"Wenn du die Wahrheit sagen willst, musst du ein schnelles Pferd besitzen" (mongolisches Sprichwort).
Mal so ganz prinzipiell müssten Politiker so langsam die unbequeme Wahrheit verkünden, dass das Gesellschaftsmodell des 20. Jahrhunderts nicht, aber wirklich gar nicht dafür geeignet ist, die Probleme des 21. Jahrhunderts zu bewältigen. Zwar sind Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit absolut erhaltenswerte Errungenschaften, aber sie lassen sie nicht mehr auf diejenige Art von "Wohlstand" gründen, die wir im 20. Jahrhundert hatten. Auch nicht durch eine "Verkehrswende" oder eine "Transformation der Wirtschaft" oder eine "Dekarbonisierung". Es ist nicht möglich, "in Grün" so weiterzumachen wie bisher, auch nicht mit einigen Abstrichen oder Umgewöhnungen.
In die Köpfe müsste zunächst mal eine absolut zentrale Besonderheit rein, die die Probleme von heute auszeichnet: Es geht hier - anders als bei den Krisen des 20. Jahrhunderts - nicht ums Verhandeln (mit Ölscheichs oder Politikern oder Tarifparteien oder Banken oder...). Die Natur verhandelt nicht, während wir aber weiterhin so tun, als ließen sich Kompromisse finden, z.B. zwischen den Kohlearbeitern in der Lausitz und dem Klima. Die Natur kommt uns aber kein Stück entgegen.
Geht das in die Köpfe rein? - Naja, wir haben ja gerade eine prima Vorlage: die Corona-Pandemie. Auch mit einem Virus gibt es keinerlei Verhandeln, was die Gesellschaft tief zu verstören scheint: Geht nicht gibt's doch! Interessant finde ich, was nach dem ersten Lockdown geschah: Es wurde in den Verhandlungsmodus zurückgeschaltet. Virologen, Modellierer und Physiker redeten sich den Mund fusselig, doch es half nichts. Im Winter 20/21 raffte das Virus innerhalb weniger Wochen - wie vorhergesagt - mehrere zehntausend Menschen dahin. Dass die Lektion mittlerweile begriffen wurde, wage ich zu bezweifeln. Es sind beileibe nicht nur AfD-Fans, die sich der Realitätsverweigerung verschrieben haben. Ich würde von einem kollektiven Selbstbetrug sprechen.