Gesetz zur Störung der Totenruhe?

Dingo

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Guten Morgen…

Komisches Thema, ich weiß. Aber ich schreibe gerade an einer Arbeit für die Uni bezüglich der musealen Repräsentation von sterblichen Überresten (Mumien, Schrumpfköpfe etc). Im Moment beschäftigt mich die rechtliche Situation: Nach dem deutschen Grundgesetz ist die Würde des Menschen unantastbar. Ein Leichnam ist aber, juristisch gesehen, ein Gegenstand. Durch Artikel 1, Abs. 1 ist ein Leichnam also nicht geschützt.
Und nun die Frage: durch welches Gesetz sind die Rechte einer Leiche geschützt? Oder ist es einfach ein Gebot der Pietät, mit einer Leiche angemessen zu verfahren?
 
Hi Dingo,
komischerweise häufen sich ja in letzter Zeit die Threads die sich mit dem Thema Tod beschäftigen...
Komisches Thema, ich weiß
Ich find´s nicht komisch...eher interessant !
Nach dem deutschen Grundgesetz ist die Würde des Menschen unantastbar. Ein Leichnam ist aber, juristisch gesehen, ein Gegenstand.
so ist halt die deutsche Rechtsprechung, als man unseren Hund überfahren hat war das afair auch nur Sachbeschädigung :eek:
...soo ist das hier nun mal ( wenn sich inzwischen nichts geändert hat :confused: )

Und nun die Frage: durch welches Gesetz sind die Rechte einer Leiche geschützt?

hmmm, habe Schwierigkeiten zu folgen...erst schreibst Du von Schrumpfköpfen und Mumien ( die gibt es hier offiziell eigentlich nicht ;) ) - von welchen Gesetzen sprichst Du ?

Oder ist es einfach ein Gebot der Pietät, mit einer Leiche angemessen zu verfahren
dann definiere doch Bitte mal Pietät und angemessen...
andere Länder andere Sitten, das fängt doch schon bei der Bestattung an
Seebestattung, verbrennen, begraben...noch interessanter Himmelsbestattung
...was betrachtest DU als angemessen und was im Bezug auf Deine Arbeit und die verschiedenen Kulturen ?
 
Zuletzt bearbeitet:
Naja, Schrumpfköpfe und Ahnenschädel gibt es hier schon – und was mit denen passieren soll ist auch Gegenstand meiner Arbeit.

Ich habe mittlerweile auch das passende Gesetz gefunden:
$ 168 StGB: Störung der Totenruhe schrieb:
(1) Wer unbefugt aus dem Gewahrsam des Berechtigten den Körper oder Teile des Körpers eines verstorbenen Menschen, eine tote Leibesfrucht, Teile einer solchen oder die Asche eines verstorbenen Menschen wegnimmt oder wer daran beschimpfenden Unfug verübt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Dem gegenüber steht § 5 Abs. 3 unseres Grundgesetzes: "Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei"

Demzufolge ist die Ausstellung von sterblichen Überresten in Museen eine Gratwanderung zwischen zwei Rechtsangelegenheiten.

Wo ich aber schon mal dabei bin würde mich Eure Meinung zu diesem Thema interessieren: Mumien und Schädel von fremden Kulturen in Museen präsentieren, ja oder nein?


...was betrachtest DU als angemessen und was im Bezug auf Deine Arbeit und die verschiedenen Kulturen ?
Gute Frage – ich habe auch eine Antwort darauf, denn es gibt einen Ansatz von einem bestimmten Völkerkundemuseum, den ich absolut unterstütze. Aber mit der Erklärung möchte ich gerne noch etwas warten - will lieber erst mal ein paar Meinungen lesen… ;)
 
Naja, Schrumpfköpfe und Ahnenschädel gibt es hier schon – und was mit denen passieren soll ist auch Gegenstand meiner Arbeit.
nun gut das Thema ist für mich Neuland...
würde mich aber mal interessieren woher und aus welcher Zeit ( denke mal das dafür dann doch wohl schon lange an irgendeiner Stelle eine Entscheidung getroffen wurde :confused: )
...was anderes wäre es wenn man hier noch welche "produzieren" würde :p

Demzufolge ist die Ausstellung von sterblichen Überresten in Museen eine Gratwanderung zwischen zwei Rechtsangelegenheiten.
Bitte mehr Infos dazu oder entsprechende Quellen - mir fällt in dem Zusammehang nur die Körperweltenausstellung ein, die ja nach wie vor kontrovers diskutiert wird .
...ist das pietätlos, dient dies der Wissenschaft , ist das Kommerz ?
Deine Meinung dazu ?
 
nun gut das Thema ist für mich Neuland...
würde mich aber mal interessieren woher und aus welcher Zeit ( denke mal das dafür dann doch wohl schon lange an irgendeiner Stelle eine Entscheidung getroffen wurde :confused: )
...was anderes wäre es wenn man hier noch welche "produzieren" würde :p
Die betreffenden Objekte sind zu großen Teilen während der Kolonialzeit unter ungewissen Umständen in den Besitz von Sammlern und Museen gekommen. Beispiele dafür gibt es viele: Beispielsweise wurden mumifizierte und tätowierte Maori-Köpfe, die traditionell zum Andenken an im Kampf gefallene Krieger aufbewahrt wurden, gegen für die Maori neuartige Gebrauchsgegenstände eingetauscht – besonders gern gegen Schußwaffen. Das hatte auch noch ziemlich fatale Folgen, wie man sich vorstellen kann. Quelle gefällig? Achter Absatz…

Die Diskussion über das Schicksal solcher Köpfe ist ziemlich brisant – Es gibt keine richtige Rechtslage, welcher Anspruch der "Richtige ist" – Museen/Länder haben einen juristischen Anspruch, der bei gestohlenen Objekten natürlich fraglich ist, und die betreffenden Volksgruppen, die aktuell solche Objekte zurückfordern, haben einen kulturellen Anspruch. Es gibt schon gewisse Richtlinien, die von diversen Gremien erstellt werden und die auch befolgt werden sollten, aber durch die wackelige Situation ist es eben nicht so einfach.

Bitte mehr Infos dazu oder entsprechende Quellen - mir fällt in dem Zusammehang nur die Körperweltenausstellung ein, die ja nach wie vor kontrovers diskutiert wird .
...ist das pietätlos, dient dies der Wissenschaft , ist das Kommerz ?
Deine Meinung dazu ?
Als Quellen dazu könnte ich jetzt nur die betreffenden Gesetze rauskramen… das mit der Gratwanderung ist eine erste Schlußfolgerung, die ich daraus gezogen habe, aber noch lange nicht der Weisheit letzter Schluß – ich suche ja noch ;)

Von Körperwelten halte ich persönlich überhaupt nichts – Ich kann einen gewissen Nutzen von Plastinaten in Anatomie-Sammlungen von Universitäten
gerade noch sehen – zumal die ja auch mit dem Einverständnis des Verstorbenen angefertigt werden. Ich spreche wohlgemerkt von allgemeinen Plastinaten, nicht nur von den Körperwelten.
Körperwelten selbst ist meines Erachtens nach eine Geldmaschine die mit dem Gruselbedürfnis der Besucher spielt. Aber mit Pietät – dem würdevollen Umgang mit sterblichen Überresten – hat das nichts zu tun, eher mit einem Pop-Konzert. Wer schon mal in Schlange vor dem Kartenhäuschen zu Körperwelten gestanden hat weiß, was ich meine.

So, und jetzt versuch ich mal, mir noch eine Mütze Schlaf zu holen…Gute Nacht! :)
 
... schreibe gerade an einer Arbeit für die Uni bezüglich der musealen Repräsentation von sterblichen Überresten ..

Kunst? Soziologie? Psychologie? Philosophie? Jura? .. wer beschäftigt sich mit sowas?

Gab doch neulich (=in den letzten 2-3 Jahren) den Fall der ausgestopften Hottentotten-Frau in einem französischen Privat-Museum, die dann schlussendlich ihren Angehörigen zurückgegeben wurde ..

Wenn es Dir nur um Meinung geht: wissenschaftlich find ich's ok, nur kann ein Museum es gar nicht leisten, das kulturelle Umfeld so in Gänze darzustellen, dass es für die breite Öffentlichkeit zu mehr als einem 'uiiiii, gugg ma!' reicht = Leichen(teile) 'in echt' zur Schau stellen halt ich für Quatsch. Hab mit zB die 'Körperwelten' nicht angetan ..
 
und Vorsicht: die Menschenwürde wirkt über den Zeitpunkt des Todes hinaus.
Zivilrechtlich ist es zwar eine Sache, strafrechtlich und grundgesetzlich ist das aber anders…
 
Volkskunde und Ethnologie sind aber zwei unterschiedliche Studiengänge..:Oldno:
 
Wenn ich mir diese Flitzpiepe Gunter von Hagens anschaue, ist mit Leichen scheinbar alles erlaubt.
 

Ich selber.:)
Ok, um genauer zu sein, im Rahmen meines Studiums hatte ich ursprünglich Ethnologie als Nebenfach belegt.
Nach einem Semester habe ich damit aufgehört, da es so überlaufen war, dass man teilweise keinen Platz mehr auf dem Fußboden bekommen hat.
Später habe ich in den Nebenfachstudiengang Volkskunde gewechselt.
 
Wir hatten zuhause zwei Schrumpfköpfe, die mein Vater mitbrachte und die vermutlich aus seiner Familie und aus einer Zeit kamen, in der der Erwerb wohl so halb rechtens war. Ich denke aber meine Eltern fühlten sich irgendwann nicht mehr so wohl damit, denn ich trug sie irgendwann in den 80gern ins Völkerkundemuseum in Stuttgart. Die haben sie angekauft und das war auch offiziell in Ordnung so (zu dieser Zeit). Ich meine aber sie wurden nicht ausgestellt. Da die Herkunft unmöglich hätte geklärt werden können, wo hätte man sie sonst hingeben sollen?
 
also ich als Jäger, würde mir nicht mal Geweihe oder ausgestopfte Tiere oder Tierteile in die Wohnung hängen oder stellen.
 
Hier: www.exotic-trade.de gibt es tatsächlich noch welche, wobei die Firma in Ö sitzt und da ev. andere Gesetze gelten. Ich finde das schon komisch. Aber richtig, ich finde auch ausgestopfte Eichhörnchen oder so komisch.
 
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