Menschenrechte im Widerspruch zum Umweltschutz

titeuf

titeuf

Aktives Mitglied
Thread Starter
Dabei seit
20.12.2004
Beiträge
1.146
Reaktionspunkte
4
Hallo zusammen.
Ich sollte eine wissenschaftliche Abhandlung über die Menschenrechte im Widerspruch zum Umweltschutz von nur etwa drei A4 Seiten schreiben. Leider fällt mir da im Moment überhaupt gar nichts dazu ein. Ausser vielleicht, dass den Schwendbauern durch einen Abholzungsstopp die Kultur und die Traditionen entzogen werden...? Aber das ist ja nicht wirklich ein Menschenrecht im engeren Sinne...

Habt ihr irgendwelche Ideen, was da genau gemeint sein könnte?

thx
 
Wieviele Waljäger können ihre Familie nicht mehr ernähren, weil sie keine Wale mehr jagen dürfen?
Wieviele Fischer haben keine Arbeit mehr, weil die Fangquoten so niedrig sind?
Wieviel Robbenjäger müssen fast verhungern, weil sie keine kleinen Robbenbabies mehr totschlagen dürfen?

Im Ernst, es gibt zu jedem Argument mindestens 5 Gegenargumente. Eine Erörterung könnte man da schon schreiben, aber ob die soziokulturellen Folgen als Menschenrecht zu betrachten sind und ob Tierschutz als Umweltschutz zu sehen ist?

Man könnte höchstens noch konstruieren, dass jemand gehbehinderter, dessen Auto nicht in den Innenstadtbereich fahren darf, er aber dort wohnt, in seiner persönlich Entfaltung gehindert wird, allerdings im anderen Fall alle anderen in ihrem recht auf körperliche Unversehrtheit beeinträchtigt werden, weil Abgase nicht gesund sind.

Dreh es, wie du willst, es ist ein Schei55thema...
...und wissenschaftlich wird es dann sowieso schwer, da die Wissenschaft nur sagen könnte, dass sie (beispielsweise) die Toten, die durch eine Umweltverschmutzung entstehen gegen die Toten die durch ein Verbot der Umweltverschmutzung entstehen aufrechnen könnte.

Abstrakt betrachtet würde ein komplettes Verbot der chem. Industrie viel positives für die Umwelt bewirken, aber gleichzeitig eine sehr hohe Sterblichkeitsrate erzeugen, da keine Medikamente mehr zu bekommen wären. Ob das dann allerdings ein Menschenrecht berührt, wage ich zu bezweifeln.

Beispiel: In den USA hat jeder das Recht, auf der Strasse an jedweder Krankheit zu verrecken, ohne dass sie eine 5au drum schert. Das Recht der körperlichen Unversehrtheit wird trotzdem nicht angegriffen. Zumindest nach allgemeiner amerikanischer Lesart, in D mag das anders sein.

So, also, wo willst du hin?

Nahezu jede Umweltschutzmassnahme ist per Definition zum Wohle der Menschen/Allgemeinheit. Selbst wenn ein Recht des einzelnen dadurch beschnitten, nicht verweigert, wird, dann ist es für ein höheres Ziel, da das Recht des Einzelnen da aufhört, wo es das Recht von Anderen beeinträchtigt.
Es ist lediglich ein Frage der Festsetzung der Wertigkeiten.
 
Du hast vergessen, zu erwähnen, für welches Fachgebiet. ;)

Kennst du Pigou Steuern und das Coase Theorem?

Das sind zwei verschiedene Ansätze, Ressourcen zu verteilen, bzw. ihre Nutzung innerhalb einer Gesellschaft zu reglementieren. Pigou geht davon aus, dass es sinnvoll ist, das Recht auf freie Entfaltung (insbesondere bei der Nutzung allgemeinzugänglicher Ressourcen) durch Abgaben einzuschränken. Ein Praxisbeispiel ist die Ökosteuer.

Pigou vertrat die Ansicht, dass die Umwelt nicht derart ausgebeutet werden darf, dass die Nutzung dazu führt, dass ein Produzent niedrige Kosten hat und dadurch Gewinne über sogenannte externe Effekte abschöpft.

Kurz: Eine saubere Umwelt gehört der Allgemeinheit. Wenn jemand die Luft verpestet und so billiger produzieren kann, macht er Gewinne, die auf Kosten der Allgemeinheit stehen.

Hier ist es auch ganz interessant sich in den Emissionshandel und seine Geschichte einzulesen.

Coase vertritt eine andere Ansicht und kommt eher von der Seite der Freiheitsrechte..
Die Umwelt gehört allen und ihre Nutzung steht auch allen frei. Deshalb liegt es im Verantwortungsbereich aller, sich über marktliches Verhalten wie z.B. Verhandlungen darüber zu einigen, wer was in welchem Maß nutzen darf und an wen er wieviel dafür zu bezahlen hat. Hier steht das Schädigungsrecht der Schädigerhaftung gegenüber und es muss abgewogen werden, wessen Interessen Vorrang haben. Coase geht jedenfalls davon aus, dass niemand automatisch ein Vorrecht dem anderen gegenüber hat.

In unserem Grundgesetz ist das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit verbrieft. Warum muss ich also Abgaben leisten, wenn ich meine Bude gerne warm haben will? Warum wird das Grundrecht eingeschränkt, bloß weil spätere Generationen keine Lust auf den Treibhauseffekt haben? Streng genommen steht also mein Freiheitsrecht im Widerspruch zu den Umweltschutzbemühungen der heutigen Zeit.

Ist ein ganz interessantes Thema und bietet eine Menge Stoff als Ausgangsbasis. Wenn du dich da ein bisschen reinliest, findest du auch sehr schnell Ansätze in andere Fachgebiete, wie z.B. sozialwissenschaftliche oder gesellschaftswissenschaftliche Themen.

Zum Beispiel die Frage, wie weit die freie Entfaltung der Persönlichkeit gehen kann/darf und wie die historische Entwicklung ist. Da bin ich allerdings nicht so sattelfest und kann dir keine gesellschaftswissenschaftlichen Ansätze geben. Spontan fallen mir aber Adam Smith, John Locke oder sogar John Ruskin und Hegel ein. Die dürften allergings für eine zeitgemäße Betrachtung höchstens als Grundlage dienen. Da gibt es in den Gesellschaftswissenschaften sicher aktuellere Protagonisten, die dann auch zitierfähig sind.

Ich seh da also wenig Probleme.. Einfach loslegen. Mit dem Thema kannst du ganze Bücher füllen. :)

Edith hatte noch eine Idee: Überleg dir mal, wie der internationale CO2 Handel funktioniert und wer letztlich davon profitiert. Kann es sich ein Schwellenland leisten, Emissionsrechte zu kaufen und wie sieht es dort ggf. mit den Menschenrechten aus? Wenn man Menschenrechte als global gültig betrachtet, hat der Industrielle in einem Schwellenland nicht die gleichen Rechte wie ein Industrieller in einem Industrieland, der einen ganz anderen finanziellen Background hat. Das ist auch geschichtlich interessant. Die Nationen, die früh angefangen haben, ihr Zeug in die Luft zu blasen sind damit reich geworden und können es sich jetzt leisten, Emissionsrechte zu handeln. Die Länder, deren Bodenschätze ausgebeutet wurden, sind jetzt ggf. soweit, dass sie in die Produktion einsteigen könnten, können es sich aber nicht leisten. Ist da noch eine Gleichheit gegeben?
 
Zuletzt bearbeitet:
Zurück
Oben Unten