Hallo!
Die Situation klingt mir insgesamt zu einseitig geschildert, denn es wäre schön, auch mal den Kunden dazu zu hören, was leider nicht möglich ist. Um es dennoch mal ohne Emotionsanteil zu formulieren: Dein Aufraggeber sicherte Dir regelmäßige Jobs und beweist damit die Absicht, mit Dir auch in Zukunft kooperieren zu wollen. Aufgrund bisheriger Verhandlungen und Ergebnisse ist es für beide Seiten legitim, die zukünftige Ausgangsposition neu zu verhandeln. In diesem Fall kommt das Signal vom Auftraggeber und falls dieser mehr Arbeitszeit für weniger Geld fordert, dann sollte man als seriöser Partner nicht mit Wut oder Zorn regieren sondern einen Standpunkt einnehmen sowie argumentieren und verhandeln. Er möchte eben eine andere Form eines "Mengenrabattes" bewirken. Daran ist erstmal nichts auszusetzen, denn das Beispiel mit der Werkstatt und dem Mechaniker verliert seinen Vergleichswert in dem Augenblick, wo ich regelmäßig ein Auto reparieren lasse und dafür selbstverständlich einen anderen und günstigeren Preis zahlen möchte, als im teureren Einzelfall. Genauso gut könnte der Auftraggeber von Dir erwarten, weniger Kosten pro Stunde zu verlangen. Auch darauf musst Du regieren können, weil es ebenso legitim wäre, wie die Erwartungshaltung, 30 Min. pro Arbeitstag nicht in Rechnung zu stellen.
Ob Du es Dir leisten kannst, den Kunden dahin gehend zu vergraulen, indem Du sein neues Angebot strikt ablehnst oder ob es nicht professioneller wäre, Dich auf eine Verhandlungsbasis zu begeben, musst Du selbst wissen. Doch selbst Kunden, mit denen man seit Jahren erfolgreich kooperiert, werden nicht müde, bei neuen Projekten auch neue Angebote zu verlangen. Es müsste schon ein schwachsinniger Geschäftsmann sein, der einmal festgelegte Preise über einen langen Zeitraum akzeptiert, denn die Preise ändern sich stetig – zuletzt aufgrund der Erhöhung der Mehrwertsteuer. Und diese permanenten Änderungen verlangen auch von Anbietern und Abnehmern die ständige Bereitschaft, Preise neu auszuhandeln. Das ist nichts Persönliches sondern dient rein zur Kalkulation.
Mögen selbst böse Absichten den Auftraggeber dazu zu verleiten, sich auf diese Weise einen Vorteil verschaffen zu wollen, so sollte man die Angelegenheit ausschließlich nach sachlichen Kriterien beurteilen, aber nicht überbewerten.
Wäre ich an Deiner Stelle und Dein Kunde wäre mein Kunde, dann würde ich ihn davon überzeugen, das mein Honorar angemessen ist, aber die Option eingeräumt werden könnte, Sonderpreise für ihn zu gestalten. Vorausgesetzt, die Buchung der Arbeitsleistung findet tatsächlich statt und der Fokus richtet sich auf eine stetige Auftragsvergabe. Dein Auftraggeber erwartet stattdessen eine geringe Anzahl von geleisteten Stunden auf der Rechnung und das kann viele Ursachen haben. Den Gefallen solltest Du ihm tun, denn es gibt andere Wege, dass Du nichts verschenken musst. Und selbst wenn Du etwas verschenken müsstest, solltest Du abwägen, wie weit Du bei diesem Kunden gehen kannst, um nicht an Glaubwürdigkeit zu verlieren.
30 Min. für Redaktionsbesprechung, Tagesordnung, Kaffeeklatsch, Projektabstimmung ohne Entlohnung sind fair, wenn Dich der Kunde dafür täglich bucht und das über viele Projekte hinweg! Wäre es ein Kunde mit einer Auftragsvergabe, dann wäre eine lautstarke Empörung angebracht, aber nicht in diesem Fall. Es klingt ohnehin nicht mehr wie eine Selbstständigkeit sondern eher wie eine inoffizielle Festanstellung eines Angestellten, ohne die Arbeitgeberverpflichtung, Sozialabgaben abzuführen. Offenbar passen Deine Honoraranforderungen nicht mehr in die Kostenkalkulation Deines Auftraggebers und weil er an Deinen Leistungen festhalten möchte, erwartet er angesichts einer regelmäßigen Beschäftigung ein Entgegenkommen bei der Buchungsabrechnung. Das ist völlig in Ordnung, denn er bucht Dich regelmäßig. Nun sind Preisverhandlungen angesagt, aber kein Verhalten wie eine Mimose!
Den Kaffee bekommst Du doch vom Kunden kostenlos, oder? Wie würde es Dir gefallen, wenn Dir der Kunde eine Gegenrechnung offen legen würde und von Dir verlangt, für den Kaffee zu bezahlen? Wenn es auf dieser Ebene nur noch laufen kann, dann läuft nichts mehr. Irgendwo sollte man sich einfach mal überlegen, wer am Ende mehr zu verlieren hat. Der Kunde oder der Auftragnehmer? Schnell werden 30 Minuten zur lächerlichen Posse. Würde er dagegen von Dir erwarten, einen Tag in der Woche kostenlos zu arbeiten, dann hättest Du wirklich einen Grund, ihn aus dem Fenster zu hängen, aber nicht für lächerliche 30 Min. am Tag, denn hier geht es um eine regelmäßige(!) Mitarbeit an Projekten!
- Sterling