Hedge Fonds - Inbegriff des Bösen

PornoTim

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Kann mir jemand erklären warum Hedge Fonds so gefährlich sind für die Finanzmärkte. Ich habe schon soviel gelesen doch ich werde einfach nicht schlau daraus.
 
Was heisst es, dass Aktien leerverkauft werden?
 
Was bedeutet es wenn man von Heuschrecken spricht, die den Markt und Unternehmen kaputt machen?
 
Also soweit ich weiß, kaufen die Hedgefonds mit einer kleinen Summe Eigenkapital und einem großen Anteil Fremdkapital Unternehmen auf. Dann sanieren sie diese (dasheißt leider oft, es werden Leute entlassen) und bezahlen mit den laufenden Einnahmen die Fremdkapitalzinsen.
 
Dadurch das die Hedgefonds oft sehr aggressiv vorgehen, wenn sie Unternehmen sanieren, zerstören sie oft alte Marktstrukturen und Gepflogenheiten.
Dadurch verschärfen sie den Wettbewerb in der betroffenen Branche und ein enormer Kostendruck entsteht. Es gehen Firmen pleite und es werden Leute entlassen.
Meiner Meinung nach verschärfen sie den Wettbewerb, was nicht grundsätzlich schlecht ist, eigentlich ist es sogar gut. Wenn aber durch den verschärften Wettbewerb viele Konkurrenten vom Markt verschwinden und ein Oligopol entsteht ist es volkswirtschaftlich wieder sehr schlecht.
 
Nein, so funktionieren Hedge Fonds nicht, sie sind vielmehr eine Sonderform von Investment Fonds. Sie sind wesentlich spekulativer, radikaler und freier und werden i.d.R. nicht Überwacht von den Kontrollinstanzen. Meistens werden sie in den einschlägigen Steueroasen aufgelegt.
 
Es gibt viele Arten von Hedge Fonds, allen gemein ist, dass sie auf wesentlich höheres Risiko gehen als normale Anlageformen – aber auch wesentlich mehr Profit erwirtschaften können.
So sind durch die US-Immobilienkrise einige Fonds, die ihre Risiko-Immobilienpapiere nun abschreiben müssen, ins Trudeln geraten.

Weil Hedge Fonds aber auch in Unternehmen investieren, die bei ihren normalen Hausbanken kein oder nur teures Geld bekämen, sind sie auch wichtige Geldgeber für Innovationen.

Von Hedge Fonds gehen im wesentlich zwei Gefahren aus:
Die von ihnen gelenkten Geldströme sind so groß, dass sie ganze Volkswirtschaften zum Zusammenbrechen bringen und international für Wirtschaftskrisen sorgen könnten.
Weil sie oft (nicht immer!) kurzfristige Profite im Auge haben, zerstören sie auch gesunde Firmen. Wenn ein Hedge Fond die Aktien eines Unternehmens aufkauft, dann mit geliehenem Geld. Die Zinsen dafür bezahlen aber nicht die Fonds, sondern müssen die gekauften Firmen selbst erwirtschaften. Das kann dann Entlassungen und schließlich den Ruin bedeuten.
Oft genug werden die Firmen dann zerlegt und ausgeweidet.

Letzteres sorgt für die anhaltende Kritik ("Heuschrecken").
Manche Volkswirtschaftler meinen allerdings, dass Hedge Fonds aber auch für eine Bereinigung der Wirtschaft sorgen, weil die zerlegten Betriebe früher oder später ohnehin in Schwierigkeiten gekommen wären.

Und was die ganze Sache noch schwieriger macht, ist der Widerstand der Wirtschaft selbst gegen eine Verschärfung des Aktienrechts und die Kontrollen, um Hedge Fonds fernzuhalten.
Sie fürchten nämlich zweierlei: Dass es dann schwieriger wird, an Geld zu kommen (dafür legt man ja Aktien auf), und dass das internationale Kapital dann die deutschen Börsen meidet.

Und dann haben wir noch eine weitere Entwicklung, die alles verzwickter macht: Große Staaten legen mittlerweile selbst Staatsfonds auf, mit denen sie im Ausland Aktien einkaufen gehen. Die sind mit riesigen Summen ausgestattet, z.B. aus den Öl- und Gaseinnahmen Rußlands. Auch China mischt dabei mit.

Das alles führt dazu, dass die Managements großer Firmen unablässig damit beschäftigt sind, sich vor unliebsamen Übernahmen zu schützen – auch, indem sie sich mit anderen großen Firmen zusammenschließen, in der Hoffnung, so ein unverdaulicher Happen zu werden.

Ich weiss nicht, wer es gesagt hat, aber der Kapitalismus war schon immer ein Ritt auf einem Tiger.

Edit: Ich lese grade in der SZ von heute einen Kommentar zum Thema, weil sowohl Glos (Wirtschaftsminister, CSU) als auch die SPD stärkere Kontrollen fordern.
Zitat:
"Nimmt man die Äußerungen zum angeblichen Schutz der deutschen Wirtschaft zusammen, könnte man den Eindruck gewinnen, wir stünden kurz vor der Übernahme durch wechselweise Russland, China, ausländische Großkonzerne oder gar "Heuschrecken". (…)
SPD-Fraktionschef Peter Struck will jetzt allen Ernstes eine Beteiligungsobergrenze für Hedge- Fonds einführen - als ob es sich dabei um Finanzfirmen des Teufels handele. Solche Vorschläge haben gemein, dass sie Horrorszenarien zu Grunde legen, für die es keine vernünftigen Anhaltspunkte gibt. Noch ist kein funktionierendes Großunternehmen in Gefahr geraten und die Bilanz der Finanzinvestoren in der Summe sogar positiv: Einigen Exzessen steht viel gutes Geschäft gegenüber.
Nein, das Problem deutscher Unternehmen sind in aller Regel nicht böse Angreifer, sondern hausgemachtes Missmanagement. Wohl aber droht die Diskussion die Attraktivität des Investitionsstandorts zu beschädigen.
"
Fazit des Kommentators: der Industriestandort Deutschland könn es sich nicht leisten, die "Schotten dicht zu machen".
 
Zuletzt bearbeitet:
Also soweit ich weiß, kaufen die Hedgefonds mit einer kleinen Summe Eigenkapital und einem großen Anteil Fremdkapital Unternehmen auf. Dann sanieren sie diese (dasheißt leider oft, es werden Leute entlassen) und bezahlen mit den laufenden Einnahmen die Fremdkapitalzinsen.

Das sind keine Hedgefonds, sondern Private Equity Fonds...

grundsätzlich gilt: Hedgefonds dürfen, da sie meist auf den Cayman Islands, Bermuda o. ä. registriert sind, deutlich mehr Instrumente einsetzen als "normale" Investmentfonds, die in Deutschland oder Luxemburg registriert sind. Ziel soll es sein, eine von der Marktlage und Schwankungen unabhängige, stetige absolute Rendite zu erzielen. Dies kann durch den Einsatz von Derivaten, Leerverkäufe oder Kombination verschiedener Strategien erfolgen.

http://www.pioneeralternativeinvest..._allweather_strategies_ii_master_fund_eur.pdf
so kann ein guter Hedgefonds aussehen, wobei dieser ein Dach-Hedgefonds ist, d.h. ein Fonds, der Anteile an anderen Hedgefonds kauft

das was man in den Medien hört (Heuschreckendiskussion usw...) sind einige wenige Hedgefonds, die das Ziel der Renditemaximierung ohne Rücksicht auf Verluste verfolgen. Gerade in Deutschland haben die aber ein relativ leichtes Spiel, da es hier leider keine so ausgeprägte Aktienkultur wie in den USA, UK oder anderen Ländern gibt und man somit schon mit relativ wenig Stimmrechten auf der Hauptversammlung viel Druck machen kann, weil nur ein kleiner Teil des stimmberechtigten Kapitals anwesend ist...

Ein schönes Beispiel was durch Hedgefonds passieren kann, wenn sie sich verspekulieren, ist das Beispiel LTCM aus den 90ern. Einfach mal bei der englischen Wikipedia suchen oder sich das Buch "When Genius failed" kaufen...

Von diesen ganzen Regulierungsvorschläge unserer toll informierten Politiker halte ich garnichts, sowas widerspricht jeglichen Liberalisierungsbemühungen seitens der EU (die Franzosen genauso, da gehts allerdings nicht um Hedgefonds sondern um Verstaatlichung). Stattdessen sollte man einfach mal versuchen, den Bürgern ein gewisses Grundwissen über Kapitalanlage zu vermitteln. Ich finde es wirklich erschreckend, wenn man irgendwo Zahlen liest, wie viele Mrd. € auf deutschen Sparbüchern herumliegen und durch die Inflation sogar an Wert verlieren. Würden mehr Leute bzw. auch deutlich mehr institutionelle Investoren Aktien besitzen, würde sich diese Regulierungsdiskussion überhaupt nicht stellen
 
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