Frage an die alten Setzer und Typochecker unter Euch

don.raphael

don.raphael

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hallo,

zu bleisatzzeiten war es doch so, dass jeder schriftgrad extra geschnitten war, was zwar viel arbeit war, aber so jedem schriftgrad beste ausmittelung und besten duktus verschaffte, qualität eben.

nun meine frage:

zum foto-/lichtsatz war es doch erstmals problemlos möglich, fonts zu skalieren - wars da vorbei mit extra zurichtung und duktusanpassung? gabs da scheussliche ergebnissse und wurde das nicht irgendwann auch mal wieder angepasst?
und wie ist das heute, im dtp? in manchen tt-koffern sind ja schnitte verschiedener grössen für die bildschirmdarstellung (oder?), aber das was postscript ausspuckt, ist das je nach schriftgröße einfach eine skalierung EINES schnittes, mit der selben ausmittelung, dem selben duktus und den selben buchstabenformen? oder verändern sich diese parameter automatisch mit skalierung, ähnlich wie die manuell einstellbare unterschneidungstabelle in Quark?
das würde ja bedeuten, dass der gemeine setzer heutzutage völlig über qualitätsmassstäbe in der typografie hinweggeht, die zu bleisatzzeiten gang und gäbe waren...

schwierige fragen, aber vielleicht weiss jemand (bestimmt doch der jürgen!) bescheid - danke!
 
don.raphael schrieb:
(...)
nun meine frage:
(...)
und wie ist das heute, im dtp? in manchen tt-koffern sind ja schnitte verschiedener grössen für die bildschirmdarstellung (oder?), aber das was postscript ausspuckt, ist das je nach schriftgröße einfach eine skalierung EINES schnittes, mit der selben ausmittelung, dem selben duktus und den selben buchstabenformen? (...)

Ja, bei den meisten Schriften ist das so. ABER:
Es gibt spezielle Schriften, die je nach Größe an-
gepasst werden können. -->Multiple Master
Die werden aber kaum noch verwendet.

Google einfach mal nach diesem Begriff. Z.B.
http://www.copyshop-tips.de/lexikon.php?user=&Suchwort=Multiple Master Fonts

Grüße! MacEnroe
 
Zuletzt bearbeitet:
ja, die mm´s waren auch meine erste idee dazu, aber anscheinend hat sich das nicht durchgesetzt und wir - wie man so lesen kann - von adobe nicht mehr unterstützt. ausserdem gibts so gut wie keine mm-fonts - die myriad und die thesis sollen ja welche sein.

aber warum hat sich´s nicht durchgesetzt? ist doch eigentlich alles besser dadurch, ok ist wahrscheinlich teuer, speicher frissts auch.
ich kapiers nicht, irgendeinen haken muss da ja sein.
 
vielleicht sterben die alten schriftsetzer und typofetischisten aus, und nur noch sehr wenige kümmern sich um typografische details. (bsp. nachspationieren–für viele ein fremdwort, im jahr 2001 waren viele kalender unansehnlich, statt 2001 stand überall 200 1)

kann man nur versuchen, bei der eigenen arbeit immer die »typofahne hochzuhalten«.

gruss mario
 
Naja, im Prinzip ist der Beruf des Schriftsetzers ja tot. Es gibt nur noch wenige Typo-Fetischsten (tolles Wort), aber viel wird heute eben einfach schnell-schnell gemacht.

Alex
 
Man muss schon sagen, dass die meisten heutigen professionellen Postscript-Fonts (auch OpenType) so ordentlich zugerichtet sind, mit individuellen Kerning-Pärchen usw, dass es die Zurichtung von Hand, die der Bleisetzer früher aufgrund der technischen Beschränkung der Bleiklötze noch vornehmen mußte, nicht mehr nötig ist. Jedenfalls nicht mehr bei Leseschrift zwischen 7 - 11 Punkt. Alles darüber hinaus, Headlines etwa oder einzelnen Zeilen kann man ja in guten Layoutprogrammen individuell unterschneiden.
Insgesamt hat man als Typomane mit den digitalen Mitteln heute wesentlich mehr Möglichkeiten, einen "schönen Satz" herzustellen als früher.
Das Auge dafür muss man aber immer noch selber haben. ;-)
 
jebede schrieb:
individuell unterschneiden.
Insgesamt hat man als Typomane mit den digitalen Mitteln heute wesentlich mehr Möglichkeiten, einen "schönen Satz" herzustellen als früher.
Das Auge dafür muss man aber immer noch selber haben. ;-)

*unterschreib* :)
 
der Klang des "Aha" vom Kunden zu hören ist immer wieder schön, wenn er eine Spationierung sieht, die vom Rechner kommt und eine, die von Hand bearbeitet wurde.:D
 
jebede schrieb:
Man muss schon sagen, dass die meisten heutigen professionellen Postscript-Fonts (auch OpenType) so ordentlich zugerichtet sind, mit individuellen Kerning-Pärchen usw, dass es die Zurichtung von Hand, die der Bleisetzer früher aufgrund der technischen Beschränkung der Bleiklötze noch vornehmen mußte, nicht mehr nötig ist. Jedenfalls nicht mehr bei Leseschrift zwischen 7 - 11 Punkt. Alles darüber hinaus, Headlines etwa oder einzelnen Zeilen kann man ja in guten Layoutprogrammen individuell unterschneiden.
Insgesamt hat man als Typomane mit den digitalen Mitteln heute wesentlich mehr Möglichkeiten, einen "schönen Satz" herzustellen als früher.
Das Auge dafür muss man aber immer noch selber haben. ;-)

du hast recht, und es ist auch viel einfacher und billiger gerworden.
leider ist der prozentuale anteil der typografischen feingeister unter den satz-schaffenden dramatisch gesunken - dass man schriftsetzer nicht mehr lernt und höchstens in studiengängen auf höherem niveau ordentliche zurichtung lernt merkt man ganz einfach an der quali vieler produkte - die quereinsteiger gehen meist recht hemdsärmlig mit schrift um und haben KEINERLEI auge dafür. und alles muss schnellschnell gehen, ach, was soll diese diskussion, lasst uns einfach das beste tun und die qualitätsfahne wacker hochhalten!
 
don.raphael schrieb:
du hast recht, und es ist auch viel einfacher und billiger gerworden. … qualitätsfahne wacker hochhalten!

Ob das billiger geworden ist, ist noch die Frage.
Traurig ist, dass mit der Digitalisierung komplette Berufszweige wegsterben. Schriftsetzer sind total weggestorben, innerhalb einer Generation quasi (ich habe als Student noch selbst "Satz bestellt" bei einer Setzerei, die Fahnen kamen dan per Overnightkurier). Als nächstes werden die Lithographen dranglauben müssen – wenn's überhaupt noch welche gibt. Dann landet die Bildbearbeitung auch noch auf Designer's Schribtisch bzw. in seinem Computer. Irgendwie traurig, oder?

Ja, lasst uns die Qualitätsfahne ganz, ganz hochhalten!!:upten:
(Ob mal jemand einen "fahnehochhaltsmiley" kreieren kann?)
 
Schriftsetzen ist von der Arbeitskraft (Der Typograf hat die Agenden des Setzers übernommen und setzt mehr Text in weniger Zeit) und vom Hardware-Einsatz eindeutig extrem billiger geworden und kostet heute tatsächlich nur noch einen Bruchteil.

Multiple Master hat sich nicht durchgesetzt, weils niemand gekauft hat. Und niemand hats gekauft, weil niemand damit umgehen konnte. Und niemand konnte damit umgehen, weil selbst für Profis das Handling einfach zu mühsam war. Multiple Master spielt aber in der Schriftgestaltung nach wie vor eine große Rolle.

Und es gibt ja durchaus Schriftfamilien mit eigenen Display- und Caption-Schnitten für große bzw. kleine Grade. Die Warnock von Robert Slimbach, die bei der CS dabei ist, wäre ein schönes Beispiel dafür.

Das hat aber mit Schriftgrad-Schnitten in TT-Koffern nix zu tun. Das sind nur rausgerenderte Bitmaps für die Bildschirm-Darstellung. Und ja, man muss die gradbedingten Varianten eigens Auswählen oder einfach in den Absatzvorlagen entsprechend einstellen. Allein durchs Skalieren des Normalschnitts wechselt InDesign nicht von selbst in eine andere Schrift.
 
Also beim Foto/Lichtsatz waren die Schriften auch noch richtig Unterschnitten (Berthold DiaType), bzw man mußte das einmal Einstellen. Einige heute erhältliche Schriften haben das aber auch, die "günstigen" natürlich nicht.

Früher wurde man gesteinigt wenn man so einen Satz abgeliefert hätte wie man ihn heute überall findet. Mein ehemaliger Chef würd sagen „Da kannste ne ein Rudel Schweine durchtreiben“ GG.

Gruß

Nicolas
 
NicolasX schrieb:
Mein ehemaliger Chef würd sagen „Da kannste ne ein Rudel Schweine durchtreiben“ GG.

Gruß

Nicolas


und die müssen dabei nicht mal die ohren anlegen.:D
 
NicolasX schrieb:
Also beim Foto/Lichtsatz waren die Schriften auch noch richtig Unterschnitten (Berthold DiaType), bzw man mußte das einmal Einstellen. Einige heute erhältliche Schriften haben das aber auch, die "günstigen" natürlich nicht.

Früher wurde man gesteinigt wenn man so einen Satz abgeliefert hätte wie man ihn heute überall findet. Mein ehemaliger Chef würd sagen „Da kannste ne ein Rudel Schweine durchtreiben“ GG.

Gruß

Nicolas

sorry, ich habe dich nicht richtig verstanden, nochmal zu meiner ausgangsfrage: beim bleisatz wurden bei wechselnder schriftgröße auch andere buchstaben genommen, die extra für die jeweilige größe eigens geschnittene, modifizierte buchstabenFORMEN hatte.
hat man nun im Foto-/Lichtsatz auch eigene Schnitte für 6, 8, 10 oder 12 punkt gehabt oder wurde die form für die 18pt aus der 12pt-form einfach hochskaliert? gab es da solche und solche schriften, also welche, bei denen man skalieren musste und welche, die extra-schnitte für viele grössen mitlieferten?
danke!
 
don.raphael schrieb:
sorry, ich habe dich nicht richtig verstanden, nochmal zu meiner ausgangsfrage: beim bleisatz wurden bei wechselnder schriftgröße auch andere buchstaben genommen, die extra für die jeweilige größe eigens geschnittene, modifizierte buchstabenFORMEN hatte.
hat man nun im Foto-/Lichtsatz auch eigene Schnitte für 6, 8, 10 oder 12 punkt gehabt oder wurde die form für die 18pt aus der 12pt-form einfach hochskaliert? gab es da solche und solche schriften, also welche, bei denen man skalieren musste und welche, die extra-schnitte für viele grössen mitlieferten?
danke!
NP ;)

Bei den ersten Geräten waren die Schriften auf einer Glasscheibe oder anderen Trägern und ja, jeder Schnitt war optimiert. Viele Adobe und alle Agfa Schriften haben auch ne eigene Kerning-Tabelle soll heißen je nach Größe der Schrift oder Schnitt (z.B. für Kursiv oder Demi) wird hier anders unterschnitten.

Die Punktgrößen-Schriften, welche du meinst, die zusammen mit nem PS-Font kommen, sind lediglich Screenfonts, für die Bildschirmansicht welche das klassische MacOS benötigte da es die Postscript-Schriften nicht direkt auf dem Bildschirm anzeigen konnte. Die wurden dann durch den ATM auf dem Bildschirm skaliert, gedruckt bzw zu Belichter/Drucker gesendet wurden allerdings nur die PS fonts. Also das lief so ab wie bei nem OPI-Server für Bilder, bei dem mit den Layout-Bildern (72DPI) layoutet wird, welche dann aber automatisch zum Drucken, vom Server durch die Fein-Daten ersetzt wurden. Sprich layoutet wurde mit den von dir besagten Screenfonts, gedruckt wird mit den PS-Fonts.

Gruß

Nicolas
 
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