Uind was heißt das ganz konkret?
Ethisch handeln heißt so zu handeln, dass die Interessen aller Beteiligten so gut wie möglich berücksichtigt werden, wobei man bestimmte Grundbedürfnisse voraussetzen darf, beispielsweise den Wunsch, weiterleben zu dürfen. Als Corona ausbrach, tauchten vermehrt Philosophen und andere mit Ethik befassten Menschen in den bekannten Talkshows auf, und das war kein Zufall: Was wiegt schwerer, das Recht der älteren Generation auf Schutz vor einer potenziell tödlichen Gefahr oder - auch nicht unwichtig! - das Recht der Kinder auf Bildung und Entwicklung? Wie sollen Ärzte entscheiden, wenn nicht mehr alle Patienten versorgt werden können? Darf man die Bürger zu einer Impfung verpflichten, die sehr seltene, aber im Eintrittsfall krasse Nebenwirkungen hat, einen schweren Krankheitsverlauf mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit verhindert, aber kaum Ansteckungen?
Das sind ethische Fragen, eine spannender als die andere.
Der Ukrainekrieg wirft ähnliche Fragen auf. Da die Ukraine nur solange Gegenwehr leisten kann, wie sie mit westlichen Waffen versorgt wird, und da der Westen dem Aggressor nicht einfach das Handwerk legen kann, weil der leider das größte ABC-Waffen-Arsenal der Erde besitzt, und weil wir allzu vieles allenfalls zu wissen meinen, aber nicht wirklich wissen, ist das Setting höllisch kompliziert. Klar ist: Einfach weiter Waffen in den Krieg zu geben bedeutet, ihn zu verlängern und weiter zu brutalisieren, mit ungewisser Dauer. Dies dürfte im Hinblick auf die unzähligen Opfer und die massiven Zerstörungen mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit ethisch falsch sein. Der erste Schritt wäre, sich von der "Je suis Ukraine(-Führung)"-Doktrin zu lösen, um zuerst das Allerwichtigste zu gewinnen: Handlungsfreiheit, denn die ist die Voraussetzung dafür, überhaupt auf ethischer Grundlage agieren zu können. Ansonsten habe ich schon eine Menge geschrieben, mehr geht nicht, und mehr will ich auch nicht mehr.