Die Mobilisierung der Massen - Alternative Antriebskonzepte (nicht E-Antrieb)

Man kann aber nicht für jede Fahrzeuggattung eigene Wege bauen.
Es ist nur der Autoverkehr, der unbedingt eigene Wege braucht. Alle anderen Fahrzeuge sollten diese Strassen nicht benutzen müssen. Auf deutschen Straßen verunglückten im letzten Jahr 88.850 Radfahrerinnen und Radfahrer, für 445 endete das tödlich, 21 davon waren Kinder.
Etwa zwei Drittel aller Fahrradunfälle waren Kollisionen mit Autos. Hauptschuld trug in den allermeisten Fällen (75 Prozent) der Autofahrer bzw. die Autofahrerin.

Ich verweise aber drauf, dass in Holland und den von dir genannten Städten sehr wohl Autos und Fahrräder zusammen funktionieren.
Ich finde die qualitativen Unterschiede im Fahrradstrassennetz zwischen Holland und Deutschland enorm. Die Zahl der tödlichen verunglückten RadlerInnen ist bei uns um 50% höher als in den Niederlanden, obwohl dort doppelt so viele Fahrradkilometer pro Einwohner zurückgelegt werden.

Das mag auch daran liegen, dass es in Holland einfach Normalität ist, das Rad zu benutzen, bei uns hingegen immer noch die Ausnahme. Die Scharen der Radler in den Städten sind einfach unübersehbar – und sie haben starke Rechte. Die Unsitte beispielsweise, mal eben auf Fahrradwegen zu parken, ist in Holland weit weniger verbreitet. (Die Strafgebühr liegt mW inzwischen bei 90 Euro, evt plus Gebühren.)

Und um wieder zum eigentlichen Thema zu kommen: Ab 2030 will Holland keine neuen Benzin- und Dieselautos mehr zulassen. Ausserdem müssen Diesel- und Benzinfahrer künftig mehr KFZ-Steuer zahlen. Im ersten Halbjahr 2019 stieg der Absatz von Elektrofahrzeugen mit 122 Prozent auf 20.000 Einheiten, während der gesamte Automarkt um mehr als 10 Prozent einbrach. Der Anteil von E-Autos (BEV und PHEV) an den Neuzulassungen stieg von 3,6 auf 8,9 Prozent.

Bringt für den Klimaschutz allerdings alles nur wenig, wenn man den Strom zum weitaus grössten Teil mit fossilen Energieträgern erzeugt – und das ist in den Niederlanden leider noch zu mehr als 80% der Fall.
 
Es ist nur der Autoverkehr, der unbedingt eigene Wege braucht. Alle anderen Fahrzeuge sollten diese Strassen nicht benutzen müssen. Auf deutschen Straßen verunglückten im letzten Jahr 88.850 Radfahrerinnen und Radfahrer, für 445 endete das tödlich, 21 davon waren Kinder.

Das betrifft Stadt und Landstraßen. Wie viele Radler sind in verkehrsberuhigten Zonen verunglückt? Wieviele tödlich?
 
Das betrifft Stadt und Landstraßen. Wie viele Radler sind in verkehrsberuhigten Zonen verunglückt? Wieviele tödlich?
Warum willst du das aufschlüsseln?

Möchtest du überall da, wo Radfahrer und Autos dieselbe Strasse benutzen (müssen), den Verkehr beruhigen – generell Tempo 30?
 
Das mag auch daran liegen, dass es in Holland einfach Normalität ist, das Rad zu benutzen, bei uns hingegen immer noch die Ausnahme.

Was aber auch mit den topografischen Gegegebenheiten zusammenhängen dürfte. Wenn sie in D auch so wären, würde ich öfter Rad fahren und auch weitere Strecken mit dem Rad bezwingen. Mit zunehmendem Alter wird es immer schwieriger, notwendige Fahrten stets mit Sport zu verknüpfen.

Ab 2030 will Holland keine neuen Benzin- und Dieselautos mehr zulassen. Ausserdem müssen Diesel- und Benzinfahrer künftig mehr KFZ-Steuer zahlen.


Ohne Automobilindustrie ist das auch vergleichsweise leicht.

Bringt für den Klimaschutz allerdings alles nur wenig, wenn man den Strom zum weitaus grössten Teil mit fossilen Energieträgern erzeugt – und das ist in den Niederlanden leider noch zu mehr als 80% der Fall.

Dann steht NL vor einer gewaltigen Aufgabe: Sie müssen den Anteil der Erneuerbaren dramatisch hochschrauben und damit dann auch immer mehr Autos versorgen. Denn man tau!
 
Dann steht NL vor einer gewaltigen Aufgabe: Sie müssen den Anteil der Erneuerbaren dramatisch hochschrauben und damit dann auch immer mehr Autos versorgen. Denn man tau!
Das ist denen wohl auch klar. So viel ich weiß, haben die Niederlande 5 Arbeitsgruppen von Experten berufen, die einen "Masterplan" für den Umstieg entwickeln sollen. Eine davon ist für das zukünftige Mobilitätskonzept zuständig.

Ohne Automobilindustrie ist das auch vergleichsweise leicht.
Dass grade dieses Land eine besondere Motivation hat, Klimaschutz zu betreiben, liegt natürlich auch an deren Lage: Bei steigendem Wasserstand sind weite Teile des Landes bedroht. Der Maßnahmenkatalog zum Umgang mit dem Klimawandel sieht unter anderem bis 2050 zusätzlich jährliche Investitionen in einer Höhe von 1,2 bis 1,9 Mrd. € allein für die Anpassung des Sicherheitsniveaus vorhandener Deiche vor.

Das sind existenziellere Interessen als die der deutschen Autobranche und ihrer Aktionäre, Gewerkschaften und Fangemeinden.

Während die Niederlande sich solche Summen noch leisten können, sind andere durch den Anstieg des Meeresspiegels bedrohte Länder dazu nicht in der Lage. Aber auch das ist typisch deutsch: Wir machen uns Sorgen um unsere Autohersteller. Und ob wir in Zukunft noch unsere Privatautos werden halten können.
 
Das ist denen wohl auch klar. So viel ich weiß, haben die Niederlande 5 Arbeitsgruppen von Experten berufen, die einen "Masterplan" für den Umstieg entwickeln sollen. Eine davon ist für das zukünftige Mobilitätskonzept zuständig.

Dann kann ja nix mehr schiefgehen.

Der Maßnahmenkatalog zum Umgang mit dem Klimawandel sieht unter anderem bis 2050 zusätzlich jährliche Investitionen in einer Höhe von 1,2 bis 1,9 Mrd. € allein für die Anpassung des Sicherheitsniveaus vorhandener Deiche vor.

Das sind existenziellere Interessen als die der deutschen Autobranche und ihrer Aktionäre, Gewerkschaften und Fangemeinden.

Während die Niederlande sich solche Summen noch leisten können, sind andere durch den Anstieg des Meeresspiegels bedrohte Länder dazu nicht in der Lage. Aber auch das ist typisch deutsch: Wir machen uns Sorgen um unsere Autohersteller. Und ob wir in Zukunft noch unsere Privatautos werden halten können.

Ich schrieb, dass es Ländern, die keine Automobilindustrie haben, naturgemäß leichter fällt, eine Deadline für die Zulassung von Verbrennern zu setzen. Du machst daraus gleich wieder: Was ist wichtiger, Autoindustrie oder Klimaschutz? - Natürlich ist Klimaschutz wichtiger, um diese Frage geht es überhaupt nicht. Die spannende Frage ist doch, wie man diese Priorität politisch umsetzen kann, ohne dass es zu krassen wirtschaftlichen Einbrüchen kommt, die dann einen ganzen Rattenschwanz von höchst ungemütlichen Folgen nach sich ziehen. Vor einigen Tagen erwähnte ich Winfried Kretschmann und die autofreundliche Politik, die er seit Jahr und Tag unbeirrt verfolgt. Wie erklärst du dir das? Hat ihn die Macht korrumpiert? Wurde er geschmiert? Ist er verrückt geworden? Oder ist er als Deutscher letztendlich auch nur "typisch deutsch"?
 
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Möchtest du überall da, wo Radfahrer und Autos dieselbe Strasse benutzen (müssen), den Verkehr beruhigen – generell Tempo 30?

Ja, in Städten schon. Überall, wo viele Radfahrer und andere Vehikel unterwegs sind. Eigentlich
ist das eh ein Gebot, dass man nicht mit 50 kmh dicht an Radfahrern vorbeibrettern darf. Aber
wird leider nicht genug beachtet.

Wenn wir da etwas ändern, werden die Unfallzahlen sinken.

Auf dem Land hier habe ich keine Probleme. Ich fahre da auf Waldwegen und Nebenstrecken Rennrad,
da kommt 1 Std. lang kein Auto und wenn, fahren die ganz langsam vorbei bzw. halten fast an.

Dann bin ich noch dafür, dass man auf Radwegen auch mit einem E-Roller fahren darf. Denn
auf den Landstraßen hier rasen die Autos kriminell. Auf den Radwegen ist kaum was los.
 
Vor einigen Tagen erwähnte ich Winfried Kretschmann und die autofreundliche Politik, die er seit Jahr und Tag unbeirrt verfolgt. Wie erklärst du dir das? Hat ihn die Macht korrumpiert? Wurde er geschmiert? Ist er verrückt geworden? Oder ist er als Deutscher letztendlich auch nur "typisch deutsch"?
Er ist grüner Spitzenpolitiker in einem Bundesland, in dem die Autoindustrie und damit auch deren Beschäftigte eine grosse Rolle spielen. Gegen sie zu handeln würde derart viele Wählerstimmen kosten, dass die Grünen ihre Regierungschancen einbüssen würden. Mit anderen Worten: Es ist eine erfolgreiche Parteistrategie.

Eine ganz ähnliche Strategie kannst du auch im grünen Bundesverband beobachten. Wer sich die Forderungen der Grünen nach mehr Klimaschutz genauer ansieht, sieht kaum Unterschiede zu den Bekenntnissen der GroKo. Etwa die CO2-Abgabe, die Baerbock fordert: Sie ist mit 40 Euro/Tonne so niedrig, dass auch SPD und CDU sie mittragen können. Ich vermute dahinter das strategische Ziel, sich auch eine Koalition mit der Union offenzuhalten.

Du machst daraus gleich wieder: Was ist wichtiger, Autoindustrie oder Klimaschutz? - Natürlich ist Klimaschutz wichtiger, um diese Frage geht es überhaupt nicht. Die spannende Frage ist doch, wie man diese Priorität politisch umsetzen kann, ohne dass es zu krassen wirtschaftlichen Einbrüchen kommt, die dann einen ganzen Rattenschwanz von höchst ungemütlichen Folgen nach sich ziehen.
Auf diese Frage machen die Umweltverbände (also die "Ökos") schon seit 20 Jahren aufmerksam. Die Reaktion in der Autobranche ist bekannt: Blockade. Weil sie mit den ressourcenfressenden Premiummodellen bislang sehr gut verdient hat.

Erst unter dem Druck der Konkurrenz, inzwischen vor allem aus China, aber vorher auch von Tesla, orientiert sie sich um – viel zu spät. Denn nun wird immer deutlicher, wie vorsintflutlich die deutschen Premiummodelle technisch sind. Nun muss die deutsche Autoindustrie den Abstand versuchen zu verkürzen. Und das wird sehr schwer und kostet jede Menge Arbeitsplätze.

Die deutsche Regierungspolitik hat bislang versucht, die deutschen Hersteller vor dieser Herausforderung zu schützen, auch Grüne wie Kretschmann. Nicht zuletzt, wie gesagt, aus politischem Eigeninteresse.
Das ist inzwischen aber immer weniger möglich, die Konkurrenz ist zu stark, sie stellt sich bereits seit Jahren um. Und ohne die großen Absatzmärkte wie China wären auch die deutschen Hersteller schon am Ende.
Diese Transformation ist nämlich ein genauso globales Problem wie der Klimawandel. Die Schonung des nationalen Absatzmarktes gegen Klimaschutz-Zumutungen kann die Hersteller nicht retten.

Mittlerweile entwickeln die deutschen Autohersteller ja auch neue Geschäftsmodelle: Nicht mehr das Vermarkten einzelner Autos an den Endkunden, sondern das Angebot von Mobilität je nach Bedarf. Mieten, Abonnieren, Fahrzeug on Demand. Kein eigenes mehr in der Garage oder auf dem Wohnblockstellplatz. Dass das viele ältere Arbeitsplätze überflüssig machen wird ist absehbar. Das passiert aber auch durch die Digitalisierung – und dieser Prozess hat mit dem Klimawandel nix zu tun.

Um die Kurve wieder zum Thema zu kriegen: Diese Bereitstellen von Mobilität durch einen ganzen Fächer von Fahrzeugen macht die Diskussion komplex. Dass leise und lokal emissionsarme E-Antriebe für den Stadtverkehr alternativlos sind, dürfte klar sein. Die Frage ist nur der Energieträger: Zweisitzige E-Flöhe für Pendler und Tagesgäste benötigen nur eine kleine Batterie. 10sitzige selbstfahrende Shuttles dagegen brauchen deutlich mehr Energie, für die könnte Wasserstoff als Energieträger dienen. Und für den Überlandverkehr wäre möglicherweise Biomethan mit Verbrennern oder Hybriden die effizienteste Treibstoff. Das wird sich alles noch zeigen, die Entwicklungen hin zu nachhaltigen Verkehren beginnen ja erst.

Über das herkömmliche Privatauto brauchen wir, denke ich, nicht mehr zu diskutieren. Das hat sich bald weitgehend überlebt.
 
Zuletzt bearbeitet:
(...)
Erst unter dem Druck der Konkurrenz, inzwischen vor allem aus China, aber vorher auch von Tesla, orientiert sie sich um – viel zu spät. Denn nun wird immer deutlicher, wie vorsintflutlich die deutschen Premiummodelle technisch sind. Nun muss die deutsche Autoindustrie den Abstand versuchen zu verkürzen. Und das wird sehr schwer und kostet jede Menge Arbeitsplätze.

Nein. Die deutschen Autobauer bauen das, was die Kunden kaufen und das sind bisher zu 90% keine E-Autos.
Die Politik und die Kunden wollen Hybrid? Dann kriegen sie Hybrid. Die reinen E-Autos der ersten Jahre waren
relativ klein und leicht. Wollte kaum einer. Die paar % an ausländischen E-Autos können sie locker verkraften, dafür
haben sie das beste Angebot an Verbrennern. Selbst Strafen in Milliardenhöhe konnte VW verkraften. Alles Beweise,
dass die E-Auto Politik nicht falsch war. Jetzt steigt langsam die Nachfrage, jetzt drücken viele Modelle ins Angebot.
Wichtiger ist sowieso der Markt der Akkutechnologie. Aber die Hersteller wissen das seit vielen Jahren. Mach dir
da keine Sorgen.



Über das herkömmliche Privatauto brauchen wir, denke ich, nicht mehr zu diskutieren. Das hat sich bald weitgehend überlebt.

Die Diskussion über Abschaffung der Privatautos brauchen wir wirklich nicht. Zwar aus anderen Gründen,
aber da gebe ich dir Recht. :)
 
Dann kriegen sie Hybrid. Die reinen E-Autos der ersten Jahre waren relativ klein und leicht. Wollte kaum einer. Die paar % an ausländischen E-Autos können sie locker verkraften, dafür haben sie das beste Angebot an Verbrennern. Selbst Strafen in Milliardenhöhe konnte VW verkraften. Alles Beweise, dass die E-Auto Politik nicht falsch war.
Dass der deutsche Markt schwere SUV besser absetzt als effiziente Autos, ist klar. Aber von guten Unternehmenslenkern sollte man erwarten, dass sie ähnlich viel in Entwicklung ressourcenschonender Antriebe steckt, wie die Konkurrenz in China und Japan. Denn dass die deutschen Stahl-Dinos nicht zukunftsfähig sind, ist seit vielen Jahren klar.

Beim E-Lieferwagen hat selbst ein StartUp aus Aachen die Nase vorn – weil keine große Firma da ran wollte. Jetzt ist deren Streetscooter ein Erfolg.


Wichtiger ist sowieso der Markt der Akkutechnologie. Aber die Hersteller wissen das seit vielen Jahren.
Und was haben sie diesbezüglich Wegweisendes unternommen?
 
Dass der deutsche Markt schwere SUV besser absetzt als effiziente Autos, ist klar. Aber von guten Unternehmenslenkern sollte man erwarten, dass sie ähnlich viel in Entwicklung ressourcenschonender Antriebe steckt, wie die Konkurrenz in China und Japan. Denn dass die deutschen Stahl-Dinos nicht zukunftsfähig sind, ist seit vielen Jahren klar.

Beim E-Lieferwagen hat selbst ein StartUp aus Aachen die Nase vorn – weil keine große Firma da ran wollte. Jetzt ist deren Streetscooter ein Erfolg.


Für die Nische haben die großen Hersteller nie gern entwickelt, so hatten sie auch am Streetscooter
wenig Interesse. Sicher ein Fehler. Das große Geld machen sie aber woanders. Wie du sagst, in China.
Dort stimmt die Marge. Und dort werden auch große SUVs verlangt und daran verdienen die Deutschen.
Für die Zukunft stehen auch andere Größen bereit.

Und was haben sie diesbezüglich Wegweisendes unternommen?

Forschung und Entwicklung neuer Akkus, Sicherung von Lithiumvorkommen in Südamerika, Aufbau
einer deutschen Akkuproduktion (vom Staat mit 1 Mrd. gefördert). Ob das alles wirklich was bedeutet, weiß
ich aber nicht. Viell. werden einfach nur die Fördergelder mitgenommen.
 
Er ist grüner Spitzenpolitiker in einem Bundesland, in dem die Autoindustrie und damit auch deren Beschäftigte eine grosse Rolle spielen. Gegen sie zu handeln würde derart viele Wählerstimmen kosten, dass die Grünen ihre Regierungschancen einbüssen würden. Mit anderen Worten: Es ist eine erfolgreiche Parteistrategie.

Ich sehe da deutlich mehr als nur parteistrategische Interessen. Stell dir mal vor, du bist Ministerpräsident in BW und sollst jetzt das abräumen, was die Wirtschaft dort trägt - natürlich auch mit Auswirkungen auf ganz Deutschland. Das kann man nicht einfach als "Strukturwandel" verharmlosen, dafür ist das ne Nummer zu hart.

Auf diese Frage machen die Umweltverbände (also die "Ökos") schon seit 20 Jahren aufmerksam. Die Reaktion in der Autobranche ist bekannt: Blockade. Weil sie mit den ressourcenfressenden Premiummodellen bislang sehr gut verdient hat.

In dieser krassen, polarisierenden Form stimmt das ganz sicher nicht. Natürlich wird kein Unternehmen freiwillig seine Cash Cows aufgeben, aber man kann die Sache auch von der anderen Seite her sehen: Die Industrie "blockierte" nicht nur, weil sie "mit den ressourcenfressenden Premiummodellen bislang sehr gut verdient hat", sondern weil sie bislang nicht wusste, wie mit einer unausgereiften Alternativtechnologie ohne Perspektiven das Geschäft weiter zu betreiben wäre.

Erst unter dem Druck der Konkurrenz, inzwischen vor allem aus China, aber vorher auch von Tesla, orientiert sie sich um – viel zu spät. Denn nun wird immer deutlicher, wie vorsintflutlich die deutschen Premiummodelle technisch sind. Nun muss die deutsche Autoindustrie den Abstand versuchen zu verkürzen. Und das wird sehr schwer und kostet jede Menge Arbeitsplätze.

Auch diese Sicht halte ich für einseitig. Erstens kann man alternative Antriebe nicht pauschal als großartige Fortschritte hinstellen - Tesla, zum Beispiel, bläst alte Akkutechnik zu einem fetten Elektromonster auf, macht schnittige (igitt! - Emotion!) Karren daraus und bietet sie einer exklusiven (und daher auch überschaubaren) Kundschaft zu saftigen Preisen an. Zweitens war die deutsche Autoindustrie in den letzten 30 Jahren keinesfalls untätig; mein Gott, so ein Automanager ist doch auch nicht blöd, der weiß genau, dass es mit fossiler Energie absehbar vorbei sein wird, so oder so. Drittens kann man nicht einfach so tun, als ließe sich der Absatz von heute mit E-Autos halten, wenn die Industrie nur rechtzeitig die Weichen gestellt hätte. Die E-Infrastruktur, die dafür nötig wäre, ist nicht mal ansatzweise machbar und wird es auch nie sein, schon gar nicht mit Erneuerbaren. Man muss die Dinge also mal beim Wort nennen: Man hätte die Autoindustrie dazu verdonnern müssen, zu schrumpfen, und zwar gewaltig. Der Politiker, der dafür bereitwillig die Verantwortung übernimmt, muss noch geboren werden.

Ja, und wo bleibt da jetzt der Umweltschutz, der bekannterweise keinen Aufschub mehr verträgt?

Das Ganze ist ein fürchterliches Dilemma, und darauf möchte ich hinweisen. Es nützt doch nichts, immer wieder mit diesen holzschnittartigen Gut/Böse-Nummern zu kommen; denn so unangenehm ein Problem auch sein mag: Es zu ignorieren ist eine ganz schlechte Idee.
 
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Das Ganze ist ein fürchterliches Dilemma, und darauf möchte ich hinweisen. Es nützt doch nichts, immer wieder mit diesen holzschnittartigen Gut/Böse-Nummern zu kommen; denn so unangenehm ein Problem auch sein mag: Es zu ignorieren ist eine ganz schlechte Idee.
Ich weiß nicht, wen du ansprichst: Mir geht es jedenfalls nicht um Kategorien wie "gut und böse". Sondern um Verantwortlichkeiten, und um die Benennung von Partikularinteressen. Dass die Autoindustrie ihre Interessen mit einer sehr starken Lobby und etlichen politischen Verbündeten immer verfolgt hat und weiter verfolgt, wirst du nicht bestreiten wollen. Klima- und Umweltschutz gehören nicht dazu – im Gegenteil, die wurden und werden als Bedrohung ihrer Geschäftsmodelle gesehen. Das kann man leider so pauschal feststellen.

Klar ist dieser latente Konflikt zwischen den Partikularinteressen einer Branche und den Interessen der Allgemeinheit zu beachten, sonst wäre Politik – also der Ausgleich von Interessen – keine Politik. Aber sowas ein "fürchterliches Dilemma" zu nennen, finde ich zu dramatisch. Die kapitalistische Wirtschaft steht nicht zum erstenmal vor strukturellen Umbrüchen ganzer Branchen. Siehe Ruhrgebiet, siehe Lausitz, siehe Textilindustrie, siehe deutsche Elektronikbranche, usw. usw.. Allein die Auswirkungen der Digitalisierung wird die Wirtschaft dramatisch umkrempeln. Und immer versuchen die betroffenen Unternehmen, und mit ihnen die entsprechenden Gewerkschaften und die Politiker der betroffenen Regionen, diese so weit wie möglich zu verhindern und den Status Quo so lange wie möglich zu erhalten. Das sind Binsenwahrheiten.


Man muss die Dinge also mal beim Wort nennen: Man hätte die Autoindustrie dazu verdonnern müssen, zu schrumpfen, und zwar gewaltig.
Das halte ich für eine unsinnige Behauptung. Es geht um Regelungen und Gesetze, die einzuhalten sind – bei unserem Thema Klimaschutz ganz schlicht um die Eindämmung von Klimagas-Emissionen. Entsprechende Vorgaben sind unabdingbar, das siehst du selbst ja auch. Die gesamte Industrie hat sich dem anzupassen, wenn die Menschheit nicht den katastrophalen Folgen eines unkontrollierbaren Klimawandels ausgesetzt werden soll – und auch Mercedes-Benz und Audi, auch Kretschmann und Merkel wissen dies seit 30 Jahren.

Ob diese Anpassung ursächlich zu einer "Schrumpfung" der Autoindustrie führt, ist fraglich. Auch ohne Klimaschutz haben sich weltweit enorme Überkapazitäten in der Autoindustrie aufgebaut. Allein in China türmen sich inzwischen Überkapazitäten von geschätzten 6 Millionen Einheiten. Und wenn man von einer Krise der Autoindustrie spricht, dann liegen die Ursachen nicht beim Klimaschutz, sondern eher bei den vom US-Präsidenten Trump angezettelten Zollkriegen und Sanktionen, in Deutschland bei hausgemachten und teilweise kriminellen Abgasmachenschaften.

Die Lösung kann doch nicht darin bestehen, den Absatz fossiler Automodelle staatlich zu begünstigen und Klimaschutz mit Rücksicht auf die Interessen der Branche zu hintertreiben. Sinnvoller wäre es mE, Forschung und Entwicklung in Richtung nachhaltiger Mobilität zu fördern und die Autoindustrie mit Klimaschutzgesetzen praktisch dazu zu zwingen, sich dieser Herausforderung zu stellen. Inwieweit dies nur Arbeitsplätze kosten wird, ist die Frage. Aber die stellt sich auch hier im Zusammenhang mit der Digitalisierung, die grade bei zukünftigen Mobilitätskonzepten eine entscheidende Rolle spielen wird.

Ohne diese Umwälzungen wäre klimaneutrale Mobilität aber unmöglich. Und die zu entwickeln muss mE oberste Priorität der Branche sein. Auch vom alten Herrn Kretschmann, dem Ministerpräsidenten eines derzeit noch Auto-abhängigen Bundeslandes.
 
Als ob es nicht genug politischen Zwang in den letzten 30 Jahren gegeben hätte..
:motz:
Hätte man auch bei der Gebäude Heizung ähnliche Obergrenzen festgelegt, wäre eine “Abwrackprämie“ für alte Ölheizung nicht nötig.
https://www.vcd.org/themen/auto-umwelt/co2-grenzwert/
 
Ich weiß nicht, wen du ansprichst: Mir geht es jedenfalls nicht um Kategorien wie "gut und böse". Sondern um Verantwortlichkeiten, und um die Benennung von Partikularinteressen.

Ne, du reduzierst das ganze Problem allein darauf: alles nur wegen Partikularinteressen. Die gibt es zwar, und unterschätzen sollte man sie auch keineswegs, aber sie sind leider nur ein Teil des Problems. Ich glaube nicht, dass Kretschmann den Diesel nur deshalb schützt, weil er sich der Macht der Autokonzerne geschlagen geben muss. Sondern weil er schlicht nicht weiß, wie es in BW weitergehen soll, wenn er hart durchgreift.

Klar ist dieser latente Konflikt zwischen den Partikularinteressen einer Branche und den Interessen der Allgemeinheit zu beachten, sonst wäre Politik – also der Ausgleich von Interessen – keine Politik. Aber sowas ein "fürchterliches Dilemma" zu nennen, finde ich zu dramatisch.

Das nenne ich ja auch nicht ein fürchterliches Dilemma. Weißt du, es gibt Dinge, die kann man sofort politisch regeln und dabei Partikularinteressen mal so richtig den Stinkefinger zeigen. Man kann z.B. durch entsprechende Sozialpolitik die Löhne hochjubeln und die Mieten senken, und das würde der Wirtschaft nichts ausmachen, im Gegenteil sogar. Wenn aber Autokonzerne, an denen ganze Bundesländer hängen, ihre Produktion umzustellen und gezwungernermaßen herunterzufahren haben, dann ist das kein Spaß mehr.

Die kapitalistische Wirtschaft steht nicht zum erstenmal vor strukturellen Umbrüchen ganzer Branchen. Siehe Ruhrgebiet, siehe Lausitz, siehe Textilindustrie, siehe deutsche Elektronikbranche, usw. usw..

Da ist er wieder, der "Strukturwandel". Ich halte das Wort in diesem Zusammenhang für eine Verharmlosung; erstens, weil sich die Dinge hier nicht über Jahrzehnte entwickeln, sondern von oben aufgepflanzt werden, und zweitens, weil es hier eine Branche trifft, die für Deutschlands Wirtschaft eine immense Bedeutung hat. Und wenn man jetzt noch miteinbezieht, dass das E-Auto ja auch nur eine Übergangslösung, so eine Art Nikotinpflaster zur Auto-Entwöhnung sein soll, sieht die Zukunft für die Autokonzerne recht düster aus. "Mobilitätskonzepte" anbieten können sie auch nicht, denn da sind die Plätze auch schon so gut wie verteilt. Ja, und jetzt stell dir vor, du bist Politiker und sollst den Niedergang der Autobranche einbimmeln...

Mir geht es nicht darum, die Autokonzerne zu verteidigen und aus dem Umweltschutz eine Verhandlungssache zu machen. Sondern darum, zu verstehen, warum nichts passiert, obwohl so langsam wirklich was passieren müsste.
 
Ich glaube nicht, dass Kretschmann den Diesel nur deshalb schützt, weil er sich der Macht der Autokonzerne geschlagen geben muss. Sondern weil er schlicht nicht weiß, wie es in BW weitergehen soll, wenn er hart durchgreift.
Wieso sollte Kretschmann in BW "hart durchgreifen"? Es geht schlicht um Gesetze, die zu befolgen sind (Luftreinhaltungsverordung, seit 10 Jahren in Kraft). Und um Klimaschutzgesetze, die dringend her müssen – auch deiner Meinung nach.

Wenn aber Autokonzerne, an denen ganze Bundesländer hängen, ihre Produktion umzustellen und gezwungernermaßen herunterzufahren haben, dann ist das kein Spaß mehr.
Nein, das war es auch im Ruhrgebiet und bei der deutschen Textilindustrie nicht, die praktisch komplett stillgelegt wurde.
Beim Klimaschutz sind inzwischen 3 Jahrzehnte vergangen, ohne dass Autohersteller und Politik sich darauf eingestellt haben. Das hätten sie mit einer Schritt-für-Schritt-Politik machen können. Stattdessen haben sie das Gegenteil getan: Verhindert, getrickst, getäuscht.

"Mobilitätskonzepte" anbieten können sie auch nicht, denn da sind die Plätze auch schon so gut wie verteilt
Wer war denn da schneller als unsere Premiumhersteller?

Mir geht es nicht darum, die Autokonzerne zu verteidigen und aus dem Umweltschutz eine Verhandlungssache zu machen. Sondern darum, zu verstehen, warum nichts passiert, obwohl so langsam wirklich was passieren müsste.
Ich finde das nicht schwer zu verstehen. Die Autoindustrie hat mit den Verbrennern glänzend verdient und möchte diese Möglichkeit so lange nutzen, wie es irgend geht. Die Metallgewerkschafter natürlich auch. Das ist aus deren Sicht nachvollziehbar.

Die politischen Akteure befinden sich tatsächlich in einem "fürchterlichen Dilemma": Sie müssen die Interessen der Beschäftigten in der Autobranche und Zulieferbetrieben an Besitzstandswahrung und sozialer Sicherheit abwägen gegen die Interessen der Allgemeinheit, die Folgen der Klimaerwärmung zu begrenzen. Beide Teile der Gesellschaft sind Wählerstimmen, die über die Zukunft von Parteien und Politikerkarrieren entscheiden.
Und das Kräfteverhältnis ändert sich grade – die alte Autobranchenschutzpolitik funktioniert so nicht mehr.

Dasselbe Dilemma haben wir in der Landwirtschaft, dem Tourismus und etlichen anderen Branchen ja auch. Speziell für die Grünen wird das ein Riesenproblem, falls die tatsächlich in Regierungsverantwortung kommen.
 
Beim Klimaschutz sind inzwischen 3 Jahrzehnte vergangen, ohne dass Autohersteller und Politik sich darauf eingestellt haben. Das hätten sie mit einer Schritt-für-Schritt-Politik machen können.

Hätten sie nicht. Es gab ja nie die Perspektive, die Produktion von Verbrennern mit irgendwas anderem kompensieren zu können - und das, während alle Welt weiterhin fröhlich Verbrenner produzierte und das übrigens heute noch überwiegend tut.

Wer war denn da schneller als unsere Premiumhersteller?

Der Alphabet-Konzern. Uber & Co, eine ganz andere Branche. Im Vordergrund steht dabei ja die Organisation von Mobilität und nicht die Produktion von Fahrzeugen.

Die politischen Akteure befinden sich tatsächlich in einem "fürchterlichen Dilemma": Sie müssen die Interessen der Beschäftigten in der Autobranche und Zulieferbetrieben an Besitzstandswahrung und sozialer Sicherheit abwägen gegen die Interessen der Allgemeinheit, die Folgen der Klimaerwärmung zu begrenzen. Beide Teile der Gesellschaft sind Wählerstimmen, die über die Zukunft von Parteien und Politikerkarrieren entscheiden.

Ja, das ist der Punkt, über den wir hier streiten. Für dich sind es immer nur Partikularinteressen: die der Industrie, der Autofahrer, der Beschäftigten und der Gewerkschaften und schließlich der Politiker, die um Wählerstimmen fürchten müssen. Dabei übersiehst du, dass der Begriff "Partikularinteresse" in Bezug auf Profit oder Wahlerfolg nicht gleichbedeutend ist mit "Partikularinteresse" in Bezug auf einen Arbeitsplatz. Es wird hier richtig krachen, wenn die Autobranche den Bach runtergeht.
 
Wollen wir mal hoffen das uber, moia mit ihrem Schiet-Modell hier nicht aktiv werden können.
Denn die Sorgen nicht für weniger sondern dafür, das mehr Autos auf den Straßen unterwegs sind.
https://www.google.com/amp/s/amp.mo...-flotte-in-hamburg-deutlich-ausbauen-32909788
Zitat aus der mopo: zu viele Leerfahrten, sagt eine von Moia selbst in Auftrag gegebene Studie...

Ach, ich vergaß. Das utopia-Spoege liest ja keine links..
 
Ach, ich vergaß. Das utopia-Spoege liest ja keine links..
Da hast du was verwechselt: Ich finde Links sehr sinnvoll, schaue mir aber keine verlinkten Videos an. Du solltest deinen eigenen Link zu mioa auch noch mal genauer lesen.

Kann ich als car2go Nutzer leider auch nur so bestätigen.
Meinst du dieses Zitat eines ungenannten Flottenmanagers: „Carsharing funktioniert einfach nicht. Die Autos werden rücksichtslos behandelt, verdreckt, beschädigt, irgendwo abgestellt. Viele Menschen kümmern sich eben nicht um Sachen, die nicht ihre eigenen sind. Unser Aufwand ist viel zu hoch.“ – demnach wäre die Mentalität der Autonutzer das Todesurteil?

Hier ein Artikel mit einer anderen Sicht der Dinge: Er unterscheidet zwischen "free floatendem" Carsharing (bei dem die Autos tatsächlich irgendwo abgestellt werden können) wie Car2Go, und Carsharing, das mit festen Stationen betrieben wird, wie Cambio. Erstere sind demnach meistens neue große Anbieter, etwa Autohersteller, die mit einem Schlag eine ganze Flotte in einer Stadt installieren und betreiben müssen. Die haben in der Tat oben beschriebene Probleme. Die Anbieter mit festen Stationen können dagegen nachfrageorientiert wachsen – und tun dies zum Teil schon seit 25 Jahren, mit Flotten zwischen 700 und 2000 Fahrzeugen.

Ich frage mich, warum grade jetzt, da die Diskussion um neue Mobilitätskonzepte für Städte in der Öffentlichkeit angekommen ist, mehrere Artikel erscheinen, die Carsharing undifferenziert als untauglich bezeichnen. Meiner Ansicht nach könnte sich auch die konservative FAZ die Mühe machen, da etwas genauer hinzuschauen. Will sie aber offensichtlich nicht.

Vielleicht hängt das mit Forderungen zusammen, dass Städte und Kommunen Carsharing mit der Bereitstellung von Infrastruktur, etwa Ladestationen, unterstützen sollten.
 
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