Anspruch und Wirklichkeit im Typedesign

JürgenggB

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Geht es nur mir im fortgeschrittenen eigensinnigen Alter so oder werden die Type Designer und ihre Ergüsse auch für jüngere Typografen und sonstigen Schriftfetischisten immer schlechter? Nicht nur, das alte, gut geschnittene Zeichensätze verunstaltet und für hohes Geld angeboten werden. Sogenannten neuen Schnitten fehlt jegliche Harmonie, sowohl innerhalb des Zeichensatzes als auch in den Schnitten zu einander.
So, das ist Punkt 1, der mich eigentlich gar nicht mehr tangieren dürfte, bin ja raus aus dem Schaffensleben.

Der zweite Punkt, darauf machte mich ein junger Kollege aufmerksam, die Preise. Habe ich die Schrift auf einem Desktop sind etwa 50 € (einmalig), auf dem Server 3.000 € (jährlich) fällig. Das ist nicht alles, für e-Book und Mobile App gibts nochmals andere Gagenforderungen. Seit wann dies?
Heisst dies im Umkehrschluss, ich verwende eine Schrift für einen Kunden, der einen Katalog und App, eine Website, kurz alles kommunikative benötigt, dann wären im Vorwege schon 6.700 €, im Folgejahr wieder ca. 3.000€ fällig.

Zu finden auf der Seite von
http://www.fonts.com/de/font/typety...ail&utm_term=0_e51d04a305-7fa5c0c597-62974197
hier als missratenes Beispiel auch die Schrift FIRS, welche als tolles nordisches Design verkauft wird.

Gruss Jürgen
 
Der zweite Punkt, darauf machte mich ein junger Kollege aufmerksam, die Preise. Habe ich die Schrift auf einem Desktop sind etwa 50 € (einmalig), auf dem Server 3.000 € (jährlich) fällig. Das ist nicht alles, für e-Book und Mobile App gibts nochmals andere Gagenforderungen. Seit wann dies?
Heisst dies im Umkehrschluss, ich verwende eine Schrift für einen Kunden, der einen Katalog und App, eine Website, kurz alles kommunikative benötigt, dann wären im Vorwege schon 6.700 €, im Folgejahr wieder ca. 3.000€ fällig.

Ja, wenn du korrekt addiert hast. Ob es das wert ist, ist natürlich eine andere Frage. Aber niemand wird gezwungen, nun unbedingt diese Schrift zu verwenden.
 
Ja, wenn du korrekt addiert hast. Ob es das wert ist, ist natürlich eine andere Frage. Aber niemand wird gezwungen, nun unbedingt diese Schrift zu verwenden.

Hi TEX, dies betrifft nicht nur diese eine Schrift, ich hatte sie nur als Beispiel herausgezogen. Dies gilt für alle Schriften, mal etwa weniger, mal etwas mehr.
Und wenn ich mit einer bereits vor Jahren bezahlten Schrift gestalte? Muss ich da nachzahlen?
Gruss Jürgen
 
Zu finden auf der Seite von
http://www.fonts.com/de/font/typety...ail&utm_term=0_e51d04a305-7fa5c0c597-62974197
hier als missratenes Beispiel auch die Schrift FIRS, welche als tolles nordisches Design verkauft wird.

Moin Jürgen,
nein, es geht nicht nur Dir so. Nach Kurzbetrachtung der "Firs" finde ich als Alleinstellungsmerkmal die Kleinbuchstaben "v - l - y".
Der Rest ist von einer normalen Futura nicht zu unterscheiden. Das ist nicht nordisch zurückhaltend - das ist erbarmungswürdig.

Gruß
Günther
 
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Und wenn ich mit einer bereits vor Jahren bezahlten Schrift gestalte? Muss ich da nachzahlen?

Kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Ich müsste hunderte Schriften recherchieren,
ob ich da evt. was nachzahlen müsste. Wäre unbezahlbar. Ansonsten: Löschen? Und meine Dokumente
kann ich dann nicht mehr öffnen? :rolleyes:
 
Dazu ein Auszug aus einem Artikel von www.typografie.info

http://www.typografie.info/3/page/artikel.htm/_/wissen/mythos-schriftlizenzen

Schriftlizenzen sind Nutzungsverträge für Software. Man erwirbt das Recht auf eine Nutzung, deren Bedingungen in den Nutzungsvereinbarungen (kurz EULA - End User License Agreement) geregelt sind. Der Nutzungsvertrag kommt daher immer zwischen zwei Parteien zustande: dem Lizenzgeber (Schriftanbieter) und dem Lizenznehmer (Schriftanwender).

Nach meiner Sicht gelten die Nutzungsvereinbarungen zum Zeitpunkt des Kaufs. Neue, geänderte Zusatzvereinbarungen müssten mit dem Endkunden abgesprochen werden und einen neuen, unterschriebenen Änderungsvertrag zwischen Schriftlizenzgeber und Schriftlizenzkäufer benötigen.
 
Und wenn ich mit einer bereits vor Jahren bezahlten Schrift gestalte? Muss ich da nachzahlen?

Dann kommt es auf die Nutzungsbedingungen an, zu denen du die Schrift damals "gekauft" hast. Ich habe gekauft mal in Anführungsstriche gesetzt, denn du bezahlst für ganz bestimmte Nutzungsrechte, du kannst aber mit der Schrift nicht tun und lassen, was du möchtest.
Unterm Strich heißt das also, du kannst mit der damals gekauften Schrift immer noch das tun, was die Nutzungsbedingungen dir erlaubt haben. Braucht dein Kunde eigene Lizenzen für die Schrift, weil ein bestimmter Einsatzzweck eben nicht in den von dir erworbenen Nutzungsrecht enthalten ist, wird er wohl die passende Lizenz zu den aktuellen Konditionen (was Preis und Nutzungsrechte betrifft) erwerben.
 
(...)weil ein bestimmter Einsatzzweck eben nicht in den von dir erworbenen Nutzungsrecht enthalten ist(...)
Außer dem Weiterverkauf, Zur-Verfügung-Stellen im Internet oder Modifikation der Schriftdatei
fällt mir da nichts sein, was ich mit meinen Schriften nicht tun dürfte.

Und ich hab nicht Dutzende verschiedene Verträge, die ich durchlese, wenn ich Schriften
verwende. Die Bestimmungen sind doch bisher zu 99% alle gleich gewesen, egal, wo man
die Schriften gekauft hat.

Für sämtliche Drucksachen, egal wie groß, und auch Logos, Wortmarken usw. verwende ich die.
 
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Außer dem Weiterverkauf, Zur-Verfügung-Stellen im Internet oder Modifikation der Schriftdatei
fällt mir da nichts sein, was ich mit meinen Schriften nicht tun dürfte.

Ich bin da sehr kreativ und ich behaupte mal, nicht bei allen Dingen, die ich mir so ausdenke, wird der Urheber der Schrift keine Einwende haben.

Nehmen wir mal das Beispiel, Kunde bestellt bei dir eine Webseite: Du gestaltest eine und verwendest Schriften, deren Nutzungsrecht der Kunde nicht besitzt. Darf der Kunde nun diese Webseite auf seinem Server online stellen und dabei die von dir verwendeten Schriften benutzen, obwohl er selbst keinerlei Nutzungsrechte besitzt?

Wenn du mit ja antwortest, spinnen wir das ganze noch etwas weiter: Nun will der Kunde von dir ein Computer-Programm kaufen. Für die Benutzeroberfläche benutzt du eine Schrift, die nur du lizensiert hast. Der Kunde darf, nach obigen Überlegungen, vermutlich das Programm nutzen, ohne dass er sich eine eigene Lizenz kaufen muss. Aber was passiert, wenn das Programm ein Schreibprogramm ist, in dem der Kunde also Texte erstellen kann, für die er die Schrift ebenfalls verwenden kann? Kann der Kunde nun mit dem Schreibprogramm Texte verfassen, dazu die Schrift verwenden, für die er keine Nutzungslizenz gekauft hat, und die Texte am Ende am besten noch verkaufen? Oder anders gesagt, bräuchte Microsoft einfach nur einmal eine Standardlizenz für ein paar Euro kaufen und könnte diese dann über Word allen Käufern von MS Office zur freien Nutzung innerhalb von Word zur Verfügung stellen? Ich vermute mal, eher nicht.

Von daher, es gibt auch bei den "alten" Schriften Grenzen.
 
Dann kommt es auf die Nutzungsbedingungen an, zu denen du die Schrift damals "gekauft" hast. Ich habe gekauft mal in Anführungsstriche gesetzt, denn du bezahlst für ganz bestimmte Nutzungsrechte, du kannst aber mit der Schrift nicht tun und lassen, was du möchtest.
Unterm Strich heißt das also, du kannst mit der damals gekauften Schrift immer noch das tun, was die Nutzungsbedingungen dir erlaubt haben. Braucht dein Kunde eigene Lizenzen für die Schrift, weil ein bestimmter Einsatzzweck eben nicht in den von dir erworbenen Nutzungsrecht enthalten ist, wird er wohl die passende Lizenz zu den aktuellen Konditionen (was Preis und Nutzungsrechte betrifft) erwerben.

Bin ich froh, dass ich mich nur noch für junge Kollegen damit befasst werde.
Da hast du Lizenzen gekauft, Millionenauflagen von Katalogen erstellt und nun kommt der gleiche Schriftenanbieter an und verlangt ein Vielfaches des Preises
für EINE Erweiterung - z.B. Serverbelegung, was unterscheidet dies bei einem Katalog an dem eine Handvoll Layouter arbeiten von früher? Nur noch ein Jahr gültig und dafür soll man dann Tausende von Euros hinlegen?
Oder bin ich schon so vergreist, dass ich dies nicht mehr begreife?

Gruss Jürgen
 
Nehmen wir mal das Beispiel, Kunde bestellt bei dir eine Webseite: Du gestaltest eine und verwendest Schriften, deren Nutzungsrecht der Kunde nicht besitzt. Darf der Kunde nun diese Webseite auf seinem Server online stellen und dabei die von dir verwendeten Schriften benutzen, obwohl er selbst keinerlei Nutzungsrechte besitzt?

...


Das steht doch alles im #6 verlinkten Artikel. :hum:
 
Nehmen wir mal das Beispiel, Kunde bestellt bei dir eine Webseite: Du gestaltest eine und verwendest Schriften, deren Nutzungsrecht der Kunde nicht besitzt. Darf der Kunde nun diese Webseite auf seinem Server online stellen und dabei die von dir verwendeten Schriften benutzen, obwohl er selbst keinerlei Nutzungsrechte besitzt?

Dieser Fall ist durch die EULAS gedeckt, ich stelle den Kunden nur das Abbild der Schrift zur Verfügung (oder der Kunde hat zusätzlich die Schrift geordert, was bei meinen Kunden ab und an passierte). Der Kunde kann im Normalfall (Druck) mit dem Abbild nicht arbeiten.
 
ebend, Schrift in Pfade gewandelt und schon bist Du auf der sicheren Seite :cake:
 
Das steht doch alles im #6 verlinkten Artikel.

Es ging mir um folgende Aussage von MacEnroe:

Außer dem Weiterverkauf, Zur-Verfügung-Stellen im Internet oder Modifikation der Schriftdatei fällt mir da nichts sein, was ich mit meinen Schriften nicht tun dürfte.

Da hast du Lizenzen gekauft, Millionenauflagen von Katalogen erstellt und nun kommt der gleiche Schriftenanbieter an und verlangt ein Vielfaches des Preises für EINE Erweiterung - z.B. Serverbelegung, was unterscheidet dies bei einem Katalog an dem eine Handvoll Layouter arbeiten von früher? Nur noch ein Jahr gültig und dafür soll man dann Tausende von Euros hinlegen?

Weil an einem Server potentiell sehr viele Layouter arbeiten könnten. Bei Software beispielsweise kann man so viele lokale Installationen sparen und folglich auch jede Menge Lizenzgebühren. An Stelle von 100 lokalen Installationen + Lizenzgebühren braucht man nur noch, sagen wir mal, eine Lizenz für den Server. Würde man die Server-Lizenz zu den normalen Konditionen einer Arbeitsplatz-Lizenz anbieten, würde dem Software-Hersteller die Einnahmen wegbrechen.
 
Es ging mir um folgende Aussage von MacEnroe:
Weil an einem Server potentiell sehr viele Layouter arbeiten könnten. Bei Software beispielsweise kann man so viele lokale Installationen sparen und folglich auch jede Menge Lizenzgebühren. An Stelle von 100 lokalen Installationen + Lizenzgebühren braucht man nur noch, sagen wir mal, eine Lizenz für den Server. Würde man die Server-Lizenz zu den normalen Konditionen einer Arbeitsplatz-Lizenz anbieten, würde dem Software-Hersteller die Einnahmen wegbrechen.

Immer hatten wir mit Servern gearbeitet. Drückten einmal die Lizenzgebühr ab. nirgends steht etwas von Servernutzung (gabs in den 90ern auch schon!) und jährlichen Lizenzerneuerungsgebühren stand auch nix. Es steht auch keiner EULA, dass die Lizenzgebühr zeitlich gebunden wäre oder nur für einen bestimmten Zweck eingesetzt werden darf.

Gruss Jürgen





Weil an einem Server potentiell sehr viele Layouter arbeiten könnten. Bei Software beispielsweise kann man so viele lokale Installationen sparen und folglich auch jede Menge Lizenzgebühren. An Stelle von 100 lokalen Installationen + Lizenzgebühren braucht man nur noch, sagen wir mal, eine Lizenz für den Server. Würde man die Server-Lizenz zu den normalen Konditionen einer Arbeitsplatz-Lizenz anbieten, würde dem Software-Hersteller die Einnahmen wegbrechen.[/QUOTE]
 
Dieser Artikel ist nicht nur sehr interessant.
Er zeigt auf ganz subtile Weise die durch den Kapitalismus angefachte Geldgier der selbst ernannten "Hüter".

Die Entwicklung lässt mich grausen.
Macht macht Korrupt … siehe "Schriftsoftware".
 
Dieser Artikel ist nicht nur sehr interessant.
Er zeigt auf ganz subtile Weise die durch den Kapitalismus angefachte Geldgier der selbst ernannten "Hüter".

Die Entwicklung lässt mich grausen.
Macht macht Korrupt … siehe "Schriftsoftware".

„Ist Dir klar, dass die meisten Krisentheorien des Kapitalismus, die den baldigen Zusammenbruch vorhersagen, daran kranken, dass sie unterschätzen, wie viele einst wertfreie Bereiche des gesellschaftlichen Zusammenlebens noch der kapitalistischen Verwertungskette anheimfallen können, um solchermaßen die Krisentendenzen durch eine quasi erneute ursprüngliche Akkumulation abzuschwächen?“

Das Känguru (Känguru-Chroniken, S. 102)
 
Ich glaube nicht, dass das technische Niveau abgenommen hat.
Es wird immer schwieriger, neuartige Schriftkonzepte zu entwickeln. Das hat zur Folge, dass die Foundrys sehr auf die Qualität bedacht sind.
Es gibt viele unnötige Schriftarten, aber ich glaube nicht, dass du bei einer professionellen Foundry wie fontfont eine schlecht ausgearbeitete Schrift finden wirst.
So wie jeder das Recht hat, ein Lied der Beatles zu covern, steht es auch jedem semi-professionellen Schriftenentwerfer zu, eine neue Schrift auf den Markt zu werfen.
 
„Ist Dir klar, dass die meisten Krisentheorien des Kapitalismus, die den baldigen Zusammenbruch vorhersagen, daran kranken, dass sie unterschätzen, wie viele einst wertfreie Bereiche des gesellschaftlichen Zusammenlebens noch der kapitalistischen Verwertungskette anheimfallen können, um solchermaßen die Krisentendenzen durch eine quasi erneute ursprüngliche Akkumulation abzuschwächen?“

Das Känguru (Känguru-Chroniken, S. 102)

Damit willst Du behaupten, das der Kapitalismus noch nicht am Ende ist? Ich muss gestehen, das es in der Tat viele von den "wertfreien Bereichen" noch nicht erwischt hat.
Wie lange das andauern wird kann meine Glaskugel auch nicht sagen. Was aber passieren wird ist, das die Blase platzt. Genauso wie der Sozialismus und andere Ideologische Gebilde, die von Menschenhand "gemacht" wurden … denn nichts davon hat wirklich Bestand.

Deine Signatur unterstreicht das sehr schön … es ist paradox das Ganze.
 
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