André und Dorine Gorz sind tot

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Avalon,

du hast natürlich recht, es gibt immer noch viele Ehen, die jahrzehntelang halten.
Aber selten hat ein wortmächtiger Autor, der sich eigentlich auf dem schwer rationalen Feld der Sozialphilosophie hervorgetan hat ("Kritik der ökonomischen Vernunft"), seiner schwer kranken Frau eine solche Liebeserklärung gemacht hat – und beide im Greisenalter.
Sein "Brief an D." war eigentlich gar nicht für die Öffentlichkeit gedacht, die beiden lebten ohnehin sehr zurückgezogen in ihrem entlegenen Dorf.

Ausserdem: Ich bin in einem Alter, wo die ersten Kinder das Haus verlassen und ich mich frage, wie das Leben für mich und meine Frau für mich so weitergeht.
Da ist es einfach interessant, von solchen Paaren und ihrem Leben zu erfahren. Die meisten alten Liebenden können ihre Erfahrungen und Gefühle ja nicht in Worte fassen.
 
Lünk

Wir sind zwar nicht immer einer Meinung, aber ungefähr im gleichen Alter.
Bei uns spielt sich in Bezug auf die Kinder die das Haus verlassen, bzw. schon verlassen haben, ähnliches wie bei dir ab.

Und dabei sind halt zwei Seelen in der Brust, eine die sich freut und eine andere, die zwar eine gewisse Ruhe einkehren sieht, aber auch eine gewisse Leere entstehen sieht.

Ich muss aber sagen das mir persönlich auch nicht ein Sozialphilosoph dabei helfen kann. Das bekommen wir auch so gebacken.

PS: Es sind noch etwas weniger wie 33 Jahre bis wir dort sind wo die Beiden angekommen sind. Da gibt es noch reichlich Zeit zum philosophieren oder auch nicht.
 
danke lünk!
 
Aber es hat schon was… wenn wir für jeden Prominenten
der das Zeitliche segnet einen Thread eröffnen, können wir
einen Friedhofsthread einrichten.

Die meisten alten Liebenden können ihre Erfahrungen und Gefühle ja nicht in Worte fassen.

Das ist ganz und gar nicht so. Gerade die können es…
 
Bewundernswert, dass sie den Mut hatten, gemeinsam über den Zeitpunkt ihres Todes zu entscheiden.
so ist es und so sollte es sein.
In seinem Brief an seine Frau hat Gorz auch geschrieben:
"Ich will nicht bei Deiner Einäscherung dabei sein; ich will kein Gefäß mit Deiner Asche erhalten."
 
In seinem Brief an seine Frau hat Gorz auch geschrieben:
"Ich will nicht bei Deiner Einäscherung dabei sein; ich will kein Gefäß mit Deiner Asche erhalten."

Lünk, das kann man "philosophisch" sehen oder nüchtern betrachtet auch als Feigkeit bzw. Unfähigkeit mit dem Tod des anderen umzugehen.
(Was nach so einer Zeit aber auch verständlich ist)
 
Sie hatten wohl keine sonstigen Verpflichtungen, keine Kinder, Arbeit ist getan, Bücher wollte er keine mehr schreiben. Was soll man dann noch hier? :noplan:
 
Das ist ganz und gar nicht so. Gerade die können es…

Ja, es lohnt sich oft, alten Menschen zuzuhören. Sie sprechen nur leider oft keine Sprache (mehr?), die junge Menschen verstehen (wollen?).

Ich glaube ganz unbedingt an ewige Liebe, denke aber auch sehr sicher, dass sie einen Preis kostet (sie hat für IHN gearbeitet, ihn respektiert, obwohl er kein Geld nach Hause brachte, sie haben auf Kinder verzichtet, sie haben Missverständnisse überbrückt, denn aus dem Artikel geht ja schon hervor, dass sie unterschiedlich geliebt haben, sie nach vorne, er im Rückblick...) und dass man sie nicht nur erarbeiten muss - man muss auch das Glück eines gnädigen Schicksals haben, das diese Chance einräumt.

Mir ist einmal auf einem Spaziergang dieser Grabstein vor die Kamera gekommen:

Some_kind_of_story_____by_Gooregan.jpg


DER erzählt eine Geschichte. Da hat jemand viele, viele Jahre gewartet, um dann zum Lebenspartner ins Grab zu folgen...


Sie hatten wohl keine sonstigen Verpflichtungen, keine Kinder, Arbeit ist getan, Bücher wollte er keine mehr schreiben. Was soll man dann noch hier? :noplan:

Na, da würde mir aber noch einiges einfallen. Dennoch ist es beneidenswert, wenn man am Ende eines Lebens feststellt: Ich habe ein erfülltes Leben gelebt, ich brauche nicht noch mehr.

Bleibt zu hoffen, dass es das war. Ein ganz klein bisschen klingt auch durch, dass er im intellektuellen Elfenbeinturm saß und sie seine Verbindung zur wahren Welt war. Da kann es auch Angst machen, wenn sie aus dem Leben verschwindet...
 
...guckt "About Schmidt"...
 
Mir ist einmal auf einem Spaziergang dieser Grabstein vor die Kamera gekommen:

DER erzählt eine Geschichte. Da hat jemand viele, viele Jahre gewartet, um dann zum Lebenspartner ins Grab zu folgen...
Wahnsinn.


Meine Großeltern waren 15 und 16 Jahre alt, als sie heirateten. Sie waren 70 Jahre lang gemeinsam glücklich, hatten im Laufe von 30 Jahren 12 Kinder zur Welt gebracht, von denen 10 die Geburt überlebt haben. Mein Großvater starb mit 85, sie 2 Monate später. :(
 
Meine Großeltern waren 15 und 16 Jahre alt, als sie heirateten. Sie waren 70 Jahre lang gemeinsam glücklich, hatten im Laufe von 30 Jahren 12 Kinder zur Welt gebracht, von denen 10 die Geburt überlebt haben. Mein Großvater starb mit 85, sie 2 Monate später. :(

Was eine Lebensgeschichte... :-O
 
Ja, es lohnt sich oft, alten Menschen zuzuhören. Sie sprechen nur leider oft keine Sprache (mehr?), die junge Menschen verstehen (wollen?).

Ich finde sowohl Deine Aussage als auch Dein Bild wirklich gut.

@willeswind
Ich habe weder meine Grosseltern noch meine Eltern je gekannt, kann aber die
schöne Geschichte Deiner Grosseltern trotzdem gut nachvollziehen.
 
Ein ganz klein bisschen klingt auch durch, dass er im intellektuellen Elfenbeinturm saß und sie seine Verbindung zur wahren Welt war. Da kann es auch Angst machen, wenn sie aus dem Leben verschwindet...
Vielleicht geht es auch über die eigenen Kräfte, dem Verfall des geliebten Menschen zusehen zu müssen. Und die Aussicht in einem Pflegeheim oder Krankenhaus sein Leben beschliessen zu müssen.
Nach so langer gemeinsamer Zeit bewusst zusammen zu gehen ist das würdevolle Ende eines langen Lebens. Dazu muss man auch Mut haben.
 
@willeswind
Ich habe weder meine Grosseltern noch meine Eltern je gekannt, kann aber die
schöne Geschichte Deiner Grosseltern trotzdem gut nachvollziehen.

Ohne dem Thread jetzt Schaden zufügen zu wollen: Mich machen alle Geschichten, die hier jetzt schon aufgetaucht sind, traurig. Ein Freund von mir ist gerade im Alter von 26 Jahren sehr plötzlich gestorben - einfach so, von einem Moment zum anderen.

Eigentlich ein beneidenswerter Tod, aber wenn ich hier die Geschichten von vielen Jahren gemeinsamen Lebens lese, wird mir wieder deutlich, wie verdammt viel zu früh das war. Leben (und besonders Sterben) kann ganz schön unfair sein.
 
Vielleicht geht es auch über die eigenen Kräfte, dem Verfall des geliebten Menschen zusehen zu müssen. Und die Aussicht in einem Pflegeheim oder Krankenhaus sein Leben beschliessen zu müssen.
Nach so langer gemeinsamer Zeit bewusst zusammen zu gehen, ist zumindest das würdevolle Ende eines langen Lebens.

Mit absoluter Sicherheit. Weit über 80 finde ich den Entschluss, genug gelebt und geleistet zu haben, ohnehin einfach nur souverän.
 
Ich finde an Selbstmord nichts Würdevolles, aber das ist nur meine Meinung.

Der Abgang der Paares ist auf jeden Fall romantisch und zeugt von einer tiefen, beneidenswerten Verbundenheit.
 
Einfach drauf zu warten, dass man stirbt, hat für mich aber auch nichts mit Würde zu tun. :noplan:

Vielleicht ist Würde in dem Zusammenhang auch einfach unangebracht. Mir jedenfalls imponiert es, wenn jemand selbstbestimmt sein Leben in die Hand nimmt.
 
Gemeinsam gestorben? Wie geht das, wenn nicht Selbstmod?

Wenns selbstmord war, dann nicht RIP, wenn sie natürlich gestorben sind, dann RIP, ganz ehrlich.
 
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