Dass interessegeleitet Faktoren oder Wirkungen mal übertrieben und mal unterschlagen werden, ist nicht neu.
Ist auch schwierig, sogar regelhafte Wirkungen wie bspw. einen Kohlenstoffkreislauf verständlich unter die Leute zu bringen – und/oder ein Verständnis dafür zu entwickeln, wo so ein Kreislauf in unser aller Lebensumfeld wirkt. Oder die Schwierigkeit, begreiflich zu machen, dass eine Ökobilanz etwa für ein Auto lange vor dessen Nutzung beginnt und erst lange nach dessen Nutzung endet. Und dass eine Kuh zwar auch Kohlenwasserstoffe emittiert, diese aber auch binden hilft.
Leider greift aber – siehe »interessegeleitet« oben – auch im Grunde Folgendes zu kurz:
Auf dem Hof von Landwirt Sven Lorenz sind die Kühe zuständig für die fruchtbaren Böden. Die Tiere halten das Gras kurz, sie regen die Pflanzen zum Wachsen an, mehr Humus gelangt in den Boden und damit mehr Kohlenstoff … Sein Grasland sei ein CO2-Speicher. "Wenn wir hier kein Kuhfutter produzieren würden, würden wir einfach Getreide produzieren oder Mais, alles Pflanzen, die Kohlenstoff aus dem Boden verbrauchen", sagt Lorenz. "Aber mit dem Grasland kann ich je nach Humusgehalt gut doppelt so viel Kohlenstoff speichern."
"Wir müssen das Grasland erhalten, und das geht nicht ohne Kühe", appelliert Klimaschützerin Anita Idel. Die Tierärztin beschäftigt sich seit Jahren mit Viehwirtschaft…"
Ref.: https://www.tagesschau.de/wirtschaft/kuh-co2-landwirtschaft-101.html
Niemand der im Artikel redenden belegt, dass es denn Rinder sein müssen, um den Effekt der Graslanderhaltung zu gewährleisten. Warum nicht Ziegen und Schafe? Warum nicht überhaupt die Entkoppelung von Kohlenstoffspeicherung und monetärer Gewinnerzielung?
Klar, ein Rinderzüchter sieht seine Welt aus seiner bovinen Perspektive – er lebt davon. Doch auch das führt zu einer limitierten Einsicht.
Unerfragt bleibt auch die Frage, wie groß denn etwa die Kohlenstoffspeicherung bei Nichtbewirtschaftung wäre. Immerhin würden sich dann über kurz oder lang wieder Wälder als Kohlenstoffspeicher ausbreiten.
Und wieder klar: irgendwo muss auch die pflanzlichen Nahrung herkommen, von der wir uns – neben dann vielleicht mehr Schaf- und Ziegenfleisch – ernähren wollen.
In einer von Entropie bestimmten Welt ist es vermutlich unmöglich, wirklich alle für und wider sprechenden Faktoren in die Beurteilung eines – herausgepickten – Faktors vollständig und lückenlos einzuberechnen. Wer denkt schon daran, den Anteil an Mikroplastik im Meer aus Melkmaschinen in die hier spezifisch thematisierte Methanbelastung aus Kühen unter Berücksichtigung von Kohlenstoffspeicherung in Grasland einzubeziehen? Obwohl man’s müsste.
Aus einer »nur« komplizierten Beziehung wird schnell eine komplexe, potenziell unüberblickbare.