Arbeitstätigkeit ≠ Erwerbstätigkeit – folglich: arbeitslos ≠ erwerbslos
Wer etwa hier in diesem Forum durch Beiträge zu Problemlösungen für Andere hilft, dass die Produktivität jener Anderen gesteigert wird, arbeitet. Es liegt aber keine Erwerbstätigkeit vor.
Auch die Tätigkeit der Hausfrau (ja – es ist halt immer noch mehrheitlich die Frau) wird nur halbherzig von der Gesellschaft gefördert.
Die gegenwärtige Gesellschaft honoriert derartige gemein(schafts)förderlichen Tätigkeiten nicht. Ein Grundeinkommen (und zwar eines, von dem man über den Monat kommt) würde das leisten. Ich denke an eines, das einschließlich einer Kranken- und Pflegeversicherung nach gegenwärtiger Kaufkraft in DE etwa 1000€ netto erbrächte, was zwischen der definitorischen Armutsgrenze (etwa 940€ (OECD)) und der Pfändungsfreigrenze (etwa 1030€) läge. Und nicht jene Bürgergeldideen auch der FDP, die in Wirklichkeit nur einen Institutionalisierung des Aufstockerunwesens darstellt.
Mit 1000€ kann man keine großen Sprünge machen. Es sichert aber sicher ein angemessenes selbstbestimmtes Leben in dieser Gesellschaft. Wer sich mehr leisten will, müsste davon eisern sparen – oder eben doch einer Erwerbstätigkeit nachgehen.
Und ja, ich bin gegen den Begriff der Bedingungslosigkeit. Denn die schwierigste Bedingung besteht ja schon effektiv, noch bevor ein Grundeinkommen eingerichtet würde: wer die Anspruchsbedingungen erfüllt. Wenn diese aber geklärt wären, könnte man das Grundeinkommen aber immer noch vernünftig einschränken: etwa wer bis zur Hälfte des Wertes des Grundeinkommens, also im Beispiel 500€ netto dazuverdient, kann das Grundeinkommen voll behalten, für jeden darüber hinaus verdienten Euro werden 67¢ vom Grundeinkommen abgezogen, bis der Erwerbstätige (eben nicht abrupt, sondern sachte) nur noch vom Erwerbseinkommen leben würden. Der Lebens-Mittelpunkt wäre eine weiteres brauchbares Maß für die Empfangsberechtigung. Oder in Verbindung mit einer 9-von-12-Monaten Residenzpflicht, weil das Geld ja am Orte wieder in den Geldkreislauf fließen soll.
Und wenn sein Einkommen unter dieser Schwelle sänke, bekäme er automatisch den berechtigten Teil des Grundeinkommens (alle Einkünfte-Erklärungen laufen ja eh über die Finanzverwaltung alias Finanzamt).
Auch wäre m.M.n. der Begriff der Bedarfsgemeinschaften nicht vom Tisch: wer – egal ob Ehe, Lebenspartnerschaft oder stud. Wohngemeinschaft – gemeinschaftliche Ressourcen nutzt, braucht (exemplarisch) keine zwei Küchen im Anteil des Grundeinkommens: Jeder bekommt zwar sein eigenes Grundeinkommen, aber gemeinsam eben nicht 1000+1000, sondern minus gewisser Pauschalen. Wer als Single in einer angemessenen 45qm-Wohnung leben kann (auch das aus den SGB I-XII) braucht pro Person mehr im Haushalt etwa 15qm und die anteilmäßigen Kosten einer 60qm- und nicht 90qm-Wohung würden in Anrechnung gebracht.
Die Argumente für die Kosteneinsparungen in der Arbeitslosigkeitsindustrie wurden im Thread ja schon genannt.
Und dass keiner mehr einer Erwerbstätigkeit nachgehen würde wollen, ist bei den nun wirklich nicht großen Sprüngen, die man bei 1000€ machen könnte, nicht zu erwarten.
Was zu erwarten wäre ist, dass wirklich wertlose Arbeitstätigkeiten aussterben würden: Ein Callcenter-Job, bei dem Ahnungslosen Zeitschriften aufgeschwatzt würden, müsste schon sehr gut bezahlt werden, um zu überleben. Das kann man dann getrost dem Mechanismus von Angebot und Nachfrage überlassen.