Scharfer Wind für freiberufliche Kreative

hat eigentlich einer von denen, die dem artikel übertreibung und schwarzmalerei vorwerfen, mal das ende gelesen? ;)

Der Druck, der auf dem Kreativen lastet, kommt allerdings nicht von ungefähr. Üppig wucherten die Honorarwünsche in den Jahren vor der Krise, großzügig entsprachen die Auftraggeber den Begehren, flüchtig studierten die Controller die vorgelegten Rechnungen, und freudig schöpften die Kunden aus dem Füllhorn der Vorschläge. Das ist vorbei. Die Märkte haben sich auf normale Temperaturen abgekühlt...
 
Natürlich hab ich den gelesen. Bin ja schließlich kein Ichlesjetztmalfünfzeilenund dannbollerichhierlosSchreiber. :)
Und kann das ebenfalls nicht bestätigen. Bin seit 20 Jahren in Werbeagenturen unterwegs, in den letzten Jahren selbstständig. Habe selten wirklich überzogene Forderungen gesehen. Und wenn, wurden diese genauso selten erfüllt. Es ist ja schließlich nicht so, dass die Kunden vor ein paar Jahren noch strunzendoof und stinkenreich waren und auf einmal das große Rechnen anfangen.
„… flüchtig studierten die Controller die vorgelegten Rechnungen …“, dass ich nicht lache. Ja, heute wird gern weniger gezahlt, das entspricht leider dem Trend und der Wirtschaftslage, kalkulieren müssen wir alle. Ich wiederhole mich gerne, wenn ich persönlich den Artikel als überzogene Bangemache sehe.
 
naja, im journalistischen bereich kann ich den trend voll und ganz bestätigen. die verlage haben hunderte mitarbeiter eingespart (jetzt jammern die restlichen, dass sie gute journalisten brauchen *g*), sehr, sehr viele texter müssen inzwischen auch knipsen mit irgendeiner digi, die freien fotografen brauchen natürlich ständig neues equipment (zumal der digitalkram von der haltbarkeit mit den analogen geräten nicht ansatzweise mitkommt)... festverträge gibt es keine neuen mehr bei tageszeitungen (jedenfalls in dem bereich, wo ich ihn kenne), da werden nur noch freie angeheuert, bestenfalls zeitverträge. ganze redaktionen wurden aufgelöst. so dolle ist das nicht, selbst für festangestellte - und das hat nichts mit schwarzmalerei zu tun, sondern mit erfahrungen und ganz gravierenden änderungen!
 
BEASTIEPENDENT schrieb:
naja, im journalistischen bereich kann ich den trend voll und ganz bestätigen. die verlage haben hunderte mitarbeiter eingespart (jetzt jammern die restlichen, dass sie gute journalisten brauchen *g*), sehr, sehr viele texter müssen inzwischen auch knipsen mit irgendeiner digi, die freien fotografen brauchen natürlich ständig neues equipment (zumal der digitalkram von der haltbarkeit mit den analogen geräten nicht ansatzweise mitkommt)... festverträge gibt es keine neuen mehr bei tageszeitungen (jedenfalls in dem bereich, wo ich ihn kenne), da werden nur noch freie angeheuert, bestenfalls zeitverträge. ganze redaktionen wurden aufgelöst. so dolle ist das nicht, selbst für festangestellte - und das hat nichts mit schwarzmalerei zu tun, sondern mit erfahrungen und ganz gravierenden änderungen!

Der ganze Mantel einer regionalen Zeitung wird dazu gekauft, Redakteure sind nebenbei auch Fotografen, so ist es mittlerweile. Kann das alles unterschreiben. Liegt aber nicht nur unbedingt an den Besitzern bestimmter Zeitungen, sondern auch an den veränderten Lesegewohnheiten der Leser. Anspruchsvolles ist nicht mehr unbedingt gefragt. Eigens recherchierte Beiträge rechnen sich nicht mehr für eine mittlere Regionalzeitung. Der geile Geiz ist auch auf das Journalistische übergeschlagen.

Bezgl. Zeitungen ist das vielleicht ein Thema, das mit der veränderten Konsumtion der Medien zu tun hat. Es gibt Internet, es gibt in den dritten Radioprogrammen Nachrichtensender, die aller 15 Minuten dasselbe hinunterbeten, es gibt N24 und ntv.

Eine Reporterin, die gleichzeitig für N24, Kabel 1 und Sat.1 aus dem Irak berichtet. Wen interessiert noch eine differenzierende Darstellung der Dinge , wenn es globalisierend schneller geht.

Meine Meinung: Die Leute werden leichter bedient, sie werden dümmer dabei, sie lassen sich einfacher mit einer Meinung identifizieren, sie wollen es nicht anders. Sie sind zufrieden damit. Das Leben ist kompliziert genug, und wenn es die Suche nach dem billigsten Kilo Filet für das kommende Wochenende ist. Meinungssuche wie zuletzt in den 80ern ist nicht mehr gefragt, das eigene Gehirn ist schon ausgebucht, zu kompliziert das alles. Keine deutsche Krankheit, dies ist überall zu beobachten. Mir tut es nur leid. Anderen tut es gut, weil es billig zu haben ist. Aber das ist gut so, wie es schon ein Party-erprobter Berliner Regierender Bürgermeister treffend ausdrückte. Die Masse will es nicht anders. Und wenn es im Nebeneffekt noch dazu billiger ist, why not? Worüber wundert Ihr Euch?

Grüße, Hondo
 
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Regionaler Informationsmarkt

Hondo:
Im Prinzip hast Du Recht. Praktisch alle Tageszeitungen sind in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten. Insbesondere die regionalen Blätter haben ihre Redaktionen reduziert oder sind in überregionalen Blättern aufgegangen. Vor Ort erledigt dann ein Mann das, was an örtlichen Ereignissen erwähnt werden muss, oft ohne Sachkenntnis und Hintergrundwissen. Meist druckt er vorformulierte Texte der Betroffenen 1:1 ab.
Ursache ist aber der Anzeigenschwund – die Hauptfinanzquelle der Zeitungen trocknet aus.
In erster Linie ist das Internet mit seinem explodierenden Kleinanzeigengeschäft dafür verantwortlich, das durch Datenbänke+Suchfunktionen wesentlich mehr bietet, natürlich auch die lahmende Konjunktur.

Wenn in der Generation bis 40 regionale Tageszeitungen nicht mehr gelesen werden (höchstens die Regionalteile der großen Zeitungen), dann ist das in meinen Augen eine Folge ihrer drastisch reduzierten journalistischen Qualität.
Aber eine Region mit 50.000 oder 100.000 Einwohnern kann ohne die Werbeeinnahmen keine Vollredaktion mit mehreren Profijournalisten und Fotografen mehr finanzieren.
Das Bedürfnis nach regionaler Information ist sicher nach wie vor ungebrochen - aber wer wäre denn bereit, 5 Euro und mehr für sein Morgenblatt zu bezahlen?

Das Schlimme ist, dass überregionale Medien wie die Nachrichtensender die Lücke auch nicht schliessen können. Und das hat gravierende Folgen nicht nur für Lebensqualität in der Provinz. Die Kontrollinstanz für die Kommunale Politik verschwindet, die lokalen Seilschaften können schalten und walten, wie sie wollen.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Wenn in der Generation bis 40 regionale Tageszeitungen nicht mehr gelesen werden (höchstens die Regionalteile der großen Zeitungen), dann ist das in meinen Augen eine Folge ihrer drastisch reduzierten journalistischen Qualität.

Richtig! Genau da liegt der Hase im Pfeffer. Das will seit Jahren keiner hören und jetzt ist die Leserschaft eben weg!
 
@Krill: Dem stimme ich zu.

Krill schrieb:
Das Schlimme ist, dass überregionale Medien wie die Nachrichtensender die Lücke auch nicht schliessen können. Und das hat gravierende Folgen nicht nur für Lebensqualität in der Provinz. Die Kontrollinstanz für die Kommunale Politik verschwindet, die lokalen Seilschaften können schalten und walten, wie sie wollen.

Genau, die Pressestelle des Landrats schreibt den Artikel schon mal vor, der Redakteur beim Termin braucht nur noch Fotos zu machen. Manchen Redakteuren bleibt auch nichts anderes übrig, als diese Situation so hinzunehmen, da sie ja täglich so viele Termine in ihrer Region haben, die früher mal von zwei oder drei Redakteuren plus Fotoredakteur gemacht wurden.


Es ist halt Ansichtssache, wer nun verantwortlich ist für das sinkende Niveau: Der Leser, der Anzeigenkunde oder die Redaktion. Die Katze, die ihren eigenen Schwanz jagt.
 
eigentlich wollte ich das buch _nicht_ empfehlen, weil es im ganzen schwer verdaulich ist, aber einige passagen _könnten_ zu einem neuen verständnis verhelfen (z.b.
'der wettbewerb konzentriert sich auf das früher-sein und das früher-anders-werden',
'struktur ist nie energie',
'strategisch geplante fortbildung ist verhinderung von lernen',
'das einzige ziel ist die produktion von offenheit',
'man erreicht keine ziele, sondern erzielt abweichungen',
'die menschen gieren nicht nach kunst, sondern nach künstlichen erlebnissen durch kunst', usw., usf.).
das ist ein 1000-seiten brocken von eurem zukunftsforscher gerd gerken 'manager... die helden des chaos' (1992, econ).
wie gesagt, man ist nach der lektüre mehr verwirrt als vorher, das ganze könnte man auf maximum 50 seiten auch zusammenfassen, dennoch gibt es ein paar erleuchtende einsichten, wiewohl eher allgemein und sloganartig als spezifisch.
mal so ein tipp... :rolleyes:
rob
 
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*duckundweg*
rob
 
Krill schrieb:
...

Warum? Weil hier in diesem Forum viele Leute unterwegs sind, die eine Profilaufbahn noch vor sich haben, oder die noch überlegen, was sie studieren.

In dem Artikel wird meinem Eindruck nach eben nicht gejammert, sondern die geänderten Verhältnisse skizziert und von der Notwendigkeit gesprochen, sich darauf einzustellen.

Mich würden z.B. Erfahrungen wie die von CyVice interessieren.

Ich selbst bin gerade in der Situation, dass ich nebenher als freier Journalist arbeite und auf der Suche nach einem Volontariat bin, was derzeit nicht einfach ist.
ABER: ich bin der Überzeugung, dass die Leute das machen sollen, wo sie einen Sinn drin sehen, denn nur dann werden sie auch in ihrem Metier gut aufgehoben sein und Leistung bringen können. Auch wenn die Zeiten jetzt schwierig sind, die Arbeitgeber nicht viel zu zahlen bereit sind, so glaub ich daran, dass immer was geht...

OT: gibts gute Seiten, wo man übersichtsmäßig nach Volos suchen kann ;)
 
Al Terego schrieb:
Dann soll es halt jemand anderes machen. Ich würde eher einen anderen Beruf ergreifen als mich unter Preis verkaufen.
Und Qualität interessiert auch heutzutage.
Und das Thema hatten wir wie gesagt schon öfter hier im Forum, endet immer wieder in endlos fruchtlosen Diskussionen und wir sollten es in diesem Thread nicht weiter breit latschen um, wie Krill gebeten hat, Platz für weitere Erfahrungen oder zumindest kurze Statements zum Thema des Threads zu lassen. Halte ich an dieser Stelle für sinnvoller.

Sorry Al Terego, da muss ich jetzt schon noch mal direkt anknüpfen. Würdest du dann zum Bau gehen oder als Maori nach Rotorua, um die Touristen zu unterhalten oder wie einfach stellst du dir das vor? Man hat ja den Beruf gewählt, weil man genau dort seine Interessen und Talente gesehen hat. Und man hat auch einiges investiert, um dorthin zu gelangen.

Ihr hattet das Thema schon öfter, ja? Daran erkennst du doch, wie brisant es ist! Es ist unbestritten, dass es noch zahlreiche Leute gibt, bei denen es gut läuft oder die bereit sind ohne Murren den Gürtel enger zu schnallen. Sei froh, dass es bei dir so ist. Aber akzeptiere die Aussage des Artikels der SZ und die Aussagen einiger Mit-Poster. Und akzeptiere, dass es zahllose Menschen gibt, die sich nicht dazu äußern würden, weil es dann vielleicht so aussehen würde, als könnten sie nichts oder es heißen würde: selbst Schuld.

Im Printjournalismus konnten übrigens auch zur großen Bubble-Zeit nie überhöhte Forderungen gestellt werden (war im TV- und Multimedia-Bereich anders). Heute kriegst du nicht mal mehr die Seitenhonorare von damals. Du kannst auch nicht verhandeln. Denn es heißt schlicht: Wir zahlen xy € pro Seite. Wobei große Verlagshäuser, die viele Printmagazine herausgeben, sehr wohl Anzeigenerlöse erzielen…
Es schwirren im Internet auch noch Richtlinien für Honorare für den Stunden- und Tagessatz als Lektor und PR-Mensch herum – die kannst du gar nicht mehr verlangen, weil dir die Sätze eben von Auftraggeberseite diktiert werden. Man kann das durchziehen und sagen: "Mir mir nicht", aber irgendwann geht jedem die Luft aus. Und dann sind wir auch noch mal beim Wischiwaschi-Begriff der Qualität (die natürlich auch übergreifend gemeint war): Letztendlich kriegen die Unternehmen ja doch ihre Qualität, weil die Leute sich genauso lang, wenn nicht sogar länger hinsetzen und sich mit ihrer Arbeit identifizieren – schlechte Arbeit will keiner abliefern. Doch die Unternehmen kriegen die Leistung halt für weniger Geld.
 
quomodonam schrieb:
Würdest du dann zum Bau gehen oder als Maori nach Rotorua, um die Touristen zu unterhalten oder wie einfach stellst du dir das vor? Man hat ja den Beruf gewählt, weil man genau dort seine Interessen und Talente gesehen hat. Und man hat auch einiges investiert, um dorthin zu gelangen.

Ich bin bereit, mich ziemlich zu verbiegen, um mich und meine Familie durchs Leben zu bringen und unseren Lebensstandard möglichst zu erhalten.
Ich bin nicht bereit, mich in welchem Job auch immer unter Preis zu verkaufen. Ich bin mit Sicherheit bereit, auch schlechter bezahlte Arbeiten als im Moment auszuführen, wenn sie der Leistung entsprechend bezahlt werden. Ja, fast jede, wenn ich körperlich dazu in der Lage bin das durchzustehen auch am Bau. Ich bin, wenn es sich vermeiden lässt, nicht bereit, längere Wege als bis 70 km (eine Tour) täglich zu meiner Arbeitsstelle zurückzulegen. Also scheidet die Südsee schonmal aus. :)

quomodonam schrieb:
Aber akzeptiere die Aussage des Artikels der SZ und die Aussagen einiger Mit-Poster. Und akzeptiere, dass es zahllose Menschen gibt, die sich nicht dazu äußern würden, weil es dann vielleicht so aussehen würde, als könnten sie nichts oder es heißen würde: selbst Schuld.

Selbstverständlich akzeptiere ich die Ansichten und Aussagen meiner Mitschreiber und Arbeitskollegen. Ich habe lediglich geschrieben, dass ich die Aussagen für mich persönlich und mein Berufsumfeld nicht verifizieren kann. Es ging doch um Erfahrungsberichte, oder?
Mit Deinem o.g. zweiten Satz samt Fazit kann ich leider in diesem Zusammenhang nichts anfangen.

bundu schrieb:
Auch wenn die Zeiten jetzt schwierig sind, die Arbeitgeber nicht viel zu zahlen bereit sind, so glaub ich daran, dass immer was geht...
So sehe ich das ebenfalls. Auch zu akzeptablen Preisen. Es kommt neben dem eigenen Leistungsspektrum, das ich dem Kunden als Portfolio präsentiere auch viel darauf an, wie ich auftrete und ob ich vermitteln kann, dass ich zu den von mir geforderten Honoraren auch eine entsprechende Gegenleistung zu bieten imstande bin.

Besten Gruß,
Al
 
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