Gesellschaft Die DDR war klasse. Also kein Unrechtsstaat?

Suendenbock

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Hallo Leute,

mich als Westdeutscher würde mal interessieren, wie ehemalige Leute der DDR in diesem Forum zu ihrer Vergangenheit stehen. Gerade in schwierigen Zeiten wie heute ist von vielen Menschen Wehmut nach den Verhältnissen der ehemaligen DDR zu spüren. Man hört oft Aussagen, dass das System doch gar nicht mal so schlecht war und das zwar bewusst Menschen drangsaliert und bedroht wurden, aber vieles einfach falsch dargestellt wird. Was für Erfahrungen habt Ihr da gemacht bzw. wie ist Euer Statement dazu? Danke für Eure Antworten.
 
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Der Mensch neigt einfach dazu, die Vergangenheit zu glorifizieren, also eher die positiven Aspekte zu sehen und die negativen zu verdrängen.
Ist wohl eine Art Selbtschutz....oder Selbstver*rschungsmechanismus.
Früher war alles besser/Die guten alten Zeiten
Bei Adolf/Erich hatte doch alle Leute Arbeit.....uswusw...
Sogar ich finde: Beim Bund wars doch nicht soooo schlecht ;)

Ich war nur Besucher der DDR (jedes Jahr von 1965-1988 14 Tage lang) aber ich kann nur sagen: Den einfachen Leuten gings vor allem am Ende der glorreichen 40jährigen Ära ganz besch....eiden.
 
Tauschen will ich nicht mehr. Sicher gab es Vorteile, jeder hatte Arbeit, Assis gingen in den Knast und lungerten nicht auf der Straße rum, billige Grundnahrungsmittel, Wohnung, Kinderbetreuung, jeder hat nen Ausbildungsplatz bekommen usw. Der Rest war aber eher bescheiden, man mußte halt schon aufpassen was man macht und sagt um keinen Streß zu bekommen, kaum Reisemöglichkeiten, Unterhaltungselektronik sowie alles was höherwertig war -> sehr teuer und kaum verfügbar. Ein Arbeitskollege hatte einen stinkreichen Bruder "im Westen", der hat wie die Made im Speck gelebt, bis auf die Reisemöglichkeiten hatte der auch alles, Golf, Geld ohne Ende durch diverse Tauschaktionen, regelmäßig zum Wochenendeinkauf in den Intershop... Er war aber auch eher die Ausnahme. Wir hatten in Berlin noch Glück was die Versorgung betraf, hier gab es einiges mehr an Waren als außerhalb. Dem Großteil ging es schon schlechter wie jetzt, IMHO.
 
Einige Dinge wie das Schulsystem und die Kinderbetreung waren wirklich sehr gut.
Man hätte, meiner Meinung nach auch bewehrte Dinge übernehmen können, anstatt 20 Jahre später darauf zu kommen das zB Kinderbetreung für viele ein Argument ist Kinder zu bekommen.
Die Repressionen haben den Staat zu Recht ins Aus geschoßen. Eine Diktatur bleibt eine Diktatur, ohne mich vielen Dank, mir ist ein Freiheitlicher Demokratischer Staat lieber.
 
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Schulsystem top, "Nachbarschaftsfürsorge" flop... ;-)

Alles in allem bin ich ganz froh, dass wir 1 Deutschland sind.
Auch wenn ich zugeben muss, dass die DDR ein gewisses Flair hatte.

Aber die Menschen sind die selben geblieben - wenn ich nette Leute wiedersehen will, dann kann ich das auch ohne Maurerkelle tun :)
 
Könnt ihr euer Alter mal dazu sagen?
 
Der musste jetzt sein, ne? :rolleyes:

Gruesse, Pablo


Unglaublich wie empfindlich manche Leute noch 70 Jahre danach sind.

Und wenn ich jetzt sagen würde, dass ich z.B. Anhänger der Hutu bin regst du dich natürlich nicht auf, oder?

Sicher weißt du nicht mal, wer die Hutu sind...dein Denkmodell verurteilt nur Deutsche als Nazis...
 
...es war lustig, es war schön und manchmal traurig, ...jetzt ist es lustig, schön und manchmal traurig, nur etwas anders.

Gruß eine ehemalige Ostpocke
 
Es gab Berlin Haupstadt der DDR - bestens versorgt - und es gab noch Suhl - Sozialistisch unterentwickeltes Hinterland - und ja die Kinderbetreungsmöglichkeiten waren im Rückblick betrachtet das größte Plus der DDR.

Ach ja, die DDR war ein Unrechtsstaat ...


mfg.
 
Aber schön war es doch, Bier 48 Pfennig, oder Entenbrust, Kartoffeln, Rotkohl, Krautsalat und ein Bier für 5 DDR-Markt.
 
Das Phänomen des spätsozialistischen Staates (ca. 1970-1990) ist hochkomplex und mit Begriffen wie «Unrechtsstaat» nicht ausreichend zu greifen - zumal, wenn man die ambivalente Haltung vieler ehemaliger Bürger zur Sowjetunion/DDR usw. verstehen möchte.

Ein «Unrechtsstaat» war die DDR in vielerlei Hinsicht gewiss, das ist kaum abzustreiten. Jedoch leitet sich dieser Begriff von der Totalitarismustheorie ab und betrachtet nur einen Aspekt des Staatssozialismus.
Die Totalitarismustheorie (entwickelt von Friedrich/Brzezinski bzw. Hannah Arendt) sieht den totalitären Staat als mehr oder minder reibungslos funktionierender, von oben nach unten beherrschter Staat, in dem alle lebensweltlichen Bereiche durch Terror und Gewaltanwendung vom Staat beherrscht werden.
Dem ist nicht nur entgegenzuhalten, dass es sich um einen westlichen Kampfbegriff aus der Zeit des Kalten Krieges handelt - auch ist die auf die Herrschaft beschränkte Perspektive zu einseitig. (Ausserdem ist die Totalitarismustheorie sehr statisch angelegt und erklärt nicht den Zusammenbruch der sozialistischen Staaten in den späten 80er/frühen 90er Jahren.)

Neue Theorien versuchen daher auch, die «einfachen Bürger» ins Auge zu fassen.
War die DDR nicht totalitär? Einen totalitären Anspruch hatte sie in jedem Fall. Nur konnte dieser nicht in allen Fällen von der Theorie in die Praxis umgesetzt werden. Sprich, es gab gewisse Zonen/Sphären, in denen nicht oktroyiert, sondern eher ausgehandelt wurde.
Nicht nur die Mächtigen besitzen Macht, auch die Beherrschten haben in gewisser Hinsicht eine Macht - und sei es nur die, «Nein» zu sagen oder der 1.-Mai-Demonstration fernzubleiben (auch diesen Aspekt übersieht die Totalitarismustheorie).

Machtansprüche werden also nicht in allen Fällen einfach von oben nach unten befohlen, sondern ausgehandelt. Oftmals sind Kompromisse, die der Staat eingehen muss, die Folge.
Eine relativ starke Verhandlungsmacht besassen die DDR-Bürger z.B. auf der untersten Ebene der Lokalpolitik und in den Betrieben. Hier konnte durchaus eine wechselseitige Kommunikation zwischen Bürgern und lokalen Parteifunktionären entstehen (die lokalen Parteifunktionäre waren oft auch in die Dorfgemeinschaft integriert, also sowohl Parteimitglieder als auch Mitglieder der Gesellschaft. D. h. die einseitige Dichotomie Staat/Partei auf der einen und Bevölkerung auf der anderen Seite ist hier unzutreffend).

Ein weiteres Erklärungsmodell für das Ostalgiephänomen ist das Konzept der «Fürsorgediktatur» von Konrad Jarausch. Jarausch geht von einem ungeschriebenen sozialen Vertrag aus, demzufolge die Bevölkerung sich mit Kritik und offenem Widerstand zurückhielt und im Gegenzug nicht nur von der Stasi in Ruhe gelassen wurde, sondern auch ein gewisses Mass an Sicherheit und materiellen Gütern erhielt (sprich: Arbeitsplatzgarantie, Konsumgüter (trotz Schlangen vor den Geschäften) usw.).

Viele DDR-Bürger zogen sich daher ins Privatleben zurück (die berühmten «Nischen»: zB Wochenenden in der Datsche oder der Hobby-Boom in den 70er Jahren) und beschäftigten sich weniger mit politischen Problemstellungen. Daher sind heute bei manchen Ostdeutschen die «heile Welt»-Erinnerungen präsenter als die prekäre politische Situation.

Wichtig ist auch die Wahrnehmung der staatlichen Unterdrückung: Obwohl die Stasi in den 80er-Jahren so gut vernetzt und ausgebaut war wie nie zuvor, waren die Repressionsmassnahmen so subtil, dass sie oftmals nicht bewusst wahrgenommen wurden.
Für weitere Erklärungsansätze, siehe Martin Sabrows «Konsensdiktatur», Jürgen Kockas «Durchherrschte Gesellschaft». Ganz wichtig auch der Begriff «Eigen-Sinn» (geprägt von Alf Lüdtke und weitergeführt von Thomas Lindenberger).
 
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Die DDR war Scheiße. Alles war voller Transparente, immer rot mit weißer Schrift: »Die Lehre von Karl Marx ist allmächtig, weil sie wahr ist!« Ein verspießerteres Land als die DDR gab's doch auf der ganzen Welt nicht, selbst Polen oder die Tschechoslowakei waren weltoffen und kosmopolitisch gegen diese Hölle aus Trabbis, Würzfleisch und Karo-Dunst. Dumpfer Ausländerhass ohne Ausländer, Schwarze wurden als Bimbos, Vietnamesen als Fidschis beleidigt, die eingeschränkte Presse verblödete die von Natur aus schon nicht sehr helle Bevölkerung völlig. Die sichere Arbeitsstelle und das immer ausreichende Einkommen förderte die Debilisierung weiter, so dass man im Ostblock die DDRler an ihren stonewashed Jeans und merkwürdigen Jacken schon erkannte, bevor sie auch nur den Mund aufmachten.
Im ganzen Land gab es wohl keinen einzigen Hausaufgang mit nicht wenigstens einer Tür, an der ein ovales Holzplättchen mit Rinde angebracht war, auf das mit Lötkolben »Haxen abkratzen!« eingebrannt war. Die Anbetung von Autos und Eigenheimen hatte längst irrationale Züge angenommen, aber am meisten nervte, dass ununterbrochen vom Essen geredet wurde. In der Schule gab es mehrmals in der Woche Fahnenappell und der Rest der Gesellschaft wurde mit Parteilehrjahren und unfähigen Sekretären auf allen Ebenen in den Wahnsinn getrieben. Während man nach Theaterkarten oder Südfrüchten anstand, konnte man in den Zeitungen von den immer größeren Erfolgen und der weiteren Vervollkommnung aller Bereiche lesen.
Obwohl ununterbrochen über die schrecklichen Zustände im Westen berichtet wurde, konnten sie die Leute von der Flucht dorthin nur abhalten, indem sie sie an der Grenze erschossen und durch Todesstreifen, Mauer, Igelmatten und Selbstschussanlagen abschreckten.
Traumberuf in diesem Land war schon für die 18-jährigen der Rentner. Der Tod schreckte nicht sehr, man war ja sowieso schon lebendig begraben. Alle soffen wie irrsinnig und fraßen ohne Pause Bouletten. Die DDR hatte den höchsten Pro-Kopf-Verbrauch an Fleisch und Schnaps, das waren die einzigen beiden Bereiche, in denen das Land tatsächlich führend war in der Welt. An den Imbissen konnte man sich noch aussuchen, ob man statt Boulette vielleicht Bockwurst wollte. In der DDR waren alle schlecht ernährt, aber überfressen, sie stanken übel und furzten ununterbrochen. Die einzige Möglichkeit, was anderes als Fleischabfälle zu essen, waren Rohkost oder Mohrrüben.
Das Ganze war ein feudalistisches System, dem nur Ignoranten und Idioten etwas Fortschrittliches abgewinnen konnten. Meine Urgroßeltern hatten schon vor dem ersten Weltkrieg in einem abgelegenen Forsthaus in der Uckermark Telefon gehabt, meine Mutter dagegen wartete nach ihrem Antrag auf einen Fernsprecher 30 Jahre vergeblich auf diese technische Errungenschaft und würde wohl heute noch harren müssen. Technisch war das Land also auf den Stand von vor 1900 zurückgefallen, gesellschaftlich befand es sich im Mittelalter, ein feudalistischer Staat mit General- und Parteisekretären statt Königen und Lehnsherren. Nur dass die Feudalherren ehedem geschmacklich nicht so auf Schrankwände, Alkohol und Fleisch fixiert waren wie die neuen proletarischen Herrscher.
Der Kunstgeschmack der SED und die Ausstattung waren extrem hausbacken. Wenn irgendwas auch nur den Ruch einer Neuerung hatte, wurde es komplett abgelehnt, lieber sollte das Volk weiter mit Autos aus den 20er-Jahre fahren. Die in dieses unappetitliche Biotop verpflanzten RAF-Leute fühlten sich sehr wohl.
Alles war schmierig und braun, die Kleidung, die Parkas, die Tapeten und die Holzimitate aus Kunststoff. In den Zugabteilen stank es in den Nichtraucherwagen nicht weniger als in denen für Raucher, die Menschen bekamen statt weißer Haare so gelbliche von den Ausdünstungen, denen man nirgends entgehen konnte.
Die ganze Literatur war zum Kotzen, ausgerechnet die größten Bonzen wie Hermann Kant konnten sich, geschützt durch ihre hohen Stellungen, in ihren Veröffentlichungen am rebellischsten gebärden. Wer dagegen auch nur andeutete, dass die DDR ein schleunigst zu korrigierender Irrtum der Geschichte war, kam in den Knast.
Sadistischer Alltagsterror von Verkäuferinnen und Kellnern sowie den Beamten in den Behörden trieben die Leute in den Selbstmord, wenn sie nicht von der Musik völlig irre wurden. Denn die war auch die Hölle, Hauff & Henkler, Karat und die Puhdys, als John Lennon einem Attentat zum Opfer gefallen war, schockierte und verblüffte uns ein Mitschüler mit der unglaublichen Mitteilung: »Die haben einen von den Puhdys erschossen.« Schön wärs gewesen. Die Lieder »Sing, mein Sachse, sing!« und »Ich bin der letzte Kunde« waren die größten Erfolge der volkseigenen Musikproduktion, die es sogar bis in die Westsender schafften.
Kein Wunder, dass die progressive Jugend den Punk favorisiert und sich auf der Tanzfläche lieber im Pogo blutig trat, als weiter auf die neuesten Hervorbringungen in dieser Richtung zu warten. Was sollte nach »Karussell«, »Stern Meißen«, Muck und Inka eigentlich noch kommen? Das attraktivste am Punk war, dass es eben keine Massenbewegung war, in Ludwigsfelde gab es einen Punk, in Berlin schon mehr, aber die Szene war überschaubar.
Dieses Rauhfaser-Toilettenpapier, damit auch noch der letzte ***** rot wurde. Diese DDR-Nostalgie hat mit dem Land von damals gar nichts zu tun, »Schwalben« fuhren seinerzeit nur dicke Genossenschaftsbäuerinnen und wer sich an die peinlichen Träger der verschiedensten Trainingsjacken erinnert, kann deren Wiederkehr an trendigen Stadtbewohnern nur idiotisch finden.
 
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Reaktionen: MacEnroe und Compikub
Du scheinst ja ein ganz großer Auskenner zu sein...

Der Text stammt ja nicht von mir. Ich selber halte mich mit Urteilen über die ehemalige DDR lieber zurück. Sonst ist das Thema hier schnell geschlossen.:cool:
 
Der Text stammt ja nicht von mir. Ich selber halte mich mit Urteilen über die ehemalige DDR lieber zurück. Sonst ist das Thema hier schnell geschlossen.:cool:

Dann sollte man wenigstens schreiben, dass der Text eine überzogene Satire ist. So wie es da jetzt steht ist es eine Beleidigung für alle Ex-DDR-Bewohner...
 
Dann sollte man wenigstens schreiben, dass der Text eine überzogene Satire ist. So wie es da jetzt steht ist es eine Beleidigung für alle Ex-DDR-Bewohner...
Dann sollte man lernen zwischen den Zeilen zu lesen.:D Also ich komme aus der EX DDR, bin allerdings einige Zeit vor der Wende aus dem Land gegangen worden. Prinzipiell weiß ich schon worüber ich reden und welche Texte ich hier reinsetze.
 
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