Zwischen dem Schreiben eines Kriminalromans (mit der zugehörigen Notiz- und Ideenverwaltung) und dem Schreiben einer naturwissenschaftlichen Diplomarbeit mit Grafiken, Beschriftungen, Quellenverzeichnis, Fuß-, Endnoten, Formeln usw. besteht ein erheblicher Unterschied.
Sicher doch.
Genau deshalb habe ich die Empfehlung ja auf nicht-naturwissenschaftliche Arbeiten beschränkt. Dann besteht technisch gesehen nur ein einziger Unterschied zum Schreiben eines Romans, und zwar der, dass man gelegentlich Fußnotentexte einfügen muss.
*) Und Fußnoten werden von Ulysses unterstützt.
Für naturwissenschaftliche Arbeiten, in denen man Formeln und Tabellen zur Argumentation braucht, ist Ulysses nur dann geeignet, wenn man über LaTeX-Kenntnisse verfügt. Die LaTeX-Kenner dürften das Konzept von Ulysses allerdings besonders gut verstehen, weil die Trennung von Schreiben und Layout die Grundidee von TeX ist.
Ulysses ist einfach nur ein Texteditor, der die optische Finalisierung anderen Instanzen überlässt. Bei Schriftstellern und Journalisten ist diese Instanz der Verlag oder die Zeitung, die die den Text setzen lassen. Für den Schreiber einer literaturgeschichtlichen Magisterarbeit ist diese Instanz ein Programm wie Word, das Inhaltsverzeichnis und Seitenzahlen erzeugt. Für Naturwissenschaftler ist diese Instanz das TeX-Sytem, das die Steuerbefehle für Formelsatz etc. verarbeitet.
Deshalb ist Ulysses grundsätzlich für jeden Zweck geeignet, auch für eine Diplomarbeit. Ob es um einen Roman oder eine Romananalyse, einen Zeitungsartikel oder eine Doktorarbeit in Atomphysik geht, ist völlig gleichgültig. Es ist einfach nur eine Schreibumgebung, in der man Text erzeugt.
Man muss selber entscheiden, ob man das sinnvoll findet. Wenn man ein Programm wie Word, das Schreib- und Layout-Prozess kombiniert, für komfortabler hält, ist Ulysses reine Geldverschwendung. Und eine Zeitverschwendung noch dazu, weil nach dem Export des Textes weiterere Arbeitsschritte fällig sind. Andere empfinden die Konzentration auf den Schreibprozess als Arbeitserleichterung. In Ulysses geht es um die Komposition von Text, nicht um die Formatierung, um kreatives Schaffen, nicht um kreatives Layout, und das ist ein sehr hilfreicher Ansatz - egal, was man schreibt.
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*) Und wenn der Roman von Jean Paul ist, besteht auch dieser Unterschied nicht.