Umsatzsteuer - Ärger mit dem FA wg. Kleinunternehmerregelung

F

Fantômas

Hallo Freelancers...

sorry schon mal für den langen Text...
Ich schreibe dies aus zweierlei Gründen:
Vielleicht hat der eine oder andere ja schon mal ähnliches erlebt
und kann mir einen Tipp geben...
Zum anderen gibt es hier sicher einige User, die kurz davor stehen, sich
selbständig zu machen, und die folgende Geschichte dürfte für diese
Gruppe sehr wichtig sein.

Kurz zur Vorgeschichte:
Ich habe mich im Februar 2005 selbständig gemacht und auch ordentlich
beim Finanzamt angemeldet (als freiberuflicher Grafiker).
Da ich damals nicht davon ausging, dass ich die Grenze von 17.500 Euro
Umsatz im ersten Jahr überschreite, habe ich die Kleinunternehmerregelung nach
§19 für mich in Anspruch genommen.

Diese Regelung bietet sich speziell für Starter an, die sich in der ersten
Zeit erstmal die nervige Umsatzsteuervoranmeldung vom Hals halten
wollen bzw. vom Vorsteuerabzug nicht profitieren, da sie in der
Anfangszeit keine grossen Investitionen tätigen.
Ich habe also im ersten Jahr keine 16% Mehrwertsteuer ausgewiesen und
logischerweise auch nicht eingenommen (dies habe ich auf allen Rechnungen,
die ich gestellt habe, auch ordnungsgemäss vermerkt:
»Betrag enthält keine Mehrwertsteuer«)

Nun gut, die Auftragslage verbesserte sich gegen Herbst und ich kam
für das Jahr 2005 etwas über die Grenze von 17.500 Euro.
Soweit erst mal kein Beinbruch, dachte ich - dann bin ich eben ab 2006
aus der Kleinunternehmerregelung draussen und auch ganz normal umsatzsteuerpflichtig.
Sprich, ich beginne ab 2006 die Umsatzsteuer
zu vereinnahmen und abzuführen (Voranmeldung, usw.)

Dies bestätigte mir auch ein Mitarbeiter des Finanzamtes (!).
Vor zwei Wochen bin ich jedoch aus allen Wolken gefallen:
Ein Brief vom Finanzamt kam, in dem mir lapidar mitgeteilt wurde,
dass ich durch Überschreiten der 17.500-Grenze für das
gesamte Jahr 2005 der Umsatzsteuerpflicht unterliege und doch
bitteschön innerhalb von vier Wochen eine berichtigte Umsatzsteuererklärung
abzugeben habe...

Persönliche Vorsprache beim Finanzamt ergab Folgendes:
Zwei Mitarbeiter in der Info-Zentrale sagten mir ohne zu zögern,
dass das ein Fehler vom Finanzamt sein müsse. Das hätten sie noch
nie gehört und sei auch völlig unlogisch...

Schön, dachte ich.

Der zweite Mitarbeiter meinte aber, dass er lieber nochmal beim
Sachgebietsleiter telefonisch nachfrage.
Diese Nachfrage bei seinem Vorgesetzten ergab dann, dass es damit
seine Richigkeit habe und ich die Umsatzsteuer für 2005 nachzahlen
müsse
.
WELCHE Umsatzsteuer, fragte ich dann und erklärte, dass ich das ganze
Jahr über keine Umsatzsteuer vereinnahmt habe...
Er meinte dann, ich müsse aus allen meinen Einnahmen die 16% rausrechnen
und diese abführen... :p
Sprich ich sitze jetzt hier mit einer Umsatzsteuerschuld von knapp 3500
Euro (die ich nicht eingenommen habe, aber abführen soll)
und habe keine Ahnung, wovon
ich die bezahlen soll....

Ich habe den Vorgang jetzt meiner Steuerberaterin übergeben und ich
hoffe, dass die irgendwas reissen kann.
Andernfalls habe ich ein grosses Problem... :mad:

Also: Wenn sich jemand von Euch neu beim FA anmeldet: Gut überlegen,
ob ihr diese §19-Regelung in Anspruch nehmt!
Am besten erstmal Rücksprache halten mit jemandem, der sich auskennt.

Hat jemand schon ähnliches erlebt?
 
Keine Sorge: Sobald du die "Kleinunternehmergrenze" überschreitest, ändert sich für das entsprechende Kalenderjahr nichts. Die Änderung tritt dann erst ab dem folgenden Kalenderjahr in Kraft.

Somit liegt eindeutig ein Fehler des Finanzamts vor.
 
Hey Ollo,
ja - wie Patrick schon meinte - keine Sorge! Laß' dich nicht vom FA verarschen. Du brauchst definitiv KEINE Umsatzsteuer für 2005 rückwirkend abzuführen. Bin selbst auch Freelancer. Gruß, T.
 
habe den §19 für mich auch in anspruch genommen und bin damit über jahre gut gefahren, hatte auch nie probleme mit dem finanzamt, meine steuererklärungen waren immer i.o. wenn es mal etwas mehr wurde als im §19 ausgewiesen, wurden halt anschaffungen getätigt, die das wieder ausglichen.
finde es sehr merkwürdig, dass dir das passiert ist. du schreibst, du hättest einen steuerberater ... die zusammenarbeit würde ich dann an deiner stelle noch mal überdenken denn immerhin sollte der dich vor solchen sachen bewahren und nicht erst eingreifen wenn es zu spät ist. steuerschulden sind nämlich ein ganz anderes kaliber als beispielsweise schulden bei men versandhaus o.ä. auch wenn es nur 3500,- sind ...

viel glück
 
converter schrieb:
steuerschulden sind nämlich ein ganz anderes kaliber als beispielsweise schulden bei men versandhaus o.ä. auch wenn es nur 3500,- sind

Stimmt! Bei höheren Beträgen fackelt das Finanzamt nicht lange und macht u.U. sogar deine Konten dicht. Dann steht man erstmal ziemlich hilflos auf dem Schlauch.
 
Ich kann das bestätigen. Eindeutig ein Fehler des Finanzamtes. Die Regelung des § 19 UStG besagt nämlich:

Kleinunternehmer ist man, wenn:

- Umsatz < 17.500 im Vorjahr (bei dir also 2004)
- Umsatz (voraussichtlich) < 50.000 im laufenden Jahr ( bei dir also 2005)

Edit: Tip wegen der 3.500 € --> Einspruch und Aussetzung der Vollziehung beantragen, dann wird die Forderung des Finanzamtes bis zur Klärung erstmal ausgesetzt. Das sollte selbstverständlich dein Steuerberater machen.
 
Weber's Patrick schrieb:
Stimmt! Bei höheren Beträgen fackelt das Finanzamt nicht lange und macht u.U. sogar deine Konten dicht. Dann steht man erstmal ziemlich hilflos auf dem Schlauch.

jap, dann ist erstmal ende. zumal man die fa schulden auch meist binnen weniger wochen zahlen muss (selbst erlebt :( ) egal ob man das geld hat oder nicht ... konten dicht, negativer schufa eintrag, post vom amtsgericht oder dem gerichtsvollzieher bis hin zur pfändung der konten kann alles passieren. das alles geht in solchen fällen extrem schnell, zumindest schneller als in der regulären wirtschaft. meist kneift dann der steuerberater auch nur die backen zusammen und es kann nur noch ein anwalt helfen ... nicht zum verklagen des finanzamtes, sondern um die veständigung zu regeln.
da heißt es nur nerven bewahren und sich umgehend mit den leuten vom finanzamt in verbindung setzten und eine einigung erwirken.
 
Hmm...
Eure Aussagen lassen meinen Adrenalispiegel wieder etwas sinken...
Ich hoffe, Ihr behaltet Recht.
Ich habe ein tiefes Misstrauen gegenüber gewissen Ämtern und mir
geht der Ar*** einfach ein bisschen auf Grundeis. Denn wenn so eine
Steuerschuld erstmal besteht (egal ob zu recht oder nicht), kommt man
da glaube ich sehr schwer wieder raus...

Meine Steuerberaterin ist übrigens auch der Ansicht, dass das ein Irrtum
sein muss....
Trotzdem, wenn sich da so ein Bürokrat querstellt... ich habe einfach ein
ungutes Gefühl.
 
rumba. schrieb:
Ich kann das bestätigen. Eindeutig ein Fehler des Finanzamtes. Die Regelung des § 19 UStG besagt nämlich:

Kleinunternehmer ist man, wenn:

- Umsatz < 17.500 im Vorjahr (bei dir also 2004)
- Umsatz (voraussichtlich) < 50.000 im laufenden Jahr ( bei dir also 2005)


es kommt aber auch drauf an, wie viel er im vorjahr drüber war! wenn er statt 9500,- plötlich 35.000,- binnen weniger monate verdient hat, hat das finanzamt durchaus das recht, für die monate in denen er so viel über dem satz verdient hat rückwirkend steuern zu erheben. für das folgende jahr wird er dann sowieso höher eingestuft.
 
Da muß sich kein Bürokrat querstellen. Es ist einfach geltendes Recht!

Bin übrigens selbst Steuerberater, von daher kannst du mir da schon vertrauen. ;-)
 
rumba. schrieb:
Ich kann das bestätigen. Eindeutig ein Fehler des Finanzamtes. Die Regelung des § 19 UStG besagt nämlich:

Kleinunternehmer ist man, wenn:

- Umsatz < 17.500 im Vorjahr (bei dir also 2004)
- Umsatz (voraussichtlich) < 50.000 im laufenden Jahr ( bei dir also 2005)

Nee, da hast Du mich falsch verstanden - ich habe doch erst im
Februar 2005 gegründet.
Aber ist ja egal, kommt dann aufs gleiche heraus
 
ollo schrieb:
Nee, da hast Du mich falsch verstanden - ich habe doch erst im
Februar 2005 gegründet.
Aber ist ja egal, kommt dann aufs gleiche heraus


Eben .. im Vorjahr hattest du also 0 € Umsatz und im laufenden Jahr weniger als 50.000 €.
 
ihk-muenchen.de/ihk_merkblaetter/Kleinunternehmer1.pdf

traum-projekt.com/94-steuer-recht-and-co/48395-faq-kleinunternehmer
 
siehe besonders:
2. Link, Beispiel 3 oder 4 und (!) den darunter aufgeführten Zusatz
 
CMs schrieb:
siehe besonders:
2. Link, Beispiel 3 oder 4 und (!) den darunter aufgeführten Zusatz

du meint diesen, oder?:

Was passiert wenn meine Schätzungen falsch waren und ich die Grenzen im Nachhinein überschreite?
Man bleibt dann für den vergangen Zeitraum trotzdem Kleinunternehmer. Rückwirkend würde meiner Einschätzung nach nur etwas geändert, wenn das Finanzamt nachweisen könnte, dass die Schätzungen vorsätzlich falsch waren (Meiner Einschätzung nach fast unmöglich, dass das Finanzamt dieses nachweisen kann).

klingt beruhigend...

Aber wenn die Rechtslage - wie hier geschildert - so eindeutig ist, warum bekomme ich dann solche Briefe?
Sind die »Sachgebietsleiter« beim Finanzamt alle besoffen? kopfkratz kopfkratz
 
Endlich kam der Bescheid vom FA:
Ich muss keine Umsatzsteuer für 2005 zahlen!
Kein Wort der Erklärung, geschweige denn Entschuldigung... aber egal...

Hurra! Ihr hattet also Recht - danke nochmal an alle für die hilfreichen Posts.

Gruß
Ollo
 
mir geht es ähnlich... nur dass ich bei schritt 0,5 schon versage.

ich soll auch, zwar etwas verspätet, ein einkommensteuererklärung 2005 einreichen.
bin auch als freier grafiker/promotion (kleinunternehmer) in berlin/neukölln gemeldet
und habe keine ahnung wie man das macht welches formular ich brauche und welche
unterlagen (rechnungen/belege,etc.) von mir da noch fällig sind...

ich liege 2005 sicherlich unter 17500EUR und habe immer brav rechnungen geschrieben.
nebenher arbeite ich noch in der gastronomie (400EUR job)

bin kurz davor einen steuerberater zu engagieren aber das kostet auch wieder...

kann mir vielleicht jemand kurz und unkompliziert helfen wie ich da jetzt vorgehen soll
bzw. was der einfachste weg ist das schnell vom tisch zu kriegen.
 
hallo.
wenn dir das so kompliziert ist, nimm dir einen steuerberater.

man kann diese ganzen vorgänge mit einkommen- und umsatzsteuer schwerlich mal kurz per mail erklären.

mir bringt das thema spaß und ich habe mich ein wenig eingelesen und damit beschäftigt und komme bislang gut ohne steuerberater aus. dass ist zwar alles nicht schwierig, aber halt behördendeutsch.
guter tipp: ratgeber freie von goetz buchholz
 
Du füllst ganz normal die Erklärung als Selbständiger aus und fügst einfach eine separate Einkommen/Ausgaben Überschuß-Rechnung dabei.
Der 400,--Euro Job wird vom AG direkt dem FA gemeldet.
 
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