Die Akte Siemens

chrischiwitt

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Mir fehlen ein weinig die passenden Worte........

Erst verkauft Siemens die Handyschiene an Benq, die gehen angeblich pleite, um fröhlich im Osten weiter zu produzieren.

Jetzt zieht die Hausgeräte-Schiene nach.
Von Berlin in den Osten, da dort flexibel bei längerer Wochenarbeitszeit für 4 Euro/Std. gearbeitet wird, von da aus bald nach Lodz (für 200 -300 Euro im Monat), später in die Türkei, für noch weniger Lohn.

Analog gönnen sich die Chefs hier massiv erhöhte Löhne, ihre Rolex, ihren Jaguar, ihren Palast, ihren sonstigen Luxus.

Ich frage mich oft genug, ob diese abgehobenen Konzernchefs überhaupt begreifen, was sie dem Produktionsstandort Deutschland antun.
Das Land quillt über vor cleveren Menschen ohne Beschäftigung, die sich drum reissen würden, wieder in Lohn und Brot zu stehen. Zu Löhnen, die ihnen ein einigermaßen vernünftiges Leben sichern und Beschäftigungsmodalitäten, die der Verblödung vorbeugen.

Aber nein, man verlegt in Billiglohnländer, um den eigenen finanziellen Zuwachs nochmals zu erhöhen.

Ich fass es einfach nicht, daß hier die Politik nicht einschreitet und diese Abwanderung zulässt. Die müssen doch mal wach werden!?

Verdammt nochmal, ich bin selbst betroffen. Möchte nen Job haben und finde keinen, da auch hier ein Laden nach dem anderen dicht macht.
Aber ich muss mich vom Amt gängeln lassen und von der Grundversorgung leben, kann aber selbst kaum etwas bewirken.
Das kann es nicht sein.

Platz für Eure Meinung.
 
Stimme dir zu. Muss dich aber in einem Punkt korrigieren, in Polen wird garantiert nicht für 200-300 Euro gearbeitet. Eher 400-500.

Ansonsten leider die traurige Wahrheit. Ich finde die Vorstandsgehälter einfach übertrieben. Reicht es nicht, wenn man 1-1,5 Millionen Euro im Jahr verdient? Müssen es 3 oder sogar 4 Millionen sein? Ich denke das steht einfach nicht mehr im Verhältnis zur Leistung. Und die ist offensichtlich nicht gut, sonst hätten wir die Misere mit Benq nicht.
 
Im Spiegel war neulich ein wunderbares Interview mit Dr. Wendelin Wiedeking, das sich auch mit dem Thema beschäftigt.

Wenn mehr Manager so denken würden wie der Porsche Chef, dann hätte Deutschland einen ganzen Haufen Probleme weniger.

Alex
 
Porsche wollte für einen neuen Produktionsstandort (Dresden?) auch keinerlei öffentliche Zuschüsse haben. Als gewinnbringende profitable Firma hätte man soetwas nicht nötig. BMW wars glaube ich, im gleichen Zeitraum kassierte für ein neues Werk kräftig ab.

Alles Sch*** Heuschrecken, um das Müntezitat zu bringen!

Uria aalge
 
Diplomac schrieb:
....... in Polen wird garantiert nicht für 200-300 Euro gearbeitet. Eher 400-500.......

.......Ich finde die Vorstandsgehälter einfach übertrieben. Reicht es nicht, wenn man 1-1,5 Millionen Euro im Jahr verdient? Müssen es 3 oder sogar 4 Millionen sein? ............

In dem TV-Bericht (war es Spiegel TV?) wurden Menschen in Polen, an der Werkstür, befragt, die eben diese Summen angaben.

Ich wüsste ehrlich gesagt gar nicht, wie ich ein Jahresgehalt von 1 Mio. Tacken anlegen geschweige denn unter die Leute bringen sollte.
Könnte mir lediglich vorstellen, damit aus eigenem Antrieb Bedürftige zu unterstützen. Oder in die Schaffung von Arbeitsplätzen zu investieren.
Wer mal selbst betroffen war, denkt sicherlich anders als ein Bonze, dem alles hinterhergeworfen wird.

Die Situation in Deutschland ist einfach traurig. Wer sich irgendwo auf einen hohen Posten gemogelt hat, bekommt mehr, als er nötig hat. Wer unten ist, bekommt nen Tritt in den Allerwertesten.
 
Uria aalge schrieb:
(...)
Alles Sch*** Heuschrecken, um das Müntezitat zu bringen! (...)

Halb OT: Gerade Herr M. war wesentlich mitverantwortlich dass dieses Heuschreckensystem solche rentablen Ausmaße annehmen konnte.

Gruß und so, Shaddy
 
below schrieb:
Wenn mehr Manager so denken würden wie der Porsche Chef, dann hätte Deutschland einen ganzen Haufen Probleme weniger.

Alex

Das wäre dann ja schon fast nicht zum Aushalten :D

Nee, aber nun mal im Ernst. Herr Wiedeking weiss, was für eine Firma wichtig ist. Sieht man ja auch daran, dass vor ein paar Jahren Porsche mehr tot als lebendig war. Und nun haben sie die Kohle, um sich ordentlich bei VW einzukaufen.

Ich hab irgendwann (schon länger her und Quelle unbekannt) gelesen, dass bei Porsche der Shareholder-Value an letzter Stelle rangiert. Der Kunde steht an 1. Stelle. Das scheinen viele Manager vergessen zu haben. Denn eigentlich sollte ja der Kunde König sein, denn der bringt schliesslich die Kohle in das Unternehmen. Wenn man sich dann auch noch um die Mitarbeiter kümmert, wirkt sich das zum Einen auf die Motivation (und somit auf die Arbeitsleistung) aus und zum anderen prägt es auch das Bild des Unternehmens in der Öffentlichkeit. Und zwar hinterlässt es einen besseren Eindruck, als ein Manager, der in die Kamera lächelt und erzählt, was er für ein toller Kerl ist, nachdem er sich "verzweifelt" gegen die Übernahme durch einen britischen Mobilfunkanbieter gewehrt hat. Bei den Abfindungen, die heutzutage gezahlt werden, würde ich mich auch wehren :D
 
chrischiwitt schrieb:
Ich wüsste ehrlich gesagt gar nicht, wie ich ein Jahresgehalt von 1 Mio. Tacken anlegen geschweige denn unter die Leute bringen sollte.

Man darf diese Diskussion nicht in eine Neidfrage abgleiten lassen. Wenn jemand an der Spitze eines profitablen Unternehmens steht, dann soll er auch einen entsprechenden Anteil davon haben. Natürlich kommen da teilweise enorme Summen raus, aber wenn das Unternehmen gut läuft und auch die Angestellten gut bezahlt werden, dann darf der Chef ruhig ein paar Millionen bekommen. Denn genauso wollten wir für unseren Anteil am Unternehmenserfolgt auch beteiligt werden.

Was mit nicht gefällt sind Dinge wie der Fall Karstadt: Da ist ein Unternehmen in eine Schieflage geraten, weil das Management die falschen Entscheidungen getroffen hat. Nicht weil die Verkäufer nicht genug verkauft haben, da waren es klar und deutlich die strategischen Ausrichtungen, die zum Problem wurden.
Und was passiert? Es werden Leute entlassen, das Gehalt gekürzt etc.
Aber denen, die die falsche Strategie eingeschlagen haben passiert gar nichts.

Es gibt in Deutschland Manager, denen gönne ich jeden einzelnen Cent Ihres* Millionengehalts. Sie führen profitable Unternehmen, und sichern Arbeitsplätze. Das muss man erstmal nachmachen.

Aber es gibt da Leute, da fragt man sich, was eigentlich deren Motivation ist.

Alex
 
chrischiwitt schrieb:
Ich wüsste ehrlich gesagt gar nicht, wie ich ein Jahresgehalt von 1 Mio. Tacken anlegen geschweige denn unter die Leute bringen sollte.
Könnte mir lediglich vorstellen, damit aus eigenem Antrieb Bedürftige zu unterstützen. Oder in die Schaffung von Arbeitsplätzen zu investieren.
Wer mal selbst betroffen war, denkt sicherlich anders als ein Bonze, dem alles hinterhergeworfen wird.

Richtig! Aber anscheinend ging es den Herren bei Siemens noch nie schlecht!
Ich finde es utopisch zu glauben, man könne die Vorstandsgehälter soweit runter bringen, dass sie immernoch weit von der Armutsgrenze entfernt leben (angenommen 0,5 Millionen Euro). Dies hätte nur zur Folge, dass diese Abwandern.
Aber ein Gehalt von 5-10 Millionen oder mehr ist einfach nur unverhältnissmäßig. Dass diese Leute sich dann noch in die Öffentlichkeit mit Entlassungen oder Sparmaßnahmen trauen, ist der Gipfel der Frechheit.
 
Diplomac schrieb:
…Dies hätte nur zur Folge, dass diese Abwandern…

Was wäre so schlimm daran, wenn einige Manager gehen?

Das Problem ist nur, dass es normalerweise die Firma noch dicke Kohle kostet, wenn man einen Manager loswerden will. Die bekommen immer Kohle. Egal, ob sie was drauf haben oder die Firma mit Vollgas gegen die Wand fahren.
 
Naja, "einige" ist gut. Wenn die in Frankreich/USA oder sonstwo das zehnfache bekommen, werden wohl die Wenigsten hier bleiben. Aber darum gehts im Prinzip gar nicht.

Wie du schon sagst, auf unterster Ebene wird ewig über Altersteilzeit diskutiert und Leute fordern eine Beschäftigungsgarantie, aber wenn ein Manager wegen schlechter Führung das Haus verlässt, gleicht das nem 6er im Lotto (ok, nicht diese Ziehung :D).
 
Uria aalge schrieb:
Porsche wollte für einen neuen Produktionsstandort (Dresden?) auch keinerlei öffentliche Zuschüsse haben.

(der richtigkeit halber. es war das porsche werk in leipzig welches porsche auf eigene kappe finanziert hat.)

dicke gehälter für topmanager sind ja auch ok, wenn die erbrachte leistung stimmt. tausende entlassen und sich zur belohnung noch ein paar millionen extra im jahr gönnen. :mad:

geiz ist geil mal anders...
 
Diplomac schrieb:
Naja, "einige" ist gut. Wenn die in Frankreich/USA oder sonstwo das zehnfache bekommen, werden wohl die Wenigsten hier bleiben. Aber darum gehts im Prinzip gar nicht.

Deutsche Manager sind allerdings weder in Frankreich noch den USA sonderlich gefragt, so daß sich das Problem der Abwanderung auch in Grenzen halten dürfte ;)
 
Langsam, alte Frau schaut sich noch woanders um.

@ below:
Alex, Du hast eben Karstadt genannt. Die beiden hiesigen Läden kenne ich von klein auf. FRÜHER konnte man dort gut einkaufen. Aber seit mindestens 10 Jahren setzen die auf´s falsche Pferd, das Angebot ist blöd und schlecht sortiert, die Gestaltung der "Konsumtempel" undurchsichtig und wenig einladend. Zumindest hier in Kiel. Ich kauf da nur noch ungerne ein, lediglich die gute, aber völlig überteuerte Lebensmittelabteilung kann mich reizen.

@ den Rest:
Es geht mir nicht in den Kopf, warum ein Manager / Konzernchef so dermaßen überhöhte Löhne bekommen soll.
Natürlich, er mag Entscheidungen treffen. Aber vor all den Entscheidungen stehen "niedere" Mitarbeiter, die für ihn vordenken, ihm jeden Kleinkram abnehmen und den Tritt in den Hintern bekommen, wenn sie falsch gearbeitet haben.
Ich habe vor Jahren in einer international vertretenen Firma gearbeitet, die Entwässerungsrinnen herstellt. Die mit den 3 Buchstaben, fast jeder tritt drauf rum. Chef hat ein Höllengeld verdient, er war irgendwo ein Kind, supernett, sympathisch, begeisterungsfähig, - wir möchten uns - doch über seinen Schreibtisch und die Vorlagen seitens der Sekretärin kam er nicht hinaus. Sprich, eigentlich wusste er nicht, was abgeht. Dem konnte man einen vom Bären erzählen.
Warum sollte der das zehnfache meines damaligen Monatslohnes bekommen? Er hat nicht mehr, nur anders gearbeitet.
 
Shaddy schrieb:
Halb OT: Gerade Herr M. war wesentlich mitverantwortlich dass dieses Heuschreckensystem solche rentablen Ausmaße annehmen konnte.

Gruß und so, Shaddy

Das ist mir durchaus bekannt. Herr M. und seine Partei sind garnicht so sozial wie der Parteiname suggeriert. Aber er hat dieser Abzockermentalität einen Namen gegeben.

Uria aalge
 
chrischiwitt schrieb:
Warum sollte der das zehnfache meines damaligen Monatslohnes bekommen? Er hat nicht mehr, nur anders gearbeitet.

Wir können alle nicht mehr, sondern nur anders arbeiten. Jeder hat nur 24 Stunden am Tag.

Man muss hier immer differenzieren. Die Frage, warum X mehr verdient als Y ist nicht leicht und platt zu beantworten. Als ich noch Angestellter war gab es durchaus Leute, die fanden das wir -- die doofen Softwareentwickler -- überbezahlte Idioten waren. Das ich ein mehrfaches der Sekretärin verdient habe fand ich nicht dadurch gerechtfertigt, dass ich mehr gearbeitet habe -- ich habe anders gearbeitet, und meine Bezahlung fand ich vollkommen in Ordnung.

Nein, das wirkliche Problem ist das der Verantwortung. Aber auch da muss man ja vorsichtig sein: Dr. Wiedeking ist in der glücklichen Lage, dass ihn die internationalen Fonds nicht jagen. Alle Stimmberechtigten Porsche Aktien sind im Besitz der Familie Porsche/Piech.
Wenn andere Firmenbesitzer mit dem Gehalt der Vorstände zufrieden sind, dann finde ich das zum Teil nicht nachvollziehbar. Aber es ist nicht nur die Schuld derjenigen, die das Gehalt beziehen.

Alex
 
below schrieb:
Dr. Wiedeking ist in der glücklichen Lage, dass ihn die internationalen Fonds nicht jagen. Alle Stimmberechtigten Porsche Aktien sind im Besitz der Familie Porsche/Piech.

und die moral von der geschichte:

arbeite nach möglichkeit nicht für ein börsennotiertes unternehmen ;) :D
(außer als manager des ganzen)
 
stürzen wir das system! uns gehört die fabrik! verzichten wir alle, damit alle gleich viel haben! macs aus dem fenter, imperialisten maschinen!

ich geh jetzt ins bett, gute nacht...
 
@ below:

Ich bin vor vielen Jahren mit einem Programmierer dick befreundet gewesen.
Und der hat jeden Pfennig seines Gehaltes verdient. Er hat selbst Hand angelegt und die Nächte durchgeabreitet.
Sowas soll auch bezahlt werden.

Aber es darf keine Mio und mehr geben für Menschen, die andere für sich schaffen lassen und eher die Person sind, die das Unternehmen nach aussen hin repräsentieren, ohne selbst großartig einen Handschlag zu tun.

Seit Jahren hab ich schon eine Idee, die die Politik aber nicht durchsetzen wird.
Alteingesessene Traditionsunternehmen dürfen ja gerne in Billigländer abwandern. Aber im Gegenzug sollen sie gefälligst einen gewissen, nicht zu knappen Prozentsatz ihres Jahresumsatzes an den deutschen Staat abgeben, damit der die Menschen finanzieren kann, die eben diese Unternehmen aus Lohn und Brot entlassen haben.
Wer sich so aus der Verantwortung verkrümelt, sollte zumindest die Schäden beheben, die er verursacht hat. Und sie nicht dem ehrlichen Steuerzahler aufbürden.
 
chrischiwitt schrieb:
@ below:

Ich bin vor vielen Jahren mit einem Programmierer dick befreundet gewesen.
Und der hat jeden Pfennig seines Gehaltes verdient. Er hat selbst Hand angelegt und die Nächte durchgeabreitet.
Sowas soll auch bezahlt werden.

Aber es darf keine Mio und mehr geben für Menschen, die andere für sich schaffen lassen und eher die Person sind, die das Unternehmen nach aussen hin repräsentieren, ohne selbst großartig einen Handschlag zu tun.

Ich nehme an, Du stimmst mir zu wenn ich sage, dass man nicht die Nächte durcharbeiten muss, um als Programmierer sein Geld zu verdienen. Das machen viele, aber die Leistung die bezahlt wird ist ja das denken, nicht die Anwesenheit oder die Anschläge pro Minute.

Und ich wiederspreche Dir im zweiten Punkt: Die Repräsentation eines Unternehmens nach aussen kann unglaublich wichtig sein. Und auch da sage ich: Ob jemand 4, 8 oder 18 Stunden am Tag arbeitet: Wenn der Vorstandschef zur richtigen Zeit das richtige sagt, dann ist er sein Geld wert.

Bei manchen Vorständen (z.B. auch Jürgen Weber, DLH) sage ich einfach: Respekt! Ich würde da mit Sicherheit nicht zur richtigen Zeit das richtige sagen.

Das Problem sind nicht die nackten Zahlen. Das Problem ist eben, dass man als Vorstand oder CEO anscheinend ein Unternehmen gegen die Wand fahren kann, ohne persönliche Folgen fürchten zu müssen.

Alex
 
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