Ich hatte mal diverse Programme in ihrer nativen vs Electron-Version getestet. In jeder möglichen Ressource kam ich auf den 3-10(!!!)fachen Bedarf bei den Electron-Apps. Wo die native Anwendung mit 0-1%CPU, 50MB RAM, 1 Prozess und 3 Threads auskam, genemigte sich die Electron mal eben 2-10%, 500MB RAM, 6 Prozesse und 30 Threads. (Das nur grob als Größenordnungen im Vergleich).
Das mag man bei 1 oder 2 Anwendungen noch tolerieren, aber irgendwann hast du 10-20 davon laufen, wenn du nicht aufpasst. Das mag einen an der Steckdose nicht kümmern, aber unterwegs ärgert es mich schlicht, weil es Akkulaufzeit und indirekt Akkulebenszeit kostet. Das Gerät wird wärmer als nötig. Und Je mehr man von derartig verschwenderischen Anwendungen benutzen muß, desto mehr RAM braucht der Rechner. Und mehr RAM kostet mehr Energie, entleert den Akku schneller.
Es mag lächerlich erscheinen, wenn man über den höheren Energiebedarf jammert. Aber macht doch einfach mal exemplarisch nur mal eine Rechnung für z.B. Teams auf: 10 Millionen installierte Instanzen, jeweils 1W mehr Energiebedarf verglichen mit einer nativen Version. Puh, da könnte man ja fast alleine dafür schon ein Atomkraftwerk oder Kohlekraftwerk einsparen. Und dann rechte das mal für jede Verschwenderische App. Wenn man sich allgemein mal wieder mehr auf SINNVOLLE Softwareentwicklung besinnen könnte, wäre alleine hiermit schon RICHTIG viel Energie einsparbar und käme direkt der Umwelt zugute. Ja, ich weiß. Der gemeine Web-Dev kann nur Framework auf Framework klatschen und hat sich noch nie Gedanken um Speichermanagement (was Sprachen wie Rust einem weitestgehend abnehmen) oder gar Taktzyklen gemacht. Aus sicht eines technischen Informatikers (allerdings schon länger anderweitig unterwegs) blutet das Herz angesichts der Verschwendung ohne echten Mehrwert.
Davon mal ab: ich höre immer nur, es wäre einfacher mit den Web-Frameworks plattformübergreifend zu entwickeln. Schaut man sich aber mal die Mailinglisten, Foren und Bugtracker solcher Projekte an, komme ich eher zum gegenteiligen Ergebnis. Was da an Zeit verschwendet wird, um ihre Anwendung auch nur in die Nähe von "nativ" zu prügeln… Ich kenne KEINE EINZIGE Electron-Anwendung, die sich WIRKLCH nativ anfühlt. Oftmals ist es sogar richtig fies, wenn etwas zwar ausschaut, als wäre es macOS-nativ, es sich aber subtil anders verhält.
ICH empfinde es anstrengend, wenn ich mir, wenn ich von App zu App springe, jedesmal auf subtile Unterschiede achten zu müssen, die sich eigentlich exakt gleich verhalten sollten. Bei 1Password 8 haben die gut 1 Jahr gebraucht, um die GUI so zurechtzuprügel, bis sie halbwegs nativ wirkt – es aber immernoch nicht ist. Ich freue mich jetzt schon auf das nächste macOS mit neuem Design. Während die native Anwendung direkt davon profitiert, müssen die Electron-Devs erstmal ewig lange hinterherarbeiten.
Es wird einem auch gerne als Vorteil verkauft, wenn ihre App auf Windows und macOS gleich ausschaut, aber ehrlich gesagt finde ich das explizit scheisse. MEIN Kontextwechsel ist der Wechsel von macOS zu Windows und umgekehrt. Innerhalb der Arbeit auf einem OS will ich definitiv die native Haptik des jeweiligen OS. So sehr ich die Windows-Haptik und -Optik nicht leiden kann, würde ich es noch weniger ertragen können, wenn dann plötzlich eine App im macOS-UX daher käme. Dann kostet es MICH wieder kognitive Energie ständig den Kontextswitch zu machen.
Zudem: ich hab mich sehr bewusst FÜR macOS entschieden, WEIL ich dort ein relativ konsistentes UX vorgefunden habe. Ich hatte zuvor schon auf dem noch kosistenteren RISCOS verbracht. Windows kam für mich nicht infrage, weil alles für mich eine zumutung/beleidigung war.
WENN ich also Bock auf Electron-Apps hätte, wo jeder Dev plötzlich meint den neuen heiligen Gral in der UX gefunden zu haben und ich dann wieder mit einem wildem Mix aus allem zu kämpfen habe, wozu soll ich dann überhaupt das Geld für Apple-HW ausgeben? Dann würde es ein gündtigerer Windows-Rechner oder Linux doch auch tun.
Oder: wenn ihr auf ein konsistentes UX scheisst und mit Web-Apps ebenso zufrieden seit: warum nehmt ihr kein Chromebook? Die Electron-Schwemme tut der macOS-Plattform jedenfall eher nicht so gut. Zumindest nicht wenn es um das mir allerwichtigste geht: Konsistenz.