supergeheim schrieb:
in einem zivilisierten land, wären solche arbeitsplatzbedingungen nicht möglich... aber da china eine diktatur ist und große firmen über entsprechende finanzmittel verfügen, können sie mit den leuten halt umgehen, wie sie wollen.
Ich kann mir auch immer nur die Haare raufen, wenn ich in (Wirtschafts-) Magazinen Artikel lese mit dem Tenor, daß China das Boom-Land schlechthin und daher ein Vorbild sei. Vorbild? Niedriger Lebensstandard, mieserable Arbeitsverhältnisse, Analphabetismus, Unterversorgung, politisch die größte Diktatur der Welt, Menschenrechtsverletzungen (gegen die die Menschenrechtsverletzungen in der westlichen Welt trivial sind), Produktpiraterie usw. usf. Trotz des Widerspruchs sind das im Prinzip die besten Voraussetzungen, unter denen der Kapitalismus funktioniert. Nicht umsonst sind gerade internationale Großkonzerne von diesen Ausgangsbedingungen begeistert. Es mag klischeehaft sein, an dieser Stelle Bill Gates zu zitieren (ich würde auch Jobs zitieren, wenn es von ihm wäre), aber ich will nicht bashen - Gates hat es einfach am unverblümtesten auf den Punkt gebracht. Zu China und Chinas Wirtschaft sagte er Anfang 2005: "It's phenomenal, it's a brand new form of capitalism.". Na prima. Gerade die wirtschaftliche Entwicklung gleicht in vielen Punkten der Europas gegen Ende des 19. Jahrhunderts.
Ein Vorbild ist das nicht, ganz im Gegenteil. Für mich ist das moderne China die unsympathischste und gefährlichste (da unberechenbarste) Nation schlechthin. Bei einer Diktatur mit über 1,3 Mrd. Menschen sollte man sehr wachsam sein. Und der Westen in seiner Gier nach billigen Lohnkosten schneidet sich damit letztendlich gleich zweimal ins eigene Fleisch, indem er einerseits die eigene Wirtschaft kaputt macht und andererseits eine andere stärkt - letztendlich auch politisch. Aber das ist ein ökonomischer Automatismus, dem können sich nur ganz wenige entziehen. Der rasche Aufstieg Chinas wäre ohne den Westen jedenfalls gar nicht möglich gewesen. Wer weiß, was sich der Westen dadurch in Zukunft eingebrockt hat.
Bleibt abzuwarten, ob die sozialen Fragen auch in China zu einer Industriellen Revolution führen werden oder ob es das Regime schafft, die Wirtschaft ohne Aufstände zu modernisieren (einige kennen wahrscheinlich die Wirtschaftssektoren-Theorien, nach der auf Ackerbau und Viehzucht die Verarbeitung von Materialien, später die Dienstleistungsgesellschaft etc. folgt).