Es ist absolut sinnstiftend, heil- und hilfreich an diesen einen Gott, an Vaterunser zu glauben.
Eine zweischneidige Sache. Es gibt ja durchaus Psychologen und Psychotherapeuten, die den Glauben an etwas endgültig Sinnstiftendes hilfreich finden, ganz egal, wie realistisch es ist. Sollte sich herausstellen, dass es Gott gar nicht gibt, so bekommt man davon nichts mit, weil man tot ist. Aber man hat es im Leben leichter, weil man sich nicht mit der - wirklich sehr belastenden - Sinnfrage auseinandersetzen muss.
Für mich ist das u.a. eine Frage des persönlichen Geschmacks. Ich finde, dass es geistig träge macht, wenn man nicht ständig nach neuen Möglichkeiten sucht, dem Leben einen Sinn zu geben - auch wenn man weiß, dass der niemals endgültig sein kann, aber das Hier und Jetzt ebenfalls erträglicher macht. Richtig schwierig finde ich die mit dem Glauben oftmals einhergehende Verantwortungslosigkeit, die mir immer und immer wieder in Gestalt von Kirchenvertretern, Religionspädagogen und Gläubigen begegnet ist: Sieht man das diesseitige
Leben lediglich als eine Art Durchgangsstation an, so misst man auch diesseitigen
Problemen keine große Bedeutung mehr bei, beispielsweise sozialen und ökologischen. Es ist eh alles Menschenwerk und unvollkommen, was also soll's denn. "Der Mensch denkt, Gott lenkt", meinte mal ein Religionslehrer zu mir (der sich dann auch als Klimawandelleugner zu erkennen gab und dem ebenso nicht einsichtig war, dass neoliberale Wirtschaftspolitik langfristig zu Problemen führen könnte).
Dennoch hat natürlich jeder das Recht, sein Leben so zu gestalten, wie er mag - eine Errungenschaft der Aufklärung übrigens. Religionen sind aus meiner Sicht nicht nur Privatsache im strengen Sinne, sondern sie dürfen sich natürlich auch organisieren, so wie jeder andere Verein auch. Mehr aber nicht! Wenn sie Einfluss haben auf die gesamte Gesellschaft, dann läuft was falsch.