Darf die Stadt alles, inkl. Anwohner ruinieren?

B

beagle

Hallo.

Folgendes Problem haben wir hier: Die Stadt will eine Straße modernisieren, Kostenpunkt ca. 120000 EUR. Laut Beschluß sollen davon 90% (!) auf die Anlieger entfallen, 10% auf die Stadt. Wir sind eigentlich gar keine Anlieger an der Straße, wir wohnen quasi in der Spitze eines Dreiecks und liegen an dem anderen Schenkel des Dreiecks, haben allerdings eine gut 40m lange Hecke an der auszubauenden Straße, keine Ausfahrt, nichts. Auch haben wir schon horrende Summen für den Ausbau "unserer" Straße bezahlt.
Pro Meter sollen gut 650 EUR auf den Anwohner entfallen, also lockere 26000 EUR auf uns, bzw. meinen schwerbehinderten Großvater, dem das Haus gehört. Ich gehe nicht davon aus, dass er sowas aus dem Ärmel schüttelt und mache mir Sorgen.
Gibt es hier jemanden, der beurteilen kann, ob wir überhaupt zahlen müssen, denn wir haben mit deser Straße prinzipiell gar nichts zu tun? Ist es rechtens, wahnsinnige 90% den Anwohnern aufzudrücken, die das überhaupt nicht wollen? Ein einzelner sehr wohlhabender Anwohner hat den Ausbau der Straße bei der Stadt durchgesetzt.

Das ist kein April Scherz.
 
Wenn ich das richtig im Kopf habe ist es, zumindest bei uns so, dass man nur für eine Straße zahlen muss. Wir haben auch ein Eckgrundstück und eine Straße wurde schon ausgebaut. Für die andere können wir uns dann jetzt befreien lassen...

MfG
Florian
 
Was sitzen denn da für Kasper im Gemeinderat?

Habt ihr schon einen Bescheid bekommen, oder woher kommt die
Information? Ich würde sofort einen "Straßen-Rat" anberaumen und
evtl. einen Anwalt zur Beratung zuziehen.

Einen ähnlichen Fäll kenne ich aber, da konnten die Anwohner auch nichts machen,
allerdings war der Bau dringend nötig, es ging um die Zufahrt und
um Abwasser, und es waren keine 90% soviel ich weiß. Dennoch
knapp 10.000 EUR pro Anwohner.
 
Wenn ich das richtig im Kopf habe ist es, zumindest bei uns so, dass man nur für eine Straße zahlen muss. Wir haben auch ein Eckgrundstück und eine Straße wurde schon ausgebaut. Für die andere können wir uns dann jetzt befreien lassen...

hast du dazu weitere Infos oder einen Link?


Was sitzen denn da für Kasper im Gemeinderat?
Auf jedenfall solche, die für reiche Gemeindemitglieder alles tun. Hier werden schon mal Straßen zu Einbahnstraßen oder auch ausgebaut, wenn ein feiner Herr das will.

Habt ihr schon einen Bescheid bekommen, oder woher kommt die
Information?

Es gibt eine öffentliche Vorlage, die befindet sich schon im Internet auf der Seite der Stadt, mit Datum vom 10.4.2008 (!). Heute ist eine Versammlung im Rathaus, wo wohl uns (mehr oder weniger) Anwohnern das nahegebracht werden soll.

Einen ähnlichen Fäll kenne ich aber, da konnten die Anwohner auch nichts machen,
allerdings war der Bau dringend nötig, es ging um die Zufahrt und
um Abwasser, und es waren keine 90% soviel ich weiß. Dennoch
knapp 10.000 EUR pro Anwohner.

Von dringend nötig kann bei uns keine Rede sein, das ist kein Feldweg, wo plötzlich Häuser aus der Erde schiessen, da ist schon lange bebaut.
Ich vestehe auch nicht, wie man da 90% ansetzen kann, es muss doch Gesetze geben, die sowas regeln. Leider offenbaren sich da bei mir schlimme Wissenslücken für einen (in Zukunft mal) Hausbesitzer :(
 
Hi house... ich hoffe dir hilft das hier ein wenig weiter...

http://www.berliner-woche.de/index.php?id=114


in diesem Artikel geht es um eine Strasse in meiner Nachbarschaft.... was ich dort gelesen habe können bis 75% laut dem neuene Strassenbaugesetz auf die Anwohner abgewälzt werden... ob das Gesetz jetzt nur für Berlin gilt weis ich nicht!

Hoffe es hilft dir ein wenig weiter!
 
Ja, so etwas kenne ich durchaus auch auch unserer Gemeinde. Zum Recht - es gibt da so etwas wie die "Allzuständigkeit der Gemeinde" - so lange ein Beschluss des Gemeinderats nicht gegen übergeordnetes Recht verstößt, stellt so ein Beschluss quasi ein Gesetz dar (Vergl. auch "Satzung") und somit kann, zumindest zur Zeit, ein Großteil der Kosten für Straßenbaumaßnahmen im kommunalen Bereich (nicht Landes- Bundes- etc.) auf die Anlieger umgelegt werden. Da wird dann i.d.R. wohl der Satz "Eigentum verpflichtet" herangezogen. Soviel zur soliden Altersabsicherung durch eine selbstgenutzte Immobilie :(
 
Hi House,

habe leider keinen Link dazu unser kleiner Ort hat es noch nicht so mit Internetinfos. Sonstige Infos kann ich dir auch zu Zeit nicht geben, da mein Vater das alles geklärt hat. Ich werde ich aber wenn ich ihn heute sehe mal fragen.

MfG
Florian
 
Ein einzelner sehr wohlhabender Anwohner hat den Ausbau der Straße bei der Stadt durchgesetzt.

Das ist kein April Scherz.


Dem, oder dem Schwager oder dem Bruder o.ä. gehört sicher die Firma, die die Straße ausbauen soll.
Sowas kommt vor.
 
Zur Zeit scheint das gängige Praxis zu sein, ist aber wohl rechtlich nicht wirklich haltbar. Meine Eltern hatten den gleichen Fall und sollten auch etliche tausend Euro für die Strassensanierung löhnen.

Zum Glück ist deren Nachbar etwas mit dem Thema bewandert und hat Einspruch erhoben; die Stadt hat mittlerweile eingelenkt und ihre Vorstellungen deutlich nach unten korrigiert.
Nachdem wohl der Haushalt verschiedener Stadtverwaltungen in starker Schräglage ist, versuchen sie es wohl immer wieder... ;)

Also: nicht aufgeben! Die Forderung ist mit Sicherheit NICHT haltbar!
 
Auf MDR kam vorgestern ein Bericht, wo es um ungültige Satzungen bezüglich Abwasserentgelte, Kanalbauten, Wasseranschlüsse usw. geht. Unter anderem soll ein Bewohner für einen Kanalanschluss zahlen, der vor 70(!!!) Jahren gebaut wurde! Hier mal der ganze Wahnsinn:

MDR, Sendung "Umschau" vom 25.03.2008, 20:15 Uhr, Bürger vermissen Rechtssicherheit bei Kommunalgebühren

Bürger müssen immer öfter Forderungen der kommunalen Verbände zahlen, die längst verjährt erscheinen. Im Land Brandenburg hat ein Wasserverband Rechnungen für Wasseranschlüsse verschickt, die vor 30 Jahren gebaut worden sind. In Sachsen-Anhalt müssen Bürger schon das zweite Mal für dieselbe Abwasseranlage zahlen. Und das alles mit höchstrichterlicher Rückendeckung.

In Haldensleben bei Magdeburg sollen die Bürger zum zweiten Mal für ihre Wasseranschlüsse bezahlen. Die Begründung lautet: Die Kanäle und das neue Klärwerk seien teurer geworden als 1993 kalkuliert. Die Differenz könne man jetzt einfordern, da diese noch nicht verjährt ist.

Die Verjährungsfrist beträgt in der Regel vier Jahre und beginnt mit dem Anschluss eines Hauses ans Wasser- und Abwassernetz sowie mit dem Inkrafttreten der ersten rechtswirksamen Beitragssatzung. Doch im Fall des Abwasserverbandes "Untere Ohre" (Haldensleben) wurden seit 1993 16 Gebührensatzungen erlassen, die sich später als fehlerhaft erwiesen und von der Kommunalaufsicht des Landkreises und den Verwaltungsgerichten für rechtswidrig erklärt wurden. So trat die erste rechtswirksame Satzung erst im Jahr 2000 in Kraft. Innerhalb der dann beginnenden Verjährungsfrist hat der Verband die Bescheide verschickt.

Der Abwasserverband wollte dennoch jene, die bereits aufgrund der ersten Satzung von 1993 gezahlt hatten, nicht erneut belasten. Doch der Landkreis als Aufsichtsbehörde setzte die neuen Rechnungen durch. Der Abwasserverband klagte sogar vor dem Verwaltungsgericht. Doch das Oberverwaltungsgericht Magdeburg entschied, dass die Praxis der wiederholten Gebührenerhebung rechtens ist. Nach Auskunft der Richterin Claudia Schmidt ist es möglich, dass ein kommunaler Verband eine neue Satzung erlässt, wenn neue Kosten umgelegt werden müssen. Das Kommunalabgabengesetz Sachsen-Anhalt zwingt Kommunen und Zweckverbände, Beiträge in voller Höhe zu erheben.

In Ludwigsfelde (Brandenburg) geht es um Wasser- und Abwasserableitungen, die 1978 mit Hilfe der Grundstückseigentümer selbst verlegt worden waren. Jetzt - nach 30 Jahren - sollen sie mehrere Tausend Euro zahlen. Andere Grundstückseigentümer sollen für 70 Jahre alte Wasserleitungen zahlen.

Tatsächlich werden die Bürger für die Finanzierung nach der Wende erbauter Klärwerke herangezogen. Die sogenannten Altanschließer zahlen aber auch für Wasser- und Abwasserleitungen, die nach der Wende z.B. in neuen Wohngebieten, erbaut worden sind.

Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) entschied in einem Urteil vom Dezember 2007, dass ein Anschlussbeitrag auch für Grundstücke erhoben werden muss, die vor Inkrafttreten des Kommunalabgabengesetzes 1991 an die öffentliche Wasserver- und Abwasserentsorgung angeschlossen waren. Das Hauptargument der Richter ist, dass sogenannte Altanschließer sonst ohne eigenen Beitrag nutzen, was die Allgemeinheit bezahlt. Entscheidend für die Beitragserhebung sei das Inkrafttreten der ersten rechtwirksamen Satzung.

In Ludwigsfelde gibt es zwar seit 1993 eine Beitragssatzung, die erste rechtswirksame, also rechtlich korrekte Satzung gibt es erst seit 2004. Erst ab diesem Zeitpunkt beginnt die vierjährige Verjährungsfrist, mit der Folge, dass der Abwasserzeckverband bis Ende 2008 auch Altanschließer zu Beiträgen heranziehen darf.

Ich hab den bericht im Fernsehen gesehen. ungalublich. Man befragte die verantwortlichen Richter(innen) und diese taten vor der Kamera so, als wäre es das normalste der Welt und machten sich quasi schon fast lustig über diese Situation. Ich glaub, ich hab noch nie so fassungslos vor dem TV gesessen. Das hat doch nichts mehr mit Rechtsstaat zu tun. Vor allem, weil die Büger keinerlei Handhabe gegen diese Beschlüsse haben und zahlen müssen.

Überlegt mal. Ihr kauft Euch ein Haus, lebt da 10 Jahre glücklich vor Euch hin, spart jeden Cent um das Haus möglichst schnell schuldenfrei zu bekommen und plötzlich bekommt ihr Post vom Amt, wo ihr mehrere Tausend Euro für einen Wasser/Abwasseranschluss zahlen sollt, der vor 30 bzw. 70 Jahren gelegt wurde. Das darf doch nicht wahr sein, oder?
 
An deiner Stelle würde ich die öffentliche Anhörung nicht verpassen und alles genau notieren. Ferner solltest du dann den Beitragsbescheid abwarten und genauestens prüfen lassen. Hier fängt man an, schon die Satzung, die u.a. Grundlage für den Bescheid ist, anzugreifen. Denn in 80% der Fälle ist die Satzung nichtig.

Weiter muss man zwischen zwingend Erschließungs- und Straßenausbaubeiträgen unterscheiden. Bei ersteren kann man - je nach Einzelfall - bis zu 90%, bei letzteren bis zu 75% auf die Anlieger umlegen. Hier versteht es sich von selbst, dass der Bürger für einen Bürgersteig vor seinem Haus mehr zahlen muss als für die Straße (z.B. Auffahrt=100%; Bürgersteig=75%; Straßenabschnitt=50%). Bloße Reparaturarbeiten, die die Gemeinde sowieso tätigen muss, können nicht umgelegt werden; lediglich die Erschließung oder Erneuerung.

Das aller wichtigste ist aber, die Widerspruchsfrist nicht zu verpassen, wenn man Zweifel und begründete Argumenteam Bescheid hat. Bei diesen Beträgen lohnt es sich, einen Anwalt zu konsultieren.

(Hach, waren die Tage schön, als ich im Dezernat für Straßenausbau und Tiefbau arbeiten dürfte :D)
 
Weiter muss man zwischen zwingend Erschließungs- und Straßenausbaubeiträgen unterscheiden. Bei ersteren kann man - je nach Einzelfall - bis zu 90%, bei letzteren bis zu 75% auf die Anlieger umlegen. Hier versteht es sich von selbst, dass der Bürger für einen Bürgersteig vor seinem Haus mehr zahlen muss als für die Straße (z.B. Auffahrt=100%; Bürgersteig=75%; Straßenabschnitt=50%). Bloße Reparaturarbeiten, die die Gemeinde sowieso tätigen muss, können nicht umgelegt werden; lediglich die Erschließung oder Erneuerung.

Ah ja, also sind die 90% schonmal unhaltbar, da es sich nicht um eine Erschließung handelt sondern um einen Ausbau? Und da wir weder Bürgersteig noch Auffahrt an der Straße haben nur 50%? Oder wie muss ich das verstehen?
Und: Gilt das bundesweit oder auf Länderebene? Ich sitze in Ostwestfalen/NRW.
 
Da helfen nur 3 Worte:
Geh zum Anwalt.

Kommunen versuchen es immer wieder und wer nicht mit entsprechender Unterstützung dagegen angeht hat meist schon verloren...
 
Der Anwalt wird hinzugezogen, wenn es nötig wird. Erstmal ist das noch unsinnig, es liegt ja noch nichts konkretes vor. Ich will ja erstmal nur Wissen ansammeln, sozusagen die Patronen ins Magazin stecken. geschossen wird noch nicht.
 
Seit wann bezahlt man für eine Straße?

Wenn ihr die kauft, könnt ihr dann ja auch bohren und bauen wie ihr wollt, die Frechheit würd ich mir rausnehmen. Ich würd ein Straßenschild mit Tempo 100 Begrenzung für die nächsten 40 Meter aufstellen :hehehe:
Wieso nicht? Ich hab dafür bezahlt
 
Seit wann bezahlt man für eine Straße?

Schon immer, auch vor der Bundesrepublik. Die Allgemeinheit benötigt eine ordentliche Straße. Die Anlieger "nehmen am Allgemeingebrauch teil", sie haben Mehrnutzen an ihrer Straße. Daher folgt auch die Umlegung nach Quoten Staat/Anlieger. Welche Quote zu Grunde zu legen ist, richtet sich nach der Art des Ausbaus/Erschließung und liegt im Ermessen des Satzungsgebers (den von den Bürgern gewählten Vertretern der Gemeindeversammlung).

Hier zum Beispiel wurden im Straßenausbau für die Anliegerstraße im rechtlichen Sinne "nur" 30% und für den Bürgersteig 75% auf die Anlieger umgelegt.
 
Wir sind eigentlich gar keine Anlieger an der Straße, wir wohnen quasi in der Spitze eines Dreiecks und liegen an dem anderen Schenkel des Dreiecks, haben allerdings eine gut 40m lange Hecke an der auszubauenden Straße, keine Ausfahrt, nichts. Auch haben wir schon horrende Summen für den Ausbau "unserer" Straße bezahlt.

Als Eigentümer eines Eckgrundstücks ist man Anlieger beider Straßen, als Anlieger muss man auch keine Zufahrt zu der Straße haben - die Grundstücksgrenze reicht, um jemanden "Anlieger" werden zu lassen (sonst hieße es auch nicht Anlieger sonder Zufahrer....). Das bedeutet, dass man sich z.B. auch um den Winterdienst der "40m hinter der Hecke" zu kümmern hat falls dort ein Fuß/Radweg läuft und ähnliches - auch die Zahlung der Kosten von Straßenarbeiten wie den genannten.

Also - ja, die Stadt darf das, weil die Gesetze es erlauben. Man sollte sich also nicht an die Exekutive wenden, sondern an die Judikative, welche solche Gesetze erlässt....
 
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