Ich gehe natürlich davon aus, dass die Menüführung entsprechend gestaltet ist. Hat Tesla die etwas nicht nach dem Urteil angepasst?
Hmm, nein.
Da ich selbst ein Model 3 fahre, weiß ich was mit der Beschreibung gemeint ist:
Im vorliegenden Fall musste der Fahrer erst das Scheibenwischersymbol auf dem Touchscreen berühren und dann in einem Untermenü eine von fünf möglichen Einstellungen auswählen.
Nur ist das nicht die einzige Art die Scheibenwischer beim Model 3 zu bedienen und war offensichtlich die schlechteste (da der Versuch zu einem Unfall führte).
Ich kann mir schon vorstellen wie das gelaufen ist. Starker Regen, schlechte Sicht. Die Scheibenwischerautomatik ist vielleicht nicht an oder wischt gefühlt zu langsam. Dann ist man vielleicht noch in unbekannter Umgebung unterwegs und schaut beim Versuch die richtige Stelle am Touchscreen zu erwischen zu lange auf den Bildschirm und schon ist es passiert.
Ich denke der Fahrer hat da halt klar einen Fehler gemacht und dann im Nachhinein vor Gericht versucht um ein Bußgeld oder Fahrverbot herumzukommen. Tatsächlich wären aber die Implikationen eines gegenteiligen Urteils schon sehr weitreichend gewesen. Eigentlich konnte der Richter da auch nicht anders entscheiden. Der Fahrer hatte im entscheidenden Unfallmoment die Augen nicht auf der Straße. Wieso oder weshalb ist da eigentlich egal. Wenn er auf der Suche nach dem Zigarettenanzünder, einem Knopf für eine Funktion des Autoradios oder der Klimaanlage gewesen wäre, dann hätte das Gericht genau so gegen ihn entschieden.
Ich verstehe die Vorbehalte gegen die Art und Weise wie Tesla "klassische" Bedienelemente "wegoptimiert". Aber ursächlich für den Unfall war nicht der Touchscreen, sondern die unzureichende Kenntnis des Fahrers hinsichtlich der Bedienung seines Fahrzeugs.
Der beschriebene Unfall wäre zu vermeiden gewesen. Alternativen wären gewesen:
- die Scheibenwischerautomatik aktivieren und ihre Arbeit machen lassen.
- Der linke Lenkstockhebel beim Model 3 erlaubt es auf Knopfdruck je einmal zu wischen. Das geht ohne die Hände vom Lenkrad oder den Blick von der Straße zu nehmen. Auch mehrmals hintereinander, sollte es nötig sein.
- Sprachbefehl funktioniert indem man mit dem rechten Daumen einen Lenkradknopf drückt und dann z.B. "Scheibenwischer auf Stufe 4" sagt.
Dabei stellt das Model 3 noch nicht mal den Höhepunkt der Wegoptimierung klassischer Bedienelemente dar. Da gibt es halt den linken Hebel für die eingeschränkte Scheibenwischerfunktion ( einfacher Knopfdruck = 1x Wischen, Knopf gedrückt halten = Schweibenwäsche) und den rechten als Gangwahlhebel bzw. zur Bedienung der Autopilotfunktion.
Das ursprüngliche Model S hatte noch in Summe drei Lenkstockhebel, die sogar wenn ich mich richtig erinnere baugleich in Aussehen und Funktion mit welchen von Mercedes waren. Bezogen auf die Scheibenwischer war da alles noch in einem der Hebel untergebracht.
Das aktuelle Facelift von Model S und X hat hingegen überhaupt keine Lenkstockhebel mehr. Die physische Bedienung ist da auch auf den Touchscreen gewandert. Die restlichen Möglichkeiten bleiben vermutlich wie beim Model 3/Y. Bin so einen allerdings noch nie gefahren. Für die Auswahl der Fahrtrichtung soll der Tesla dann sogar selbst erkennen ob er jetzt vorwärts oder rückwärts fahren soll. Da bleibt zu hoffen, dass das immer fehlerfrei funktioniert. Wobei auch bei Autos mit klassischer Bedienung gibt es ja ständig Unfälle wo die Fahrer Vor- bzw. Rückwärtsgang verwechselt haben...
Ob nun alles mit physischen Knöpfen, Schaltern oder Hebeln bedient werden muss oder ganz oder teilweise auf Touchscreens ausgelagert werden kann, ist IMHO eh eine Sache, die die Autohersteller entscheiden und als Autokäufer muss/sollte man sich halt vor dem Kauf damit beschäftigen und für sich entscheiden ob man damit klar kommt.
Tatsächlich scheint es da (zumindest bislang) dem Gesetzgeber relativ egal zu sein, wie die Autohersteller die meisten Funktionen ins Auto integrieren. Das es hingegen Vorgaben gibt, an die sich sogar Tesla halten muss, sieht man beim Modell 3 an den Funktionen Warnblinkanlage und e-Call. Das müssen anscheinend physische Schalter sein und dafür gibt's auch im Model 3/Y (und ich vermute auch den Facelift-Model X und S) noch "echte" Knöpfe.