Oder fragst du dich, wieso Daten überhaupt massenhaft gesammelt und ausgewertet werden? Das wird gemacht, weil man damit schlicht eine Menge Geld verdienen kann.
Und weil der Staat damit seine Bürger überwachen kann. Über "predictive policing" haben wir ja schon in diesem oder einem anderem Thread gesprochen, das wäre dann die berühmte Spitze des Eisberges. Abgesehen davon, dass die Demokratie ohnehin weltweit auf dem Rückzug ist, rütteln die modernen Überwachungstechnologien auch an den Grundfesten der noch existierenden Demokratien - ganz einfach, weil sie da sind und der Staat technologisch auf der Höhe der Zeit zu sein hat. (Hinter diesem Politikersprech, den wir seit spätestens 2001 immer wieder hören, steckt natürlich auch sowas wie Unsicherheit - auch Politiker wissen über die Technik selbst nichts und sind fast ausnahmslos Getriebene).
Und das bringt mich auf eine bemerkenswerte Aussage eines Informatik-Dozenten aus Wien, den ich neulich mal in einer Diskussionsrunde erlebt habe: Ganz frech stellte er die Frage in den Raum, ob der Mensch überhaupt in der Lage sei, die Digitaltechnik verantwortungsvoll zu nutzen. Da ist was dran. Ich glaube, dass es möglich ist - aber eben nur, wenn ein gesellschaftliches Bewusstsein da ist, dafür, was die Technik kann und was nicht, wo sie was zu suchen hat und wo nicht, wo die Gefahren lauern, was Privatsphäre für die Demokratie bedeutet, und so weiter. Und, ganz wichtig: Wer Macht haben darf und warum, und wie die Macht kontrolliert wird. Derzeit ist da nichts, überhaupt nichts. Bislang konnte kein Datenskandal - und es gab sehr, sehr viele - daran etwas ändern. Nicht einmal Edward Snowden hat das fertiggebracht.
Und solange das so bleibt, ist mit Verordnungen nichts zu machen. Nicht "die Politik" ist in der Pflicht, sondern wir alle sind es. Ändern können wir aber nur dann etwas, wenn wir endlich damit aufhören, jeder noch so verlockenden Möhre, die uns die IT-Industrie vor die Nase hält, hinterher zu laufen. Wir, die wir im (Konsum-)Kapitalismus sozialisiert wurden, müssen das Anspruchsdenken (wir wollen konsumieren und die Politiker sollen unsere Dienstleister sein) ablegen und das "Nein-Sagen" wieder lernen. Anders wird's nicht gehen.
Der oben erwähnte Informatikdozent macht das so. Er besitzt kein Smartphone. Und das ist sehr viel mehr als nichts.