Ich bin 35 und hatte inkl. meiner Ausbildung 15 Jahre den gleichen Arbeitgeber. [...] der Job war immer herausfordernd, abwechslungsreich und hat mir Spaß gemacht. Nur beim Geld hat es gehakt. Es waren einfach immer 30-40 % zu wenig. [...] Wenn man 15 Jahren das Rad dreht dann hat man so viel Routine dass man da einen gewissen Vorsprung hat, auch den Chefs gegenüber. Du bist allen fachlich und strategisch überlegen. Du findest in deiner Toolbox immer eine Lösung [...]
Exakt gleiche Situation bei mir, nur dass es sich um ein Unternehmen in der Global Fortune 10 handelt mit fünfstelliger Mitarbeiteranzahl. Nach einem Jahrzehnt fehlen mir die Sprünge beim Gehalt, die bei einem Jobwechsel schließlich immer deutlich größer ausfallen als Gehaltserhöhungen. Aber Vollzeit ist der Job nur mehr am Papier, aufgrund der Routine und fortschreitenden Automatisierung bewältige ich die Arbeit in der Hälfte der Zeit und hab zuletzt neben dem Studium in meinen 20ern ein Büro von innen gesehen. Ergebnis ist dass ich das Kochen als Hobby entdeckt habe und nun von Mo-Fr koche, oft mit dem Headset am Ohr und dem Laptop auf der Küchentheke.
Soweit so gut, nur man hört ja immer häufiger, dass Rente ab 70 im Raum steht, Handwerker das wohl nicht können, aber Menschen die "nur" im Büro sitzen allerdings schon. Nebenbei sei direkt mal die Serie "Severance" empfohlen.
Der Fernsehempfehlung kann ich mich anschließen. Ein Verwandter ist Mitte 60, fit, Sportler, selbstständig, und hat jetzt die Diagnose Hirntumor bekommen. Vom Radar verschwunden, inzwischen sehe ich, Insolvenz angemeldet, Rechnungen nicht mehr bezahlt. Dürfte ihm jetzt nicht mehr so wichtig sein das ganze Berufsleben...
Ein Familienfreund war bis Mitte 2022 Krankenhaus-Oberarzt: Er hätte jetzt genug gesehen dort, dass ihn das Berufsleben nicht mehr interessiert.
Wir haben peak child erreicht, das bedeutet die globale Geburtenrate kann die Anzahl der Kinder auf der Welt nur mehr konstant halten, diese Kinder aber leben länger und länger, sodass auf immer mehr ältere Menschen eine unveränderte Zahl an jüngeren Menschen kommt. Es gibt also in Relation zur ganzen Gesellschaft immer weniger gesunde, junge Menschen, die das Rad des Kapitalismus' am Laufen halten können (falls sie überhaupt wollen).
Und sie wollen nicht! Ich will nicht, das Gesundheitspersonal das über die letzten Pandemiejahre hingeschmissen hat will nicht, und der "Fachkräftemangel" wird auch nur mehr schlimmer werden. Wir haben die Fachkräfte, nur sie wollen nicht zu diesen Bedingungen arbeiten und schon gar nicht bis sie 70 sind. Wo sie dann trotz Einzahlung ins "schwarze Loch" wie es hier genannt wurde, keine adäquate Pflegeversorgung bekommen werden. Und das wissen sie, weil die Pflege heute seit langer Zeit am Ende und spätestens jetzt weit übers Limit hinaus ist.
"Ha, du bist also die arme Sau die jetzt den Scheiss machen muss. Hier funktioniert nix." [...] aber dass man zumindest vernünftige Hardware bekommt, einigermaßen das machen kann/darf wofür man eingestellt wurde und zumindest nicht immer mit extrem demotivierten/hinterhältigen Kollegen arbeiten muss sollte doch eigentlich möglich sein. Aber in meiner Welt scheinen das sehr schwer zu erreichende Wünsche zu sein.
So kann man unter den eigenen Kollegen reden aber mir würde es nicht im Traum einfallen einem Mitarbeiter den ich nicht gut kenne auch nur scherzhaft zu sagen er sei eine arme Sau... wenn es schon an der Hardware scheitert, oder gar Kollegen hinterhältig sind, dann weißt eh schon was los ist bzgl. Unternehmenszukunft. So eine Firma kenne ich, wo vom amerikanischen Mutterschiff herab Einsparungen forciert wurden. Das hat dann dazu geführt, dass auch für verpflichtende Onsite-Kundentermine Approvals einzuholen waren, die schlicht nicht gegeben wurden. So fehlte die Erlaubnis den Flug zu buchen, während man bis zum letzten Tag vertröstet wurde, und dem Kunden musste 24 Stunden vorher abgesagt werden. Den Kunden haben die natürlich verloren, das waren wir, ich hatte da einen guten Draht zu dem Zulieferer, die Mitarbeiter mit denen ich damals zu tun hatte gibt es auch nicht mehr, die Jobs wurden alle ausgelagert, nach Indien, Vietnam, Philippinen...
Das Management ging nach dem Schema "penny wise and pound foolish" vor, also auf jeden Cent schauen aber dadurch dem Getriebe Steine reinwerfen bis die Verluste die Einsparungen x-fach übertreffen. Dann noch weiter einsparen wegen der nun größeren Verluste, eine Teufelsspirale weil sich die Manager weiter oben auf ein Reporting verlassen, das die echten Gegebenheiten aufgrund der Komplexität niemals richtig abbilden kann.