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Julia Filimonow wurde vor vierundzwanzig Jahren in St. Petersburg
geboren. Sie kam als junges Mädchen nach Berlin. Ihr Vater, ein Arzt, hatte
eine Stelle an der Charité bekommen. Julia Filimonow studiert heute
"Informationsgestaltung" bei Professor Michael Klar an der Berliner
Universität der Künste. Sie hat sich für dieses Fach entschieden, weil sie an
die Möglichkeit der Verbindung von Kreativitität und Geschäft glaubt.
"Glaubt" ist der ganz und gar falsche Ausdruck. Denn Julia Filimonow hat es
nicht nötig, an diese Verbindung zu glauben. Sie stellt sie her.
Die Aufgabe ihres Professors war: Die Studenten sollten eine
Werbekampagne entwerfen. In kleinen Arbeitsgruppen. Julia Filimonow und
ihre Komilitonen Ana Druga und Frank Stowasser beschlossen, sich nicht
nur Plakate auszudenken, sondern gleich die kommerzielle Seite mit zu
planen.
Kein Projekt für den Professor, den Schein und die Karriere sollte es sein,
sondern für einen wirklichen Kunden. "Es macht einfach mehr Spaß, wenn
es real ist", sagt Julia Filimonow. Zufällig erfuhren die Studenten, dass die
Berliner Suchthilfe gerade eine neue Kampagne plante. Sie hatten ihren
Kunden gefunden. Das Konzept, das sie erarbeiteten, gefiel. Der Suchthilfe
und dem Professor.
"Es war ganz einfach", grinst Julia Filimonow, "ganz traditionelles Guerilla-
Marketing." Die überall in der Stadt zu sehende iPod-Werbung von Apple bot
das Modell für ihre Suchthilfe-Plakate. Die Idee war, 400 Plakate an
einigen, zentralen Punkten der Stadt aufzuhängen, die Medien zu
informieren und abzuwarten bis Apple protestieren würde. Die
Auseinandersetzung hätte, so Julia Filimonow, "der Suchthilfe
Aufmerksamkeit und Spenden gebracht" und "am Ende hätte auch Apple
davon profitiert, nicht ganz freiwillig zwar - aber eben doch - der Berliner
Suchthilfe ein wenig auf die Beine geholfen zu haben."
Es kam wie geplant - und doch ganz anders. Der Chef der Firma, die die
Plakate aufhängen sollte, bekam die iPod-Plakate von Apple und die der
Berliner Suchthilfe zusammen auf den Schreibtisch und befand: So geht das
nicht. Er informierte beide Parteien über den Fall. Innerhalb weniger
Stunden erhielt die Berliner Suchthilfe Anrufe der Apple-Zentralen in
München, London und Paris - und schließlich das Schreiben eines Kölner
Anwalts. Er war vom Apple-Headquarter in Cupertino, Kalifornien beauftragt
worden. Er werde gegen jeden Versuch, die Plakate aufzuhängen, vorgehen,
stand in dem Brief. Es handele sich um einen Streitwert in Millionenhöhe.
Die Berliner Suchthilfe erschrak. Die Plakate lagern jetzt im Büro der
Organisation. Professor Klar lacht: "So viel wie bei dieser Aktion lernt man
sonst nicht in Jahren".
Aber die Aktion ist noch lange nicht beendet. Julia Filimonow hat einen Brief
an den Apple-Chef Steve Paul Jobs geschrieben. Darin erklärt sie einem der
innovativsten Köpfe der Computerindustrie: "Zugegeben, unsere Idee, auf
die einstweilige Verfügung von Apple zu spekulieren, um so ein bisschen
extra Aufmerksamkeit zu bekommen, war etwas schlitzohrig. Aber eben
der effizienteste Weg, die Berliner Suchthilfe bekannt zu machen."
Sie fährt fort: "Mensch, Steve, früher warst Du doch ein Pirat, Und jetzt
benimmst Du Dich wie die Navy. Mit Plagiaten hast Du doch selbst
Erfahrung. Erinnere Dich doch mal, als Du Anfang der 80er- Jahre von
,Apple Records‘, dem Plattenlabel der Beatles, wegen Verletzung ihrer
Namensrechte verklagt wurdest. Damals durftest Du nur mit dem Namen
,Apple‘ weitermachen, nachdem Du versprochen hattest, damit nicht ins
Musikgeschäft einzusteigen. Diese großzügige Haltung hast Du mit Deinem
,iTunes-Music-Store‘ nicht gerade belohnt."
Wir wollen lesen, was Steve Paul Jobs auf diesen Brief antwortet! Der
Berliner Suchthilfe wegen und um der scharfzüngigen, blitzgescheiten Julia
Filimonow willen. Vor allem aber wollen wir diese Plakate endlich hängen
sehen. Schon damit diese Seminararbeit endlich ins wirkliche Leben tritt.
Das wäre eine Hochschulreform!
Quelle: Berliner Zeitung Online
geboren. Sie kam als junges Mädchen nach Berlin. Ihr Vater, ein Arzt, hatte
eine Stelle an der Charité bekommen. Julia Filimonow studiert heute
"Informationsgestaltung" bei Professor Michael Klar an der Berliner
Universität der Künste. Sie hat sich für dieses Fach entschieden, weil sie an
die Möglichkeit der Verbindung von Kreativitität und Geschäft glaubt.
"Glaubt" ist der ganz und gar falsche Ausdruck. Denn Julia Filimonow hat es
nicht nötig, an diese Verbindung zu glauben. Sie stellt sie her.
Die Aufgabe ihres Professors war: Die Studenten sollten eine
Werbekampagne entwerfen. In kleinen Arbeitsgruppen. Julia Filimonow und
ihre Komilitonen Ana Druga und Frank Stowasser beschlossen, sich nicht
nur Plakate auszudenken, sondern gleich die kommerzielle Seite mit zu
planen.
Kein Projekt für den Professor, den Schein und die Karriere sollte es sein,
sondern für einen wirklichen Kunden. "Es macht einfach mehr Spaß, wenn
es real ist", sagt Julia Filimonow. Zufällig erfuhren die Studenten, dass die
Berliner Suchthilfe gerade eine neue Kampagne plante. Sie hatten ihren
Kunden gefunden. Das Konzept, das sie erarbeiteten, gefiel. Der Suchthilfe
und dem Professor.
"Es war ganz einfach", grinst Julia Filimonow, "ganz traditionelles Guerilla-
Marketing." Die überall in der Stadt zu sehende iPod-Werbung von Apple bot
das Modell für ihre Suchthilfe-Plakate. Die Idee war, 400 Plakate an
einigen, zentralen Punkten der Stadt aufzuhängen, die Medien zu
informieren und abzuwarten bis Apple protestieren würde. Die
Auseinandersetzung hätte, so Julia Filimonow, "der Suchthilfe
Aufmerksamkeit und Spenden gebracht" und "am Ende hätte auch Apple
davon profitiert, nicht ganz freiwillig zwar - aber eben doch - der Berliner
Suchthilfe ein wenig auf die Beine geholfen zu haben."
Es kam wie geplant - und doch ganz anders. Der Chef der Firma, die die
Plakate aufhängen sollte, bekam die iPod-Plakate von Apple und die der
Berliner Suchthilfe zusammen auf den Schreibtisch und befand: So geht das
nicht. Er informierte beide Parteien über den Fall. Innerhalb weniger
Stunden erhielt die Berliner Suchthilfe Anrufe der Apple-Zentralen in
München, London und Paris - und schließlich das Schreiben eines Kölner
Anwalts. Er war vom Apple-Headquarter in Cupertino, Kalifornien beauftragt
worden. Er werde gegen jeden Versuch, die Plakate aufzuhängen, vorgehen,
stand in dem Brief. Es handele sich um einen Streitwert in Millionenhöhe.
Die Berliner Suchthilfe erschrak. Die Plakate lagern jetzt im Büro der
Organisation. Professor Klar lacht: "So viel wie bei dieser Aktion lernt man
sonst nicht in Jahren".
Aber die Aktion ist noch lange nicht beendet. Julia Filimonow hat einen Brief
an den Apple-Chef Steve Paul Jobs geschrieben. Darin erklärt sie einem der
innovativsten Köpfe der Computerindustrie: "Zugegeben, unsere Idee, auf
die einstweilige Verfügung von Apple zu spekulieren, um so ein bisschen
extra Aufmerksamkeit zu bekommen, war etwas schlitzohrig. Aber eben
der effizienteste Weg, die Berliner Suchthilfe bekannt zu machen."
Sie fährt fort: "Mensch, Steve, früher warst Du doch ein Pirat, Und jetzt
benimmst Du Dich wie die Navy. Mit Plagiaten hast Du doch selbst
Erfahrung. Erinnere Dich doch mal, als Du Anfang der 80er- Jahre von
,Apple Records‘, dem Plattenlabel der Beatles, wegen Verletzung ihrer
Namensrechte verklagt wurdest. Damals durftest Du nur mit dem Namen
,Apple‘ weitermachen, nachdem Du versprochen hattest, damit nicht ins
Musikgeschäft einzusteigen. Diese großzügige Haltung hast Du mit Deinem
,iTunes-Music-Store‘ nicht gerade belohnt."
Wir wollen lesen, was Steve Paul Jobs auf diesen Brief antwortet! Der
Berliner Suchthilfe wegen und um der scharfzüngigen, blitzgescheiten Julia
Filimonow willen. Vor allem aber wollen wir diese Plakate endlich hängen
sehen. Schon damit diese Seminararbeit endlich ins wirkliche Leben tritt.
Das wäre eine Hochschulreform!
Quelle: Berliner Zeitung Online