuchen, den Gipfel zu erreichen, nicht gerecht.

Ich finde es bewundernswert, wenn ein Mensch mit Handicap versucht, an seine Grenzen zu gehen. Ob er sich dabei richtig eingeschätzt hat oder seinen Grenzbereich fahrlässig überschritten hat – wer von uns wagt es, darüber zu urteilen, ohne den Menschen, seine Verfassung und die Umstände zu kennen?
 
Grundsätzlich habe ich größten Respekt vor Menschen welche außergewöhnliche und extrem lebensgefährliche Unternehmen durchziehen. Die Frage, die sich mir in den oben erwähnten konkreten Fällen stellt ist, ob diese Menschen diese Leistung für sich alleine beanspruchen dürfen, oder ob doch auch die vielen Begleiter die selben übermenschlichen Leistungen erbracht haben müssen damit derjenige auch sein Ziel erreicht hat. Dies zu beurteilen steht mir nicht zu, da ich nicht dabei war.

Auf den Everest kommt mittlerweile jeder halbwegs erfahrene Alpinist nach entsprechendem Höhentraining. Viel interssanter sind für mich Leistungen von Bergsteigern welche abseits der berühmten Gipfel und Kletterrouten immer wieder neue Herausforderungen finden denen sich noch kein Mensch vor Ihnen gestellt hat. Und vor allem beeindrucken mich Menschen, welche solche Erfolge für sich behalten und manchmal erst Jahre später davon erzählen.
 
Bärenfreund schrieb:
Flip Flops: Weicheier! Die Hornhaut am Fuss sollte für einen echten Mann doch reichen :D

An den Füssen? An Händen und Knieen! Kriechen sollt ihr und busse tun! :D

Mal im ernst: ich habe immer wieder eetwas Mühe mit
handicapierten Menschen die solche Sachen machen.
Zu oft wird das nachher ausgeschlachtet so im Stil: seht her,
ich bin ein Held. Wirklichen nutzen können wir Nichthandicapierten
nicht davon ziehen…

Wer hat von dem Schweizer gehört, der zum Nordpol laufen wollte
und es nicht geschafft hat? Den Trottel mussten sie mit extremem
finanziellen Aufwand per Schiff von einer Eisscholle holen.

Wenn einer solche Sachen macht, muss er auch für die Kosten
aufkommen. Oder "damit leben, dass er stirbt". Aber damit rechnen
dass die "Allgemeinheit" oder die "Gesellschaft" ihn dann schon holt, wenn
der A... auf Grundeis geht, finde ich daneben.

So als zusätzliche Info: der Betrieb eines Schiffes in den Zonen kostet pro Tag gegen 12'000 Euro…
 
flosse schrieb:
Auf den Everest kommt mittlerweile jeder halbwegs erfahrene Alpinist nach entsprechendem Höhentraining. Viel interssanter sind für mich Leistungen von Bergsteigern welche abseits der berühmten Gipfel und Kletterrouten immer wieder neue Herausforderungen finden denen sich noch kein Mensch vor Ihnen gestellt hat. Und vor allem beeindrucken mich Menschen, welche solche Erfolge für sich behalten und manchmal erst Jahre später davon erzählen.
Da hau ich doch mal in dieselbe Kerbe. Die meisten "Bergsteiger" werden sich darauf beschränken, einmal Matterhorn, einmal Eiger Normalweg, einmal Ortler und bestenfalls Marmolata mitzunehmen. Kann man sich ja mit brüsten...
Irgendetwas verrücktes an den Sellatürmen oder der Furchetta Nordwand zu probieren ist nur noch etwas für Insider, denn die kennt ja niemand. Und gerade diese Leute sind mir ungeheuer sympathisch, da sie definitiv den Unterschied zwischen Selbsterfahrung und Selbstdarstellung erkannt haben und entsprechend handeln.
 
"Ich habe unheimliche Schmerzen", sagt Mark Inglis und strahlt zugleich übers ganze Gesicht. Ein verwirrender Widerspruch zwischen Körper und Kopf, der sich auch während der folgenden zwei Stunden im Gespräch nicht auflöst. "Wenn ich die Augen schließe, sehe ich mich manchmal wieder auf dem Gipfel, um Punkt 7 Uhr morgens, und die Sonne strahlt über dem Dach der Welt."

Ein Krüppel zwischen Ruhm und Schande (Spiegel.de)
 
Viel interessanter sind für mich Leistungen von Bergsteigern welche abseits der berühmten Gipfel und Kletterrouten immer wieder neue Herausforderungen finden denen sich noch kein Mensch vor Ihnen gestellt hat.
Die Frage ist: Wem nützt es?
Wenn eine Herausforderung nur darin besteht, irgendetwas zu meistern, was noch niemand vorher gemeistert hat, egal, ob es gegen den Wind um die Welt segeln, über Meerengen surfen oder einen Turm hochklettern ist, bleibt es Onanie.
Schön für den, der's macht, aber uninteressant für den Rest der Welt.
 
Blomquist schrieb:
Der Hauptdarsteller dieser Doku war auch Berater einer sehenswerten Hollywood-Verspielfilmung. Ist zwar eine Mischung aus Actionthriller und Drama, aber spätestens im Bonusmaterial wird auch auf die gesundheitlichen Risiken eingegangen:
http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/B00005K4MU
Naja, das einzig sehenswerte daran war für mich die Darstellung der "Spaßgesellschaft" im Base Camp. Scheint da ja wirklich so ähnlich zuzugehen. Ansonsten war der Film für mich die einzige ernsthafte Konkurrenz zu "Rambo 3" in der Kategorie "unfreiwillige Komödie". Immerhin habe ich im Kino selten so gelacht, auch wenn wir (3 Personen) damit etwas aus der Reihe gefallen sind :D. Und nein, wir hatten nichts getrunken...

Ein wesentlich gelungeneres "Bertsteigerdrama" ist IMHO K2.
 
Sehr zu empfehlen als Buch, teilweise auch als Film: "Sturz ins Leere"
 
spoege schrieb:
Die Frage ist: Wem nützt es?
Wenn eine Herausforderung nur darin besteht, irgendetwas zu meistern, was noch niemand vorher gemeistert hat, egal, ob es gegen den Wind um die Welt segeln, über Meerengen surfen oder einen Turm hochklettern ist, bleibt es Onanie.
Schön für den, der's macht, aber uninteressant für den Rest der Welt.

Es gibt nun mal zwei Arten von Bergsteigern (oder Sportlern): Die einen machen es um es sich selbst zu beweisen, die anderen um es anderen zu beweisen.

Flosse :cool:
 
spoege schrieb:
Die Frage ist: Wem nützt es?
Wenn eine Herausforderung nur darin besteht, irgendetwas zu meistern, was noch niemand vorher gemeistert hat, egal, ob es gegen den Wind um die Welt segeln, über Meerengen surfen oder einen Turm hochklettern ist, bleibt es Onanie.
Schön für den, der's macht, aber uninteressant für den Rest der Welt.

Sie machen es idealerweise, um sich selbst zu beweisen. Und wenn es gelingt, interessiert es den Rest der Welt, weil es Vorbildcharakter hat, was man erreichen kann, wenn die eigenen Grenzen auslotet. Das ist der Stoff, aus dem auch sehr gerne Bücher, Dokumentationen und Filme gemacht werden.
 
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