Gesellschaft Charlie Hebdo

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Was du im letzten Absatz geschrieben hast, gilt grundsätzlich für jede Art von Kultur, sei es Text, Film, Theater oder eben Satire. Du argumentierst ja mit der unüberschaubaren Größe des Publikums, das ein Werk durch die Verbreitung im Internet erreichen kann. Die eigentliche Reichweite von Charlie Hebdo beispielsweise liegt nur bei einigen Zehntausend. Sie wird vervielfältigt durch die weltweite Aufmerksamkeit: "Was bringt CH diesmal? Wie provokant ist es? Wer könnte es missverstehen oder als Aufhänger totalitärer Propaganda benutzen?"

Würde Charlie Hebdo auf dieses unübersehbare Heer von Rezipienten und seine Befindlichkeiten Rücksicht nehmen, dürfte die Redaktion keine Witze über Islamisten mehr veröffentlichen. Keine Karikaturen über Evangelisten oder die katholischen Kirchenfürsten. Keine Satire über Putin oder Kim Il-sung. Und natürlich auch keine über Patriotismus, Nationalisten und das Militär.

Jede Zeichnung, jedes Video, jeder Text, jeder Song, jede Performance ist geeignet, die Gefühle von Millionen zu verletzen oder als Munition für irgendeinen militante Hetzer oder Verrückte zu dienen. Charlie Hebdo könnte nur noch Katzenwitze veröffentlichen. (Und auch die wären problematisch, weil sich Millionen von hochempfindlichen Katzenfans im Internet bewegen.)

Die Art Rücksichtnahme, die du und andere hier fordern, wäre der Tod der Satire.

Es gibt nur eine Lösung: Überlasse es den Musikern und Filmern, den Autoren, Zeichnern und den Redaktionen, was sie veröffentlichen, und was nicht. Und verteidige ihre Freiheit und ihr Recht, das zu tun – auch wenn dir das eine oder andere Werk nicht gefällt.
 
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Die Art Rücksichtnahme, die du und andere hier fordern, wäre der Tod der Satire.

Es gibt nur eine Lösung: Überlasse es den Musikern und Filmern, den Autoren, Zeichnern und den Redaktionen, was sie veröffentlichen, und was nicht. Und verteidige ihre Freiheit und ihr Recht, das zu tun – auch wenn dir das eine oder andere Werk nicht gefällt.

Das nennt sich Meinungsfreiheit, die auch niemand einschränken will. Heißt aber nicht, dass ich die veröffentlichten Inhalte gut heißen muss. Bei rechten Hetzblättern wäre ich beispielsweise froh, wenn der Mist nicht mehr veröffentlicht wird. Im Falle von Charlie Hebdo hätte ich es sinnvoller gefunden nach der ersten Mohamed-Karikatur aufzuhören, weil die weiteren Karikaturen mehr schaden als nutzen. Um die Sache kann es Charlie Hebdo dabei folglich nicht wirklich gegangen sein (so etwas lässt tief blicken), vermutlich eher um PR, gesteigerte Bekanntheit und Geld. Das darf man durchaus kritisieren und hat mit Meinungsfreiheit nichts zu tun.
 
gesteigerte Bekanntheit und Geld.

besonders um Geld.
Das Blättchen stand kurz vor der Schließung. da kam die "Sache" gerade rechtzeitig (womit ich nicht sagen möchte, das Tote einkalkuliert wurden).
 
Um die Sache kann es Charlie Hebdo dabei folglich nicht wirklich gegangen sein (so etwas lässt tief blicken), vermutlich eher um PR, gesteigerte Bekanntheit und Geld.
Das ist, wie du selbst schreibst, nur eine Vermutung. Und selbst wenn sie stimmen sollte: Dass ein Blatt, das um sein wirtschaftliches Überleben kämpft, auch auf PR, grössere Bekanntheit und bessere Einnahmen zielt, ist nichts Anrüchiges, sondern naheliegend. Problematisch wird es dann, wenn das Streben nach mehr Publikum dazu führt, dass die Satire auf Geschmäcker und Befindlichkeiten Rücksicht nimmt und gefällig wird. Das ist dann, wie gesagt, keine Satire mehr, sondern Unterhaltung.

Das darf man durchaus kritisieren und hat mit Meinungsfreiheit nichts zu tun.
Klar dürfen und müssen auch Satiriker kritisiert werden, so wie alle anderen Künstler und Kulturschaffenden auch. Auch das gehört zur Meinungsfreiheit und sollte in Demokratien eine Selbstverständlichkeit sein. Sie dürfen sich von Demokratiefeinden keine Einschränkungen des freie Diskurses aufzwingen lassen – auch nicht mit Gewalt.
 
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Problematisch wird es dann, wenn das Streben nach mehr Publikum dazu führt, dass die Satire auf Geschmäcker und Befindlichkeiten Rücksicht nimmt und gefällig wird. Das ist dann, wie gesagt, keine Satire mehr, sondern Unterhaltung.

Der Logik der Verschwörungstheoretiker hier in der Bar nach müsste als nächstes eigentlich der Vorwurf kommen, die Eigentümer und Geldgeber von Charlie Hebdo hätten den Anschlag auf die Redaktion selber als inside job in Auftrag gegeben, um die Auflage zu steigern. :jaja:
 
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Du könntest auch sehr gut herausfinden, wie es denen, die den Anschlag auf die Redaktion überlebt haben, danach gegangen ist und immer noch geht.

Deine Behauptung, "die Sache" sei "grade rechtzeitig" gekommen, ist infam.

Und dann von Karikaturisten auch noch mehr "Sensibilität" zu fordern angesichts der bekannten "Empfindlichkeiten bestimmter Volks/Glaubensgruppen", sie könnten sich ja auch "einen anderen Rahmen" wählen (welchen denn?), das ist nichts anderes als Untertanenmentalität.
 
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Du könntest auch sehr gut herausfinden, wie es denen, die den Anschlag auf die Redaktion überlebt haben, danach gegangen ist und immer noch geht.

Deine Behauptung, "die Sache" sei "grade rechtzeitig" gekommen, ist infam.

"Die Sache" bezog sich in meinem Post auf das Thema Mohamed-Karikaturen/islamkritische Karikaturen/religiösmotivierter Terrorismus. Ich vermute, dass Mann im Mond in seinem Post das gleiche meint und nicht etwa den Anschlag.
Dass die Veröffentlichung der Karikaturen weltweites Medieninteresse gebracht hat (nicht unbedingt im Sinne der Sache selbst, aber Geld kann man damit trotzdem verdienen), ist nunmal so, hat bei den letzten Mohamed-Kariakturen ja genauso geklappt. Mit einem erfolgreichen Anschlag hat man vermutlich selbst nach den Warnungen nicht ernsthaft gerechnet. Aber es ist dann anders gekommen als gedacht.

Und dann von Karikaturisten auch noch mehr "Sensibilität" zu fordern angesichts der bekannten "Empfindlichkeiten bestimmter Volks/Glaubensgruppen", sie könnten sich ja auch "einen anderen Rahmen" wählen (welchen denn?), das ist nichts anderes als Untertanenmentalität.

Lächerlich, ich sage es noch einmal. Eine Karikatur hat eine Botschaft und im Gegensatz zu anderen Künsten geht es bei der Karikatur auch primär um diese Botschaft. Bei den Mohamed-Karikaturen wollte man offenbar auf religiösmotivierten Terrorismus aufmerksam machen (mit besonderem Augenmerk auf den Islam). Ob es diese Aufmerksam unbedingt gebraucht hat, wage ich mal zu bezweifeln. 911 ist noch nicht so lange her und die Amis haben mit ihrer Terroristenjagd danach das Thema auch immer schön oben gehalten und in den Medien war das Thema ja auch präsent. Umgekehrt waren die Karikaturen Kristallisationskeim für Hass und gab Terroristen die Möglichkeit Menschen für Terroranschläge zu motivieren. Ich nehme mal an, dass das nicht im Sinne des Künstlers war. Warum belässt er es dann nicht bei einer Karikatur, der Rest hat ja mehr geschadet als geholfen? Man könnte dem Künstler glatt unterstellen, ihm ginge es gar nicht um die Sache. Und genau das ist der Kritikpunkt.
 
Ein feiger Anschlag auf Menschen und auf das Grundrecht auf Meinungsfreiheit.

Ohne den Thread gelesen zu haben - habe nur den Eröffnungspost gelesen -

Dass Gewalt angewendet wurde, ist unbestritten das Falsche, aber:

Bedeutet Meinungsfreiheit, eigentlich auch, dass man andere in den Dreck ziehen und beleidigen darf ?
 
Ohne den Thread gelesen zu haben
Ich will nicht behaupten, dass du etwas versäumt hast, aber

G4Wallstreet schrieb:
Bedeutet Meinungsfreiheit, eigentlich auch, dass man andere in den Dreck ziehen und beleidigen darf ?
Das hatten wir schon, und eine Zeitschleife führt nirgendwohin.
Wir müssten dich über das Wesen von Satire aufklären, wieder und wieder über das Gleiche diskutieren - und am Ende würde gar mpinky seine Punkte dazugeben. Das will wirklich niemand.
 
Bedeutet Meinungsfreiheit, eigentlich auch, dass man andere in den Dreck ziehen und beleidigen darf ?
Kommt auf das (westliche) Land an. Am weitesten geht die Meinungsfreiheit in Amerika.

Zur Antwort, bezogen auf Deutschland: Wenn es nicht auf eine bestimmte Person abzielt, die zudem nicht Teil des öffentlichen Lebens ist, sondern um eine Aussage, die in einem allgemein gefassten Kontext zu sehen ist - ja, dann darf man nicht nur, man sollte sogar unbedingt.

Davon abgesehen: ob etwas beleidigend ist und in den Dreck gezogen wird, ist reine Ansichtssache. Eine islamkritische Karikatur dürfte Hinduisten kaum beleidigen. Bekommt die deutsche Autoindustrie jetzt eine satirische Breitseite verpasst, fühlt sich weder die japanische Autoindustrie noch die japanische Bevölkerung deswegen beleidigt. Die Gruppe, die sich beledigt fühlt (und es gibt immer eine), muss schon selber damit klarkommen. Beleidigungen können niemanden physisch verletzen; und wer sich wegen irgendwelchen allgemeinen Statements beleidigt fühlt, scheint sich seiner Sache doch nicht so sicher zu sein. Gerade im religiösen Bereich immer wieder zu beobachten.

Dabei geht die Meinungsfreiheit in Europa - auch was religiöse Themen angeht - lange nicht so weit wie in den USA. Amerikaner etwa sind geschockt, wenn sie zum Beispiel beruflich nach Europa ziehen, dass es in Deutschland keine echte Meinungsfreiheit gibt wegen §166 StGB u. a.
 
Es war doch wohl klar, dass, wenn man Terroristen beleidigt, es auch terroristische Reaktionen geben könnte, oder mußte man das ausblenden ?

Die wollten wohl lediglich ihre Auflage erhöhen und hatten keinerlei politische oder gesellschaftliche Verantwortung im Sinne.
 
Es war doch wohl klar, dass, wenn man Terroristen beleidigt, es auch terroristische Reaktionen geben könnte, oder mußte man das ausblenden ?

Demnächst drohen Katholiken mit gewalttätigen Übergriffen. Muss dann auf Karikaturen der christlichen Kirche verzichtet werden?

Neonazis drohen mit gewalttätigen Übergriffen. Soll man deswegen auf Karikaturen des besorgten Bürgers und der rechten Szene verzichten?

Volkswagen droht mit Klagen wegen Rufschädigung. Soll das Kabarett lieber auf Breitseiten gegen die deutsche Automobilindustrie verzichten?

Die NSA und andere Geheimdienste hätten die Möglichkeit, das Leben einer jeden Person mit all seinen Vorlieben und Geheimnissen offenzulegen und zu kompromittieren. Also besser auf Veröffentlichungen zum NSA-Skandal verzichten, weil es nur Unruhe stiftet, Leute verstimmt und vielleicht sogar die Sicherheit gefährdet?

Ein Unternehmen pumpt tonnenweise chemische Abfälle in den Waldsee. Soll man aus Rücksicht auf die Mitarbeiter des Unternehmens und ihrer Familien lieber auf eine Veröffentlichung oder Karikatur verzichten?

usw.
usf.
etc.
pp.
 
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Es sind Terroristen und die Zeichner wollten Aufmerksamkeit und damit Geld verdienen -

eine Verantwortung in angemessenem Rahmen sollte schon sein.

Übrigens habe ich noch keine Aktivitäten verschwendet, mir diese Bilder ansehen zu wollen.
 
Bedeutet Meinungsfreiheit, eigentlich auch, dass man andere in den Dreck ziehen und beleidigen darf ?
Beleidigung ist ein Straftatbestand: Wer sich beleidigt fühlt, kann Anzeige erstatten. Das gilt auch für Volksverhetzung und andere strafbare Handlungen.

Meinungsfreiheit ist aber ein Grundrecht von hohem Wert. Deshalb urteilen Gerichte sehr zurückhaltend, wenn es um seine Einschränkung geht.

eine Verantwortung in angemessenem Rahmen sollte schon sein.
So ist es. Und weil Meinungsfreiheit und Freiheit der Kunst ein so hohes Gut ist, ist auch der Rahmen sehr weit gesteckt. Denn sonst würden alle möglichen Leute dieses essentielle demokratische Recht kaputt klagen.

Ich würde es also anders formulieren: Toleranz im angemessenen Rahmen ist unbedingt notwendig. Satire, Kunst, Theater muss auch von denen ertragen werden, die von Meinungsfreiheit nicht viel halten. Auch von dir.
 
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Ich weiß nicht, was du mit "Meinungsfreiheit sollte überlegt werden" meinst. Falls du damit sagen möchtest, dass jeder überlegen sollte, bevor er seine Meinung sagt: Ja klar. Man sollte auch überlegen, ob man seine Meinung nicht sagt.

Bei Satirikern kannst du davon ausgehen, dass sie gut überlegen, wie sie ihre Meinung äussern. Denn sie investieren einige Arbeit in einen Text oder eine Zeichnung, und sie stehen mit ihrem Namen dafür ein. Genauso wie die Redaktion, die sie veröffentlicht. Du kannst davon ausgehen, dass sie wissen, was sie tun. Und dass sie es bewusst tun.

Der Verdacht, sie würden gedankenlos handeln, ist absurd.
Aber wahrscheinlich meinst du etwas anderes: Du bist für Selbstzensur, aus welchen Gründen auch immer. Und forderst von den Satirikern, dass sie deine Ansichten teilen.

Übrigens habe ich noch keine Aktivitäten verschwendet, mir diese Bilder ansehen zu wollen.
Und dabei weisst du nicht einmal, über welche Art von Satire wir hier überhaupt reden, weil du sie gar nicht angeschaut oder gelesen hast, wie du grade stolz geschrieben hast.

Du schießt einfach mal aus der Hüfte ins Blaue… Solltest du nicht besser überlegen, und erst mal gucken, worüber du überhaupt redest?
 
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