LG Berlin 18. Zivilkammer
Entscheidungsdatum: 01.06.2006
Aktenzeichen: 18 O 487/05
23 Zwar hat der Verkäufer grundsätzlich vorrangig das Recht, die Nachbesserung, insbesondere in Form der Reparatur auszuüben; insoweit geht der Gesetzgeber, worauf sich die Beklagte hier beruft, davon aus, dass ein Fehlschlagen der Nachbesserung erst nach einem zweiten erfolglosen Versuch indiziert ist (§ 440 S.2 BGB). Abzustellen ist dabei aber, entgegen der Ansicht der Beklagten, nicht auf jeden auftretenden Mangel für sich, sondern auf das Fahrzeug als Ganzes, denn dieses ist der Kaufgegenstand, die Sache nämlich, in Bezug auf die eine Beseitigung des Mangels verlangt bzw. angedient werden kann.
24 Insoweit folgt das Gericht der (z.B. bei Reinking/Eggert vertretenen) Gegenauffassung, nach der wegen jedes einzelnen Mangels ein zweimaliges Fehlschlagen der Nachbesserung darzulegen sei, nicht.
25 Es macht nämlich keinen Unterschied, ob das Fahrzeug wegen ein und desselben Mangels ein drittes Mal in die Werkstatt müsste oder wegen eines dritten auftretenden Mangels, da sich das Fahrzeug selbst in beiden Fällen als zweimal erfolglos repariert erweist. Der Käufer allgemein, wie der Kläger hier, kauft eben nicht Einzelteile wie Navigationssystem, Telefon, Getriebe usw., die jeweils zweimal nachgebessert werden dürften, sondern eine Sachgesamtheit, die nach den in § 433 Abs.1 S. 2 bestimmten Hauptleistungspflichten der Beklagten mängelfrei zu liefern war.
26 Der § 440 S. 2 BGB stellt seinem Wortlaut nach auf erfolglose „Nachbesserung“ ab, womit aber die Sache insgesamt gemeint ist. Das heißt aber, dass eine erfolgreiche Nachbesserung voraussetzt, dass die Sache als solche hernach wieder einwandfrei im Sinne der vereinbarten oder zu erwartenden Beschaffenheit funktioniert. Das tut sie aber auch dann nicht, wenn eine zuvor noch nicht aufgetretene Fehlfunktion auftritt.
27 Es wäre sinnwidrig, dem Käufer ein Rücktrittsrecht dann zuzubilligen wenn er wegen einer immer noch losen Türverkleidung ein drittes mal in der Werkstatt müsste, nicht aber dann, wenn etwa nach erfolgreicher Nachbesserung des Navigationssystems, sodann etwa des Getriebes und dann etwa wegen eines Außenspiegels ein dritter Reparaturaufenthalt nötig wird (All dies unbeschadet der Frage der erst im Rahmen von § 323 Abs.5 BGB zu würdigenden Erheblichkeit eines Mangels).
28 Für den Käufer ist das Ergebnis dasselbe, nämlich, dass er die Kaufsache ein drittes Mal wegen einer Fehlfunktion nicht nutzen kann und vorführen muss.
29 Dagegen spricht auch nicht der Wortlaut des § 437 Abs.1 BGB wonach der Käufer die „Beseitigung des Mangels“ verlangen, bzw. der Verkäufer diese andienen kann. Wenn, um bei den Beispielen zu bleiben, die Fehlfunktion des Navigationssystems behoben ist, weist dieses zwar keinen Mangel mehr auf, die nachfolgende Fehlfunktion des Getriebes lässt das Fahrzeug als solches aber als immer noch mängelbehaftet erscheinen, weshalb der Fahrzeugmangel eben nicht behoben war. Die Beseitigung des Mangels an dem Fahrzeug war mithin bereits einmal fehlgeschlagen.
30 Es kann nach dem Wortlaut des Gesetzes im Rahmen von §§ 434, 437 BGB auch nicht darauf ankommen, ob ein nur geringfügiger Mangel vorliegt, wenn eine Fehlfunktion nur überhaupt als Mangel anzusehen ist. Bei dem Kauf eines Neufahrzeugs ist aber nach allgemeiner Verkehrsauffassung davon auszugehen, dass eine Beschaffenheit dahingehend als vereinbart anzusehen ist, dass alle Elemente der Sachgesamtheit einwandfrei funktionieren und sich Schadensbilder in der Folgezeit nicht zeigen, was sich im übrigen auch aus § 434 Abs.1 S. 2 Nr. 2 BGB herleiten ließe, da der Käufer dies nach der Art der Sache als neu hergestellte Sache erwarten kann.