Die Kunst, ein Volk zu verarschen

Blinddarm

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Vorab: Man muss nicht alles glauben, was irgendwo geschrieben steht. Ob der ehemalige US-Finanzminister Timothy Geithner als glaubwürdige Quelle angesehen werden kann, muss jeder für sich selbst entscheiden.

In seinem kürzlich erschienenen Buch "Stress Test" berichtet Geithner über ein Treffen mit dem deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble im Juli 2012 auf Sylt, in dessen Verlauf Schäuble einen möglichen Euro-Austritt Griechenlands ins Spiel brachte. (Quelle: http://www.tanea.gr/news/politics/a...s-elladas-apo-to-eyrw-apokalyptei-o-gkaitner/ )

Schäubles Plan (lt. Geithner / Ta Nea): Ein Rauswurf Griechenlands würde es ermöglichen, der Eurozone die notwendige deutsche Wirtschaftshilfe zukommen zu lassen, da die Deutschen dies dann nicht mehr als Griechenrettung auffassen würden. Außerdem würden die Folgen des Grexit genug Angst und Schecken verbreiten, um einen noch viel stärkeren Euro-Rettungsschirm einrichten zu können.

Er habe diese Gedankenspiele "erschreckend" gefunden, schreibt Geithner (lt. Ta Nea).

Wenn's denn stimmt, sagt das eine Menge aus über das Verhältnis zwischen Volk und Regierung. Auf der einen Seite diejenigen, die angelogen werden wollen. Und auf der anderen Seite diejenigen, die sich Strategien ausdenken, wie sich dies am besten bewerkstelligen lässt. Und wer dabei hinten runter fällt - erst recht wurscht. Mein Gott, ist das krank…
 
Schäuble ist ein ausgezeichneter und leidenschaftlicher Schachspieler...
 
Wo ist der Sandsack? :suspect:
 
Natürlich wurden auf dem Höhepunkt der Eurokrise alle möglichen Szenarien durchgedacht und intern diskutiert. Es wäre ja auch naiv anzunehmen, die Politik hätte für alle Eventualitäten schon fertige Lösungspläne. Nein, gerade in einer Krise ohne Präzedenzfall mussten die Politiker "auf Sicht fahren", alles Mögliche durchdenken und durchrechnen - und zwar (leider aber notwendigerweise) auch im "stillen Kämmerchen", weil zu frühe Transparenz jeder möglichen Aktion auf dem Finanzsektor den Wind aus den Segeln genommen hätte. Daß Schäuble dem Geithner gegenüber absolut transparent und ehrlich war, können wir auch ausschließen - so dumm ist er nicht. Ein "Grexit" stand aber selbstverständlich als eine mögliche Option im Raum (ein Geheimnis war das ja auch nicht, es wurde ja auch in den Medien darüber berichtet daß das Finanzministerium die möglichen Folgen durchrechnen ließ) - am Ende hat sich die Politik dagegen entschieden.
 
Natürlich wurden auf dem Höhepunkt der Eurokrise alle möglichen Szenarien durchgedacht und intern diskutiert. Es wäre ja auch naiv anzunehmen, die Politik hätte für alle Eventualitäten schon fertige Lösungspläne. Nein, gerade in einer Krise ohne Präzedenzfall mussten die Politiker "auf Sicht fahren", alles Mögliche durchdenken und durchrechnen - und zwar (leider aber notwendigerweise) auch im "stillen Kämmerchen", weil zu frühe Transparenz jeder möglichen Aktion auf dem Finanzsektor den Wind aus den Segeln genommen hätte.

*Das* finde ich ja auch nicht schlimm. Schlimm finde ich, dass Schäubles Kalkulation weniger auf solide und möglichst wirkungsvolle Maßnahmen setzt, um das eigentliche Problem zu lösen, sondern in erster Linie nach Möglichkeiten sucht, um das Volk hinter sich zu bringen - und dabei auch "Angst und Schrecken" als äußerst hilfreiches Mittel mit einbezieht.
 
Oder anders zum Ausdruck gebracht: als ob die Masche neu wäre.
 
Oder anders zum Ausdruck gebracht: als ob die Masche neu wäre.

Aber *so*? Wenn wirklich was auf dem Spiel steht und niemand wissen kann, wie die Folgen (des Grexit) tatsächlich aussehen werden? *Das* als Mittel, um Zustimmung zu bekommen? Dass Politiker gerne mal die Wahrheit so verpacken, dass sie nicht mehr zu erkennen ist - klar. Anders geht's ja auch nicht. Aber *die* Nummer ist mir entschieden zu heftig, auch wenn es nur eine Überlegung war und es am Ende anders gekommen ist. Denn die Überlegung war ernst gemeint, sonst hätte Schäuble sie dem US-Finanzminister nicht vorgetragen.
 
Was glaubst du warum ich inzwischen so politikverdrossen bin? Politik ist ein schmutziges Geschäft, und um da oben mitmischen zu können muss man schon ein hinterfotziger Bastard sein. Da ist das was du beschreibst wirklich keine Ausnahme.
 
Schlimm finde ich, dass Schäubles Kalkulation weniger auf solide und möglichst wirkungsvolle Maßnahmen setzt, um das eigentliche Problem zu lösen, sondern in erster Linie nach Möglichkeiten sucht, um das Volk hinter sich zu bringen .
Ähm… das ist immer das Ziel von Volksparteien. Viel Volk hinter sich zu bringen, egal wie. Schau dir Seehofer an. Oder Berlusconi.
Wählerstimmen sind das einzig interessante, das einzige was zählt. Wenn du ehrlich bist, reicht oft eine einzige Aussage, um Hunderttausende von Wählern und Wählerinnen zu vergraulen, selbst wenn sie in hunderten anderer Punkte mit dir übereinstimmen.
Meiner Meinung nach im parlamentarischen System eines großen Landes kaum zu lösen.
 
Politik ist ein schmutziges Geschäft,
Das ist es vor allem deshalb, weil wir es uns gefallen lassen.
Solange wenigstens knapp die Hälfte aller Menschen in Bayern CSU wählt, völlig egal, was die gerade angestellt haben, und selbst wenn die Leute überall auf sie schimpfen, solange dürfen wir den Politikern eigentlich kaum einen Vorwurf machen. Wenn's geht mit dem Scheiß, warum sollen sie sich dann ändern?
 
Er habe diese Gedankenspiele "erschreckend" gefunden, schreibt Geithner (lt. Ta Nea).

Ich finde den US-Finanzhaushalt erschreckender. Die USA sind pleite und halten sich nur durch Tricks von Monat zu Monat über Wasser. Deren Gedankenspiele möchte ich nicht wissen.
 
Moin,

Deren Gedankenspiele möchte ich nicht wissen.

Ganz einfach: Obama kann nicht wieder gewählt werden, also nur bis zur Wahl irgendwie durchhalten. Hinterher kann man dann ja immer noch sagen, dass die Republikaner alles sabotiert haben (stimmt sogar).
 
Was klar das Debakel einer Demokratie aka "Unterdrückung der Minderheit" in einem zweiparteien System, inkl. aller menschlichen,ego und macht Bedürfnisse der "(nicht) Herschenden" Minderheitsvertreter, zeigt.
 
*Das* finde ich ja auch nicht schlimm. Schlimm finde ich, dass Schäubles Kalkulation weniger auf solide und möglichst wirkungsvolle Maßnahmen setzt, um das eigentliche Problem zu lösen, sondern in erster Linie nach Möglichkeiten sucht, um das Volk hinter sich zu bringen - und dabei auch "Angst und Schrecken" als äußerst hilfreiches Mittel mit einbezieht.

Man muß berücksichtigen, mit wem Schäuble sich da unterhalten hat. Im US-Referenzrahmen ist "Angst und Schrecken" ein vollkommen legitimes Mittel und eine Doktrin ("shock and awe") im Umgang mit anderen Ländern. Wenn Schäuble solche Worte gegenüber Geithner verwendet, will er sicherstellen daß die andere Seite ihn versteht und nicht an der Ernsthaftigkeit der Euroretter anfängt zu zweifeln. DAS wäre nämlich in der Tat ein verheerendes Signal gewesen, das sich durch die engen Verbindungen Geithners zum Finanzsektor schnell verbreitet hätte. Und dann die Eurokrise (durch erneute Währungsspekulationen) garantiert so weit verstärkt hätte, daß sie wohl nicht mehr lösbar gewesen wäre.
 
Hmmm ich bin mit sowas vorsichtig. Es war keiner dabei, vielleicht hat Schaeuble das auch als ironischen Satz gemeint. Wer hat den ueberhaupt aufgeschrieben? Will vielleicht der Geithner auch nur seinem Land sagen: "Gugg mal was der Deutsche fuer Bemerkungen fallen laesst, dagegen bin ich/die USA doch toll"
 
Kann sich Schäuble jetzt eigentlich daran erinnern, ob er 100.000 DM vom Waffenhändler bekommen hat oder immer noch nicht?

zum Thema:
Wäre es zu einem Ausschluss Griechenlands gekommen und die Griechen hätten
wieder eine eigene Währung. Dann würden wir hier nicht mehr über irgendwelche Rettungschirme (für Banken nicht für die Menschen)
diskutieren und wer was wann gesagt hat.
Griechenland hätte dann zwar eine schwache Währung, könnte aber wieder mehr exportieren, deshalb.
Vielleicht noch ein Teil der Schulden erlassen und gut wäre gewesen.

Was jetzt passiert, ist das hinauszögern der Pleite, die ja faktisch schon da ist.

Bislang hat eine Währungsunion auf Dauer noch nie funktioniert.
Es ist so, als würde man ein Rennpferd und eine Kuh
(im Fall der EU sind es jetzt schon 18 Kühe, Rennpferde, Esel und ....)
vor eine Kutsche spannen: Das kann nicht gut gehen.
 
zum Thema:
Wäre es zu einem Ausschluss Griechenlands gekommen und die Griechen hätten
wieder eine eigene Währung. Dann würden wir hier nicht mehr über irgendwelche Rettungschirme (für Banken nicht für die Menschen)
diskutieren und wer was wann gesagt hat.
Griechenland hätte dann zwar eine schwache Währung, könnte aber wieder mehr exportieren, deshalb.
Vielleicht noch ein Teil der Schulden erlassen und gut wäre gewesen.

Kennst du Griechenland? Oder schwätzt du nur die Parolen von Anderen nach, die auch keine Ahnung vom Land haben? Ich habe es in anderen Threads ja schon mehrmals erklärt. Wenn es dich interessiert, lies es bitte dort nach. Ansonsten gilt: wenn man keine Ahnung hat, ...

Fakt ist: GR wäre nach einem erzwungenen "Grexit" total zusammen gebrochen, nicht nur wirtschaftlich, sondern auch gesellschaftlich. Jetzt sind überall im Land leichte Zeichen der Besserung erkennbar, und die Krise scheint überwindbar geworden (wobei jedem klar ist, daß es viele (mindestens 10) Jahre dauern wird, bis man wieder Vor-Krisen-Niveau erreicht haben wird).

Was jetzt passiert, ist das hinauszögern der Pleite, die ja faktisch schon da ist.

das ist faktisch nicht richtig - im Gegenteil.

Bislang hat eine Währungsunion auf Dauer noch nie funktioniert.

Eine einzelne Währung aber auch nicht.
Ausserdem: wenn alles so denken würden, würde die Menschheit noch auf den Bäumen sitzen. Auf zwei Beinen zu gehen - das hat bisher noch nie funktioniert :rolleyes:
 
"(wobei jedem klar ist, daß es viele (mindestens 10) Jahre dauern wird, bis man wieder Vor-Krisen-Niveau erreicht haben wird)"
Wer will das? Warum sollte das angestrebt werden?
 
Was jetzt passiert, ist das hinauszögern der Pleite, die ja faktisch schon da ist.

Völlig richtig. Die Schulden wachsen immer weiter, trotz extremer Sparpolitik und verhängten Zwangsmaßnahmen.

der griechische Schuldenberg ist höher geworden. Er erreichte im vergangenen Jahr rund 175 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Das ist der Spitzenwert in der EU.
http://www.tagesschau.de/wirtschaft/staatsfinanzen100.html

Insolvenzverschleppung auf Kosten der Bevölkerung.
Griechenland ist ja auch nur durch Betrug zum Euro gekommen. Allein aus diesen Gründen sollte man Griechenland nicht im Euro lassen.
Griechenland erschwindelte Euro-Beitritt
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/konjunktur/euro-raum-griechenland-erschwindelte-euro-beitritt-1189739.html

Jetzt ist es sogar so übel, dass man mal wieder tricksen muss.

Schwindel im gegenseitigen Einvernehmen...Nach gängigen Kriterien kein Primärüberschuss....Willkürliche Berechnung.....Rückkehr der "griechischen Buchhaltung"?...Zahlungsrückstände in Milliardenhöhe
http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/griechenland-primaer-ueberschuss-des-krisenlands-ist-ein-trugbild-a-966582.html

Verarschung wo man hinschaut.
 
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