Claudia, genau da setzt der Prozess-Standard an. Wenn ich meine Druckmaschine im Griff habe, muss ich nicht mehr an der Maschine herumspielen, sondern drucke ganz genau nach Standard. Das setzt natürlich voraus, dass Litho, Plattenbelichtung und Druck aufeinander abgestimmt sind. Es gibt mittlerweile so etwas wie Kontraktproofs und durch die ISO-Normen ist hier auch eine Rechtssicherheit geschaffen worden. Wenn ein Drucker einen verbindlichen Proof erhält, muss er auch ein Druckergebnis abliefern, das innerhalb der Toleranzen des Offsetstandards liegt. Im Prozess-Standard sind für die Volltondichten der Primärfarben die Sollwerte zum einen als Delta-E-Wert festgelegt, als auch korrespondierende Dichteschwankungen. 68,3 % einer Auflage müssen diese Werte einhalten, 27,1 % dürfen die doppelte Toleranz aufweisen, 4,3 % um das Doppelte und nur 0,3 % dürfen darüber liegen.
Wenn ISO 12647-2 im Auftrag vereinbart wurde und eine Druckerei sich regelmässig nicht daran hält, dann sieht's für die nicht so dolle aus. Die Konsequenzen kann sich wohl jeder vorstellen.
In einem Proof kannst Du z.B. keine Informationen über die Farbannahme ablesen. Bei manchem Motiv ist es deshalb sinnvoll, KMCY zu drucken anstatt KCMY. Aber wie gesagt, ein Maschinenandruck macht nur dann Sinn, wenn wirklich allerhöchste Qualität gefragt ist. Wenn ich mich zusätzlich zu den teuren Maschinenstundensätzen auch noch an die Maschine stellen muss, um darauf aufzupassen, dass der Drucker seine Arbeit richtig erledigt, dann stimmt da irgendwas nicht und diese Leistung kann ich bei Standardaufträgen meinen Kunden kaum verkaufen. Ich werde aber nach der Qualität der Druckprodukte beurteilt, von daher haben sowohl die Druckerei als auch ich ein ernstes Interesse an einwandfreien Produkten.
Es ist aber wirklich eine große Frage, welchen Anspruch Du an die Drucksachen stellst. Zeitungsbeilagen werden sicher nicht mit einem so hohen Aufwand gefertigt wie Bildkataloge. Nicht für jeden Job stellt der Kunde einen Aufpasser neben die Druckmaschine.
Aber jeder hat seine eigene Arbeitsweise und ich will hier nicht missionieren, sondern microboy nur bei seinem Uncoated-Problem helfen. Im Zweifelsfall würde ich den Job, wenn der Kunde unbedingt Naturpapier haben möchte, kurz auf Originalpapier andrucken lassen, um das Ergebnis visuell beurteilen zu können. Das ist preiswerter und schneller, als neue Profile zu erstellen - zumal die wenigsten Proofsysteme mit Auflagenpapier klarkommen. Will der Kunde diese 400 Extra-Euro nicht ausgeben, dann würde ich mich auf diese Farblotterie nicht einlassen.
Wenn Du Dich durch mein Statement irgendwie angegriffen gefühlt hast - sorry. Jeder hat halt seine eigenen Erfahrungen.
Friedvolle Grüße,
rossi