Kann gut sein, dass ich hier was überlesen habe, aber falls nicht: Mich wundert es schon, dass in dieser Diskussion sich alles um die Freiheit der Kunst, Meinungsfreiheit und die Frage dreht, ob man sich von einem nordkoreanischen Hackerkommando einschüchtern lassen darf. Um den Film selbst geht es aber nicht. OK, den hat bislang auch niemand von uns gesehen, aber immerhin ist der Inhalt bekannt; eine Zusammenfassung ist beispielsweise auf Wikipedia zu lesen. Und da fällt mir schon auf, dass es eine derart kompromisslose Vernichtung eines noch lebenden und amtierenden Politikers im Film noch nie gab. Der "große Diktator" von Charlie Chaplin zieht Hitler zwar auch ordentlich durch den Kakao, demaskiert ihn und macht ihn auf gekonnte Art zur perfekten Witzfigur. In "The Interview" ist aber die Ermordung des noch lebenden und amtierenden Politikers von Anfang an das erklärte Ziel, und es wird lt. Wikipedia auch erreicht, wobei sich der nordkoreanische Diktator noch selbst beim Sterben blöde anstellt und dabei gehörig verarscht wird. Die Botschaft ist schon gleich zu Beginn, dass der Typ allein als Zielscheibe taugt und nicht nur das Recht verwirkt hat, ernst genommen zu werden, sondern auch das Recht, weiterleben zu dürfen. Anklage - wie im "großen Diktator" - wird nicht erhoben. Einfach zum Abschuss freigegeben, exekutiert durch zweitklassige Happy-Radio-Moderatoren. Mehr Demütigung geht nicht.
Nun möchte ich keine Lanze für Kim Jon Un (oder wie er heißt) brechen und auch nicht den Hackerangriff auf Sony verteidigen. Nordkorea ist eine der unappetitlichsten Diktaturen, die die Welt je gesehen hat, klar. Ich bin auch heilfroh, nicht dort leben und den Launen dieses Regimes ausgesetzt sein zu müssen. Aber die Frage bleibt, ob man mit solchen Produktionen Gutes bewirkt. Ich glaube, eher nicht.
Mal angenommen, es wäre damals nicht bei den spöttischen Michael-Moore-Dokus über den unsäglichen George Bush jun. geblieben, sondern man hätte einen Film über ihn gedreht, wo er am Ende den verdienten und darüberhinaus noch amüsant inszenierten Tod findet. Das wäre bei aller Kritik an seinem Politikstil und über seine Außenpolitik, die viel mehr Leid über die Welt gebracht hat als Kim es je schaffen wird, als übelste Geschmacklosigkeit aller Zeiten in Bausch und Bogen verdammt worden.